Verfassungsschützer über TikTok: "Trojaner" auf dem Handy

    Verfassungsschützer warnt:TikTok: Im Grunde "Trojaner" auf dem Handy

    Marie Scholl
    von Marie Scholl
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    In den USA wird ein TikTok-Verbot diskutiert. Der thüringische Verfassungsschutzpräsident Kramer warnt ebenfalls vor der App - doch ein Verbot würde "nicht funktionieren", sagt er.

    FRANCE-TECHNOLOGY-SOCIAL-MEDIA-TIKTOK
    Der Bundeskanzler tritt seit kurzem auf TikTok auf, obwohl Bedenken gegenüber der Plattform bestehen. Ein digitaler Drahtseilakt für das Kanzleramt und alle anderen Nutzer.13.04.2024 | 2:45 min
    Der thüringische Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer warnt vor der Social-Media-App TikTok.

    Jede und jeder, der TikTok benutzt, muss sich im Klaren darüber sein, dass er sich mit der App im Grunde einen Trojaner auf sein Mobilfunk beziehungsweise Handys und Tablets geladen hat.

    Stephan Kramer, Verfassungsschutzpräsident Thüringen

    Der Grund: Die App, die in Deutschland laut TikTok rund 21 Millionen User im Monat hat (Stand: 2023), kundschafte viele Daten der Nutzer aus. Sie schaue sich genau an, was man in seine Tastatur eingebe, wo man sich in der App bewege. TikTok lese außerdem die kompletten Kontaktdaten seiner Nutzer aus.

    Landen TikTok-Nutzerdaten beim chinesischen Staat?

    Deutsche Nutzerdaten könnten bei der chinesischen Regierung landen, so die Sorge. Denn TikToks Mutterkonzern ByteDance hat seinen Sitz in China. Und chinesische Nachrichtendienste können dort von jedem Unternehmen verlangen, für sie auszuspähen oder Daten herauszugeben. TikTok bestreitet, je Nutzerdaten mit dem chinesischen Staat geteilt zu haben.
    "Wir müssen davon ausgehen, dass es hier zumindest die Möglichkeit der Beeinflussung gibt. Und wenn ich die chinesische Seite wäre, würde ich es natürlich auch abstreiten", so Kramer im Gespräch mit ZDFheute.
    Potenzielle Spionage ist nicht die einzige Kritik an TikTok. Die App sei auch so programmiert, dass sie Videos mit Extrempositionen oder radikalen Aussagen fördere, so Experten. Weil TikTok Minderjährige nicht genug schütze, hat die EU im Februar ein Ermittlungsverfahren eröffnet.
    Ein Smartphonebildschirm mit dem Logo von TikTok liegt auf einer Computertastatur.
    Videos der AfD wurden in den letzten beiden Jahren zahlreich geklickt. Politiker anderer Parteien und User wollen nun dagegenhalten.12.03.2024 | 1:02 min
    Die AfD ist mit Abstand die erfolgreichste deutsche Partei auf TikTok. Vor kurzem ist Bundeskanzler Olaf Scholz nachgezogen und hat seinen eigenen TikTok-Kanal gestartet - in einem Jahr, in dem Landtagswahlen in drei Bundesländern anstehen und ein neues EU-Parlament gewählt wird.

    Verfassungsschützer: Social Media wird für Wahlbeeinflussung genutzt

    Dass Social Media genutzt werde, um Wahlen zu beeinflussen, sei nichts Neues, so Kramer. "Wir erleben jetzt schon an verschiedenen Stellen, wie der Versuch unternommen wird, selbst Kommunalwahlen und Landtagswahlen, aber natürlich auch die bevorstehende Europawahl zu beeinflussen."
    Bei TikTok habe das aber nochmal eine ganz besondere Schwere, so Kramer - "weil es sich eben hier um einen chinesischen Inhaber handelt". Der könne durch die Algorithmen nicht nur Informationen über die Benutzer der Plattform gewinnen, sondern auch durch politische Inhalte ganz gezielt Einfluss nehmen. Zum Beispiel, indem er entscheide, welche Videos mehr Nutzern angezeigt werden.

    Wäre ein TikTok-Verbot in Deutschland sinnvoll?

    Aus diesen Gründen wird in den USA über ein TikTok-Verbot diskutiert. Die App in Deutschland zu verbieten, hält Kramer aber für keine gute Idee. "Ich denke, ein Verbot wird nicht funktionieren", so der Verfassungsschützer. Unter anderem, weil die TikTok-Server im Ausland stünden, sei ein Verbot nicht durchsetzbar und realisierbar.

    Es hilft nichts, diese Medien zu verteufeln und zu verbieten.

    Stephan Kramer, Verfassungsschutzpräsident Thüringen

    Archiv:  Ein Teenager tippt auf das TikTok-Logo auf einem Smartphone.
    TikTok-Chef Shou Chew will sich gegen ein US-Gesetz wehren, das die Kurzvideo-App unter Kontrolle amerikanischer Investoren bringen soll.14.03.2024 | 2:25 min
    Er plädiert stattdessen für Überzeugungsarbeit. Man müsse sich ins Bewusstsein rufen: Die sozialen Bedürfnisse, die man mit einer Social-Media-App wie TikTok befriedigt, würden ausgenutzt, um einerseits "knallharte wirtschaftliche Interessen zu realisieren" und andererseits "durch Staaten, die diese Plattformen einsetzen und manipulieren, auch geopolitische Interessen durchzusetzen".
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