Zupke beklagt fehlendes Wissen über die DDR-Diktatur
Interview
SED-Opferbeauftragte:Zupke beklagt Wissenslücken zur DDR-Diktatur
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Im Bundestag eröffnet eine Ausstellung zu politischen DDR-Häftlingen. Opferbeauftragte Zupke hält Aufarbeitung für wichtig. Und beklagt, wie wenig Wissen es über die Diktatur gebe.
Politisch in Haft saßen Menschen, die aus der DDR fliehen wollten oder die Regierung kritisierten.08.04.2025 | 1:42 min
Im Bundestag ist seit diesen Dienstag die Ausstellung "Staatssicherheitsinhaftierung" von André Wagenzik zu sehen. Der Fotograf war selbst politischer Häftling in der DDR und kam 1984 mit den sogenannten Häftlingsfreikäufen in die Bundesrepublik Deutschland. Ausgestellt sind 100 schwarz-weiße Porträts ehemaliger politischer Häftlinge.
Ein Gespräch zur Ausstellung und ihrer Arbeit mit der SED-Opferbeauftragten Evelyn Zupke, die als Ombudsperson für die Anliegen der Opfer der SED-Diktatur wirkt.
ZDFheute: Warum braucht es 35 Jahre nach der Wiedervereinigung eine Ausstellung zu politischen Gefangenen in der DDR?
Evelyn Zupke: Gerade in diesem Jahr ist es ein ganz wichtiges Signal, dass es so eine Ausstellung gibt, denn jeder einzelne Porträtierte, jeder einzelne ehemalige politische Gefangene, der hier ausgestellt ist, ruft zur Auseinandersetzung damit auf, dass Demokratie und Freiheit nicht selbstverständlich sind.
Und das an diesem Ort, unweit der Stelle, wo damals die Mauer und Stacheldraht verliefen, diese Ausstellung im Deutschen Bundestag, wo heute frei gewählte Abgeordnete aus Ost- und Westdeutschland unsere Demokratie gestalten. Das ist für mich auch ein Ausdruck der gesamtdeutschen Verantwortung, der Aufarbeitung. Die ist nämlich nicht nur eine ostdeutsche Angelegenheit.
ZDFheute: Wie viel Ostdeutschland braucht es heute noch?
Zupke: Ich denke, es ist immer wieder wichtig, die ostdeutschen Perspektiven mit einzubringen. Und für mich als SED-Opferauftragte bedeutet das natürlich, etwas für die Opfer der SED-Diktatur zu tun.
Wir erleben ja in den letzten Jahren einen Aufschwung autoritärer Regime. Wir reden oft abstrakt über Demokratie und Diktatur. Aber hier an den einzelnen Schicksalen wird es ganz deutlich, was es für den einzelnen Menschen bedeutet, der in die Fänge einer Diktatur gerät.
Diese Ausstellung ist gleichzeitig eine Mahnung dafür, wachsam zu sein, zu widersprechen - da, wo wir die Demokratie gefährdet sehen.
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Evelyn Zupke, SED-Opferbeauftragte
ZDFheute: Was haben Sie als SED Opferbeauftragte erreicht?
Zupke: Im Moment, finde ich, was die Unterstützungsmöglichkeiten für die direkt von Repressionen Betroffenen betrifft, sind wir auf einem sehr guten Weg. Es wurde viel erreicht. Die Opferrente wurde erhöht. Die Bedürftigkeitsgrenzen sind gestrichen. Damit wird die Opferrente zu der schon lange von den Opferverbänden geforderten Ehrenpension.
Nicht die Bedürftigkeit, die soziale Lage steht im Vordergrund. Sondern das persönliche, politisch erfahrene Unrecht.
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Evelyn Zupke, SED-Opferbeauftragte
Wir bekommen einen bundesweiten Härtefallfonds, sodass Menschen, also Opfer der SED-Diktatur, die in eine soziale Notlage geraten, schnell und unbürokratisch geholfen werden kann. Ausserdem wird es eine Verbesserung bei der Anerkennung der verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden geben.
Natürlich gibt es immer noch Stellen, wo noch nachgebessert werden muss. Aber gerade ein Blick ins ehemalige Osteuropa, in die ex-kommunistischen Länder zeigt uns, dass wir hier wirklich sehr, sehr weit vorangeschritten sind. Sowohl in der Unterstützung der einzelnen Menschen als auch in der gesamtgesellschaftlichen Aufarbeitung.
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ZDFheute: Braucht es noch immer und noch mehr Aufarbeitung?
Zupke: Aufarbeitung ist weiterhin wichtig. Das kennen wir auch aus der ersten deutschen Diktatur. Das hat spät angefangen, viel später als jetzt, als wir es von der SED-Diktatur kennen.
Es gibt verschiedene Aspekte in dieser Frage. Einmal ist es wichtig für die Betroffenen, weil es immer noch Dinge gibt, die für sie verbessert werden müssen. Es ist wichtig für die Anerkennung ihres Schicksals, ihrer persönlich erlittenen Repression.
Und es ist natürlich wichtig für die Gesamtgesellschaft. Zur Aufarbeitung von Diktatur. Zu zeigen, wie Diktatur entsteht. Was hat der Einzelne damit zu tun? Wie verhalte ich mich, wenn ich gewissen Dingen gegenüberstehe? Und natürlich ist es ganz wichtig, diese Diktaturerfahrung, die Auseinandersetzung, damit auch in die nächste Generation zu bringen.
Das Wissen darf nicht verloren gehen. Manchmal merkt man, wie wenig die Menschen doch wissen.
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Das Interview führte Henriette de Maizière, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.
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