Türkei-Besuch: Was Scholz und Erdogan voneinander wollen

    Von Migration bis Waffenexporte:Was Scholz und Erdogan voneinander wollen

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    Bundeskanzler Scholz ist zu Besuch in der Türkei bei Präsident Erdogan. Die Themenliste ist lang: Migration, Ukraine, Nahost, und auch die Frage nach Rüstungsgütern steht drauf.

    Scholz und Erdogan in Istanbul / dpa
    In Istanbul treffen sich Bundeskanzler Scholz und der türkische Präsident Erdogan. Bei den geplanten Gesprächen soll es auch um die Lage in der Ukraine und im Nahen Osten gehen.19.10.2024 | 0:21 min
    Migration, die Kriege gegen die Ukraine und im Nahen Osten sowie die wirtschaftliche Zusammenarbeit: Diese Themen sollen im Mittelpunkt stehen beim Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
    Der Kanzler will verstärkt abgelehnte Asylbewerber in die Türkei abschieben. Erdogan will unter anderem die deutsche Zustimmung zur Lieferung von 40 Eurofighter Kampfjets. Konfrontativ könnte es beim Thema Nahost werden.
    German Chancellor Olaf Scholz and Turkish President Recep Tayyip Erdogan arrive to attend a press conference at the Chancellery in Berlin, Germany, November 17, 2023.
    Beim Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan 2023 in Berlin gab es trotz angespannter Stimmung einen Versuch des Dialogs.17.11.2023 | 1:50 min

    Mehr Tempo bei Abschiebungen in die Türkei

    Scholz hat versprochen, Migranten ohne Bleiberecht "in großem Stil" abschieben zu wollen. Die Türkei zählt neben Syrien und Afghanistan zu den Ländern, bei denen es um die größten Zahlen geht.
    Ende September waren laut Bundesregierung 15.789 türkische Staatsangehörige ausreisepflichtig, 1.200 mehr als fünf Monate zuvor. Dem stehen 441 Abschiebungen in der ersten Jahreshälfte gegenüber. Jetzt soll mehr Tempo gemacht werden.
    Die Türkei könnte auch bei einem anderen Thema hilfreich sein: Die Bundesregierung will nicht nur nach Afghanistan, sondern auch nach Syrien wieder Straftäter abschieben. Dafür sucht sie Kooperationspartner in der Nachbarschaft.
    Zwei geflüchtete Syrer sitzen in einem Café in der Türkei
    Der Druck auf die geschätzt vier Millionen Geflüchteten in der Türkei wächst. Viele wollen weiter nach Europa fliehen. Davon profitieren die Schleuser.19.01.2024 | 3:33 min
    Die türkische Regierung hat Kontakte zum syrischen Machthaber Baschar al-Assad und hält Gebiete im Norden des Landes besetzt. Menschenrechtler halten der Türkei vor, bereits jetzt illegal dorthin abzuschieben. Die türkische Regierung weist das zurück.

    Kurswechsel bei den Rüstungsexporten

    Beim Thema Rüstungsexporte zeichnet sich ein Kurswechsel Deutschlands ab. 2016 verhängte die Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als Reaktion auf den türkischen Einmarsch in Nordsyrien einen teilweisen Rüstungsexportstopp. Seitdem wurden nur noch sehr sporadisch Genehmigungen für den Nato-Partner erteilt.
    Ende September wurde aber bekannt, dass der Bundessicherheitsrat drei deutschen Rüstungsunternehmen die Lieferung von mehr als hundert Lenkflugkörpern, 28 Torpedos und weiteren Rüstungsgütern für die türkische Marine genehmigt hat.
    Der Politikwissenschaftler Yasar Aydin von der Stiftung Wissenschaft und Politik nennt das eine logische Konsequenz aus der aktuellen geopolitischen Lage. Es sei schwer, der Türkei Waffenlieferungen zu versagen, wenn es um den Aufbau der türkischen Marine gehe, die im Schwarzen Meer ein Gegengewicht zur russischen bilde, sagt er.
    Keyvisual Die Spur: Politik von Erdogans Gnaden
    Seit Anfang 2024 gibt es DAVA. Eine neue politische Vereinigung in Deutschland. Offiziell unabhängig. Doch Insider berichten, im Hintergrund ziehe Erdoğan die Fäden.16.10.2024 | 29:05 min
    Es gibt aber auch türkische Wünsche für die Luftwaffe. Derzeit verhandeln die Türkei und Großbritannien über die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets. Deutschland ist an der Produktion beteiligt und müsste seine Zustimmung erteilen. Beim EU-Gipfel in Brüssel zeigte sich Scholz zumindest damit einverstanden, dass verhandelt wird. Eine Zustimmung ist das aber noch nicht.

    Wie hilfreich sind Erdogans Kontakte zu Putin?

    Bundeskanzler Olaf Scholz wirbt seit einigen Wochen verstärkt für eine weitere Ukraine-Friedenskonferenz, an der dann auch Russland teilnehmen soll.
    16.06.2024, Schweiz, Stansstad: Ursula von der Leyen, Viola Amherd, Wolodymyr Selenskyj und Gabriel Boric Font nehmen an der Abschlusskonferenz des Gipfels zum Frieden in der Ukraine teil.
    Beim Friedensgipfel für die Ukraine Mitte Juni in der Schweiz hat sich die Mehrheit der 92 Staaten in einer Abschlusserklärung auf Bedingungen für Verhandlungen geeinigt.16.06.2024 | 1:34 min
    Erdogan könnte da hilfreich sein. Er führt regelmäßig Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und war auch in der Vergangenheit Ausrichter indirekter Verhandlungen der Ukraine und Russlands. Die Türkei hat auch bei dem nun aufgegebenen Korridor zur Ausfuhr ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer vermittelt.

    Konfliktthema Nahost: Erdogan wirft Deutschland Doppelmoral vor

    Größeres Konfliktpotenzial birgt das Thema Nahost. Während Deutschland fest an der Seite Israels steht, nennt Erdogan das Land einen "Terrorstaat". Die Hamas betitelt er dagegen als "Befreiungsorganisation" und unterhält enge Kontakte zu der Terrororganisation, die auch in der Türkei Netzwerke unterhält.
    Türkei-Experte Dawid Bartelt
    Erdoğan sei dafür bekannt, dass er "rhetorisch gerne überstrapaziert", sagt Türkei-Experte Dawid Bartelt mit Blick auf dessen Drohungen gegenüber Israel.29.07.2024 | 9:08 min
    Der türkische Präsident warf Deutschland zuletzt Doppelmoral vor. Die Forderung nach einer Feuerpause und die gleichzeitige Lieferung von Waffen an Israel sei nicht miteinander vereinbar. Scholz hat angekündigt, Israel weiter Waffen bereitstellen zu wollen. Zwischen März und August hat es aber keine Kriegswaffenexporte aus Deutschland mehr gegeben.
    Quelle: dpa

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