Türkei-Besuch: Scholz und Erdogan wollen zusammenrücken

    Unstimmigkeit beim Thema Nahost:Scholz und Erdogan wollen mehr Zusammenarbeit

    |

    Beim Treffen von Scholz und Erdogan in Istanbul sind erneut Meinungsverschiedenheiten zu Nahost deutlich geworden. Im Rüstungsbereich will man dagegen enger kooperieren.

    Scholz und Erdogan geben sich die Hand.
    Bundeskanzler Scholz besucht den türkischen Präsidenten Erdogan in Istanbul. Thema ist auch die Unterstützung bei der Abschiebung ausreisepflichtiger türkischer Staatsangehöriger.19.10.2024 | 1:44 min
    Deutschland und die Türkei wollen nach jahrelanger Zurückhaltung im Rüstungsbereich wieder enger kooperieren. Nach seinem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nannte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) es "selbstverständlich", dass der Nato-Partner Türkei deutsche Waffen erhält und zeigte sich sogar offen für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets.
    Kurz vor dem zweiten Türkei-Besuch des Kanzlers in seiner bisher dreijährigen Amtszeit war bekannt geworden, dass die Bundesregierung wieder in größerem Stil Rüstungsexporte in die Türkei zulässt. In diesem Jahr wurden bis zum 13. Oktober bereits 69 Genehmigungen im Wert von 103 Millionen erteilt. Darunter waren Kriegswaffen für 840.000 Euro.

    Scholz: Gespräche über Eurofighter an Türkei werden "vorangetrieben"

    Zum angestrebten Kauf der Türkei von 40 Eurofighter-Kampfjets verwies Scholz darauf, dass darüber Gespräche zwischen Großbritannien und der Türkei geführt würden. Das sei etwas, "das sich weiterentwickeln wird, aber jetzt von dort vorangetrieben wird".
    ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa in Istanbul
    Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Erdogan getroffen. Einschätzungen dazu von ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa.19.10.2024 | 0:46 min
    Die Jets werden von Deutschland mitproduziert. Die Bundesregierung muss dafür ihre Zustimmung erteilen. Erdogan zeigte sich zufrieden und sagte, man wolle die Probleme der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Beschaffung von Produkten der Verteidigungsindustrie "endlich hinter uns lassen".

    Deutsch-türkische Regierungskonsultationen sollen wiederbelebt werden

    Nach fast neun Jahren Pause wollen Scholz und Erdogan auch die deutsch-türkischen Regierungskonsultationen wiederbeleben. Dazu sagte Scholz:

    Die bilateralen Beziehungen, das haben wir beide hier gesagt, entwickeln sich sehr gut und sie werden auch weiter ausgebaut.

    Olaf Scholz, Bundeskanzler

    Auf die Frage nach konkreten Ergebnissen beim Thema Migration hielten sich beide Seiten aber bedeckt. Die Bundesregierung will nicht nur nach Afghanistan, sondern auch nach Syrien wieder Straftäter abschieben. Dafür sucht sie Kooperationspartner. Scholz bekräftigte zwar seinen Willen, auch nach Syrien wieder abzuschieben. Der Frage, ob die Türkei helfen könne, wich er aber aus.
    Zwei geflüchtete Syrer sitzen in einem Café in der Türkei
    Der Druck auf die geschätzt vier Millionen Geflüchteten in der Türkei wächst. Viele wollen weiter nach Europa fliehen. Davon profitieren die Schleuser.19.01.2024 | 3:33 min

    Erdogan macht Israel erneut schwere Vorwürfe

    Bei Nahost-Konflikt wurden dagegen erneut Meinungsverschiedenheiten zwischen Erdogan und Scholz deutlich. "Es ist kein Geheimnis, dass wir da auch unterschiedliche Sichtweisen auf Israel haben", sagte Scholz in Istanbul.
    "Der mörderische Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober war ein furchtbares Verbrechen und hat natürlich auch die Bewohnerinnen und Bewohner in Gaza in ein furchtbares Unglück gestürzt", fuhr Scholz bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan fort.

    Klar ist: Gegen einen solchen Angriff muss man sich verteidigen können.

    Olaf Scholz, Bundeskanzler

    Türkei-Experte Dawid Bartelt
    Erdoğan sei dafür bekannt, dass er "rhetorisch gerne überstrapaziert", sagt Türkei-Experte Dawid Bartelt mit Blick auf dessen Drohungen gegenüber Israel.29.07.2024 | 9:08 min
    Der türkische Staatschef sagte indessen: "Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um den nötigen Druck auf Israel auszuüben." Der "aggressiven Politik Israels" müsse "ein Ende" gesetzt werden. Erdogan warf Israel dabei erneut vor, im Gazastreifen einen Völkermord zu begehen.
    Scholz wies Erdogans Vorwurf zurück. "Deutschland hat nicht die Einschätzung (…), dass der Vorwurf des Völkermords gerechtfertigt ist", sagte er.

    Ukraine-Krieg: Gemeinsame Schritte bleiben vorerst unklar

    Gemeinsame Schritte wollen die Türkei und Deutschland beim Thema Ukraine-Krieg gehen - die Ankündigungen blieben aber im Ungefähren. Ankara ist für die Bundesregierung ein wichtiger Partner, weil sie gute Beziehungen zum Kreml unterhält. Scholz kündigte an, ausloten zu wollen, wie die Türkei und Deutschland in der Frage kooperieren könnten.
    Quelle: dpa, Reuters, AFP

    Mehr zur Türkei