Rostock: Größte Wasserstoffflotte geht an den Start
Wandel im Nahverkehr:Größte Wasserstoffflotte geht an den Start
von Susanne Seidl
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Ein Landkreis in Norddeutschland setzt im ÖPNV auf grünen Wasserstoff. Die Busflotte soll bis zu zwei Millionen Kilogramm CO2 jährlich einsparen. Ein Vorbild für ganz Deutschland?
In Rostock nehmen 52 Wasserstoffbusse den Betrieb auf und sind damit eine der größten Flotten Europas.02.10.2024 | 1:35 min
Im Landkreis Rostock gehen mit Wasserstoff betriebene Busse des ÖPNV an den Start - bis Ende des Jahres sollen es 52 sein. Die Produktion von grünem Wasserstoff vor Ort macht die Antriebswende für den Verkehrsbetrieb in Güstrow nahezu emissionsfrei.
Knapp ein Drittel aller Busse des kommunalen Verkehrsbetriebs Rebus im Landkreis Rostock stößt damit keine Emissionen mehr aus. Sie ist die größte mit grünem Wasserstoff betriebene Busflotte Deutschlands und spart jährlich nach eigenen Angaben bis zu zwei Millionen Kilogramm CO2 ein.
Eigentlich ist Wasserstoff immer Wasserstoff. Allerdings unterscheiden sich die Herstellungsverfahren, bei denen etwa Wasserdampf oder Strom die Energie liefern. Um am Namen die Art der Herstellung ablesen zu können, hat man Farben gewählt - wohlgemerkt nur für die Bezeichnung. Eingefärbt wird nichts.
Man spricht von "grauem" Wasserstoff, wenn bei der Herstellung das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) entweicht.
Wird das Kohlendioxid gespeichert, bezeichnet man ihn als "blau".
Wird dabei fester Kohlenstoff gewonnen, wird der Wasserstoff "türkis" genannt.
"Grüner" Wasserstoff wird klimaneutral mit Hilfe von Ökostrom produziert. Bei dieser sogenannten Elektrolyse wird unter Einsatz von grünem Strom das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten.
Wasserstoffbusse in anderen Städten
In Mainz fahren bereits fünf solcher Busse mit grünem Wasserstoff, Wiesbaden hatte sie nach kurzer Testphase an die Nachbarstadt verkauft und ist zum Diesel zurück, neben dem Betrieb von Elektrobussen. Hamburg will erstmal nur mit fünf Bussen im Stadtverkehr starten, auch hier setzt man unter anderem auf Elektroantrieb.
In Wuppertal fahren seit 2020 bereits 20 H2-Busse, allerdings mit grauem Wasserstoff. Die Stadt Duisburg will bis 2030 einhundert Busse mit grünem Wasserstoff betreiben, die ersten elf Fahrzeuge sollen Ende 2024 fahren.
Rund 40 Millionen Euro Gesamtinvestitionen stecken in dem Projekt zu dem neben den Bussen auch zwei Wasserstoff-Tankstellen gehören. Busse mit Brennstoffzellen, die aus Wasserstoff Strom generieren, sind gut dreimal so teuer in der Herstellung wie Dieselfahrzeuge gleicher Größe. Der Kraftstoff ist momentan etwa doppelt so teuer wie Diesel.
Dazu kommt der Bau der Tankstellen. Der Bund beteiligte sich im Rahmen der "Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personennahverkehr" mit 17,71 Millionen, der Landkreis mit 7,8 Millionen Euro.
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Öffentlicher Nahverkehr muss umrüsten
Im August 2021 hat die Bundesregierung die europäischen Vorgaben der Clean-Vehicles-Directive(CVD) verbindlich in deutsches Recht umgesetzt. Seitdem sind alle öffentlichen Auftraggeber gesetzlich dazu verpflichtet, bei Neuanschaffungen von Bussen, 45 Prozent mit alternativen Energie- und Antriebskonzepte einzukaufen.
Die Hälfte muss sogar vollständig emissionsfrei sein. Für Busse, die ab dem Jahr 2026 beschafft werden, erhöht sich diese Quote auf 65 Prozent.
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Entscheidung gegen Elektrobusse
Für Rebus-Chef Thomas Nienkerg kam bei der Wahl der regenerativen Energie nur der Wasserstoff in Frage. Bei Elektrobussen hatte er die Sorge, dass diese zu oft und zu lange an die Ladestelle müssten. Bis auf eine neue Tankstelle brauchtes es keine Umbauten auf seinem Gelände für die Wasserstoffbusse.
Grüne Wasserstoffproduktion gleich um die Ecke
Mit der Firma H2Apex hat sich im nur 20 Kilometer entfernten Rostock Laage ein Wasserstoffproduzent angesiedelt. Seine 2 Megawatt Elektrolyse spaltet Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Den dafür nötigen Strom bezieht er vom eigenen Solarfeld und weiteren grünem Strom, der im Nordosten reichlich vorhanden ist. So ist auch die Produktion emissionsfrei. Der grüne Wasserstoff wird noch per LKW zu Rebus geliefert.
Doch nach den Plänen des Geschäftsführers Peter Rößner soll sich das bald ändern.
Auch die Industrie muss dekarbonisieren
Laut Bundeswirtschaftsministerium ist der Industriesektor für 24 Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Bis 2030 soll er den Co2-Ausstoß auf 118 Millionen Tonnen reduzieren, etwa eine Reduktion um ein Drittel des Ausstoßes von 2021. Großzügige Förderprogramme und eine Wasserstoffstrategie sollen bei der Umstellung helfen.
Mittelstand bleibt skeptisch
Christoph Ahlhaus vom Bundesverband Mittelständische Wirtschaft sieht nicht überall so gute Rahmenbedingungen für eine Umstellung auf erneuerbare Energien wie beim Verkehrsbetrieb Rebus im Landkreis Rostock. Die Unternehmer müssen wissen, so Ahlhaus, ob der Staat die Technologie tatsächlich umsetzen will: "Da sind Zweifel entstanden, weil man bei der E-Mobilität zurückgerudert ist. Und Unternehmer sind zögerlich, wenn sie nicht genau wissen, sind die Investitionen, die sie jetzt tätigen, auch wirklich zukunftssicher."
Für Geschäftsführer Peter Rößner von H2Apex ist diese Frage längst beantwortet: Die Firma investiert weiter in zwei größere Elektrolysen-Anlagen in Rostock Laage und in Lubmin am Greifswalder Bodden. Dort hofft er, seinen Grünen Wasserstoff bald in das vorhandene Gasnetz einspeisen und in die Industriegebiete Deutschlands bringen zu können.
Susanne Seidl ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Schwerin.
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