Nato-Beistandspflicht Unterstützung im Verteidigungsfall?
FAQ
Hilfe im Verteidigungsfall:Wie weit geht die Beistandspflicht der Nato?
von Jan Henrich
|
In einzelnen Äußerungen soll US-Präsident Trump die Unterstützung für Nato-Partner in Frage gestellt haben. Was steht im Nordatlantikvertrag zur Beistandspflicht? Ein Überblick.
Trumps Brachial-Politik bringt Europa zum Umdenken. Spätestens nach dem Eklat mit Selenskyj im Oval Office ist klar: Europa kann sich nicht mehr auf die USA als Nato-Partner verlassen.05.03.2025 | 10:49 min
Offiziell ist die Haltung der US-Regierung unverändert: Präsident Donald Trump bekenne sich zur Nato und zur Beistandspflicht im Angriffsfall. Das bestätigte ein Vertreter des US-Sicherheitsrats vergangene Woche erneut dem Sender NBC. Doch hinter den Kulissen soll es andere Töne geben.
Trump habe laut Medienberichten mit Mitarbeitern des Weißen Hauses darüber gesprochen, die Unterstützung im Verteidigungsfall an Bedingungen zu knüpfen. Das könnte laut Experten ein Bruch mit dem Nordatlantikvertrag darstellen. Dessen 14 Artikel bilden den Rahmen für die Rechte und Pflichten von Nato-Mitgliedern.
Was bedeutet die Nato-Beistandspflicht?
Die Beistandspflicht ist der Kern des Verteidigungsbündnisses. Nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags wird ein bewaffneter Angriff auf einen Mitgliedstaat als Angriff auf alle Bündnispartner gesehen. In einem solchen Fall sind alle Mitglieder verpflichtet "Maßnahmen" zu treffen, um für die Sicherheit des Nato-Gebiets zu sorgen.
Quelle: AP
Die Nato - die "North Atlantic Treaty Organisation" - wurde nach dem Zweiten Weltkrieg 1949 als kollektive Selbstverteidigungsorganisation gegründet. Eine besondere Rolle nahm das Bündnis während des Kalten Krieges als Gegengewicht zum Warschauer Pakt ein.
Die zwölf Gründungsmitglieder waren: Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal und USA. Die Bundesrepublik Deutschland wurde 1955 aufgenommen. Mittlerweile umfasst das Bündnis 32 Mitgliedsstaaten.
Wann ein Bündnisfall vorliegt, wird von den Mitgliedstaaten durch einen Beschluss im Nato-Rat festgestellt. Die Entscheidung wird im Konsens getroffen.
Bislang wurde Artikel 5 in der Geschichte der Nato erst einmal ausgelöst - für die Unterstützung der USA nach den Terroranschlägen des 11. September 2001.
In welchem Umfang müssen Nato-Staaten Unterstützung leisten?
Ein Großteil der abschreckenden Wirkung des Bündnisses basiert auf dem Vertrauen, dass Mitgliedstaaten wie die USA im Falle eines Angriffs militärisch beistehen. Einen rechtlichen Anspruch auf bestimmte Formen der Unterstützung gibt es allerdings nicht.
Die Nato-Partner halten regelmäßig gemeinsam realitätsnah Übungen ab, wie hier mit dem Manöver "Arctic Defender" in Alaska im vergangenen Sommer.09.07.2024 | 1:57 min
Der Vertrag sieht lediglich vor, dass Parteien "Maßnahmen" ergreifen, die sie individuell "für erforderlich erachten". Es gebe dabei keinen Automatismus, sagt Völkerrechtsexperte Daniel-Erasmus Kahn von der Bundeswehr-Universität München im Gespräch mit dem ZDF.
Die Tatsache, dass man reagieren muss, steht außer Frage. Beim "Wie" gibt es Spielräume.
„
Daniel-Erasmus Kahn, Professor für Völkerrecht
Die Unterstützung kann demnach unterschiedlich ausfallen. Staaten können militärisch eingreifen, aber auch Waffenlieferungen, finanzielle Unterstützung oder andere Hilfen sind möglich. In Deutschland wäre ein Einsatz der Bundeswehr zudem von der Zustimmung des Bundestages abhängig.
Könnte ein Staat seine Unterstützung an Bedingungen knüpfen?
Die Unterstützung grundsätzlich und einseitig an Bedingungen zu knüpfen gehe allerdings nicht, so Kahn. Das gilt auch für die Höhe der Verteidigungsausgaben. Das sogenannte "Zwei-Prozent-Ziel" ist zudem nicht explizit Teil des Nordatlantikvertrags.
Neue Milliardenausgaben zur Aufrüstung sind geplant, um Deutschlands Verteidigung zu sichern und unabhängiger zu machen. Was benötigt die Bundeswehr?05.03.2025 | 2:53 min
Beim Nato-Gipfel 2002 in Prag hatten die Mitgliedstaaten verabredet, ihre jeweiligen Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Das Ziel wurde danach auch 2014 auf dem Nato-Gipfel in Wales und weiteren Treffen bekräftigt.
Möglich ist ein Austritt aus dem Bündnis. Eine Zustimmung anderer Mitgliedstaaten bedarf es dafür nicht. Artikel 13 des Nordatlantikvertrags sieht allerdings eine Kündigungsfrist von einem Jahr vor. In der Vergangenheit hatten zudem einzelne Staaten auch die Möglichkeit genutzt, zeitweise die Militärstruktur der Nato zu verlassen. Sie blieben aber weiterhin Mitglied.
Gibt es eine Beistandspflicht innerhalb der EU?
Neben der Nato ergibt sich eine Beistandspflicht im Verteidigungsfall auch aus der Mitgliedschaft in der EU. Artikel 42 des Vertrags der Europäischen Union (EUV) sieht vor, dass Mitgliedstaaten bei einem Angriff auf das Hoheitsgebiets eines anderen Mitgliedstaats "alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung" schuldig sind.
Ein deutscher Sicherheitsplan reiche nicht aus, sagt, ZDF-Korrespondent Theveßen. Um weiter ein wichtiger Partner der USA zu bleiben, bräuchte es europäische Zusammenarbeit.21.02.2025 | 7:19 min
Die Formulierung sei damit noch etwas konkreter als die des Nordatlantikvertrags, erklärt Völkerrechtler Kahn.
Der EU-Vertrag geht weiter als der Nato-Vertrag.
„
Daniel-Erasmus Kahn, Universität der Bundeswehr München
Einen Automatismus für ein militärisches Eingreifen ergibt sich allerdings auch daraus nicht. Erstmals wurde die EU-Beistandsklausel als Reaktion auf die Anschläge des sogenannten Islamischen Staates im November 2015 in Paris aktiviert.
Jan Henrich ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.