Myanmar und USAID-Ende: "Sehen jetzt schon Menschen sterben"

Interview

Konsequenzen der USAID-Auflösung:"Wir sehen jetzt schon Menschen sterben"

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Die Hilfe für die Erdbebengebiete in Myanmar stockt – auch, weil die USA Entwicklungshilfen streichen. Eine Helferin beklagt im ZDFheute-Interview, sie sehe die Folgen jetzt schon.

Meike Riebau von "Save the Children"
Die Hilfe für die Erdbebengebiete in Myanmar stockt – auch, weil die USA Entwicklungshilfen streichen. Meike Riebau von "Save the children" sieht bereits erste Folgen.03.04.2025 | 1:08 min
Gut eine Woche nach dem Erdbeben in Myanmar erschweren extreme Hitze, heftige Regenfälle und der anhaltende Bürgerkrieg im Land die Rettungsbemühungen, melden internationale Hilfsorganisationen. Die Nichtregierungsorganisation "Save the Children" ist unter anderem mit mobilen Kliniken im Einsatz.
Die erschwerten Bedingungen sind jedoch nicht das einzige Problem, sagt Meike Riebau von "Save the Children" im Interview mit ZDFheute. 6,7 Millionen Kinder würden in den am meisten betroffenen Provinzen aktuell Hilfe benötigen. Erschwert würde die Hilfe zusätzlich durch die wegfallenden Hilfen der US-Regierung. Dies betrifft die Menschen in Myanmar direkt, aber auch die Hilfsorganisationen.
ZDFheute: Was sind aktuell die größten Herausforderungen bei der Hilfe in Myanmar?
Meike Riebau: An allen Ecken und Enden trifft diese Naturkatastrophe zusätzlich auf menschengemachte Probleme. Dieses Land befand sich auch vorher schon in einer großen humanitären Krise. Das heißt, das trifft jetzt auch auf eine Bevölkerung, die ohnehin schon vielleicht mangelernährt war. Jetzt kommen Essenslieferungen nicht an, die es eigentlich bräuchte. Dadurch steigen die Lebensmittelpreise enorm in die Höhe.
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Meike Riebau ist Abteilungsleiterin für Advocacy und Policy in der Nichtregierungsorganisation "Save the Children". Die Organisation setzt sich Weltweit für die Rechte und Schutz von Kindern ein. Sie wird durch Spenden von Privatpersonen, Unternehmen und öffentlichen Institutionen finanziert.

ZDFheute: Wie sehen die Hilfsangebote aus?
Riebau: Auf der einen Seite geben wir Wasser und Nahrung aus. Wir fangen aber jetzt auch schon an, psychische Gesundheits- und Unterstützungsangebote den Kindern und den Familien anzubieten. Gerade für die ganz Kleinen ist das etwas völlig Unverständliches, was da passiert ist.USA kürzen Entwicklungshilfe drastisch
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ZDFheute: Die USA haben mit der Auflösung von USAID einen großen Teil ihrer milliardenschweren Entwicklungshilfe eingestellt. Rund 52 Milliarden Euro sollen künftig weniger in Projekte wie Ihre fließen. Was bedeutet das für Ihre Organisation?
Riebau: Das ist eine große Katastrophe, das muss man ganz klar so sagen. Wir, wie auch viele andere Organisationen in diesem Sektor, haben extrem eng mit der US-Regierung zusammengearbeitet, tun das auch nach wie vor.
Diese Projekte, die jetzt sehr kurzfristig eingestellt wurden, bedeuten, dass Kinder an manchen Tagen keine Nahrung bekommen. Ganz viele Schulen wurden von einem auf den anderen Tag geschlossen und Medikamente werden nicht mehr ausgegeben.

Wir sehen jetzt schon, dass Menschen daran sterben - und sterben werden wahrscheinlich noch mehr.

Meike Riebau, Save the Children

ZDFheute: Was bedeutet das für Ihre Organisation?
Riebau: Wir versuchen, so gut es geht, an allen Ecken und Enden die Löcher zu stopfen. Wir mussten aber auch selber als Organisation schon harte und für uns sehr traurige Schritte vornehmen.

Wir haben bereits fünf Länderbüros schließen müssen und gut 2.000 Kolleginnen und Kollegen vor Ort entlassen müssen.

Meike Riebau, Save the Children

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ZDFheute: Das ist das Resultat weniger Wochen nach der Streichung der US-Entwicklungshilfen. Was erwarten Sie in den kommenden Wochen und Monaten?
Riebau: Ich habe natürlich keine Kristallkugel. Wir alle werden uns jetzt natürlich weiterhin sortieren und zusehen, dass wir da, wo es geht, Gelder akquirieren. Sei es durch private Spenden, auf die wir jetzt auch in Myanmar, aber auch anderswo eben sehr angewiesen sind.

Gleichzeitig versuchen wir, die aller notwendigsten Dinge nach wie vor aufrechterhalten.

Meike Riebau, Save the Children

Man kann es nicht anders sagen: Das sind sehr harte Einschnitte.
ZDFheute: Die Abhängigkeit von den USA scheint groß zu sein. Ist der Wegfall der US-Gelder zurzeit das größte Problem?
Riebau: Das ist eines von vielen Hauptproblemen. Man muss natürlich der Ehrlichkeit halber auch sagen, dass auch andere Regierungen, die klassischerweise Geld in die internationale Zusammenarbeit oder in humanitäre Krisen gegeben haben, gerade diese Mittel absenken. Das heißt, das ist eine Entwicklung, die in vielen Teilen der Welt stattfindet, die uns einfach vor große Herausforderungen stellt.
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ZDFheute: Der US-Außenminister Rubio kündigte auch an, die US-Entwicklungshilfe "umzuorganisieren". Haben Sie Hoffnung, dass es möglicherweise doch weitere Unterstützung geben könnte?
Riebau: Wir hoffen einfach, dass er nach wie vor auch die Anliegen der Kinder auf der ganzen Welt sieht und dass er auch sieht, welche Erfolge wir in den letzten Jahrzehnten errungen haben.

Alleine die Kindersterblichkeitsrate wurde halbiert.

Meike Riebau, Save the Children

Die internationale Zusammenarbeit kann eigentlich sehr stolz darauf sein, welche Fortschritte sie gemacht hat. Umso trauriger ist es jetzt, wie schnell viele dieser Erfolge zunichte gemacht werden.
Das Interview führten Patrick Müthing und Britta Spiekermann. Beide arbeiten im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.

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