Verkehrsstreik: Gewerkschaften demonstrieren ihre Macht

    Die Deutschland-Bremse:Gewerkschaften demonstrieren ihre Macht

    von Dennis Berger
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    Die Gewerkschaften Verdi und EVG wollen am Montag ihre Macht demonstrieren. Dabei legen sie den Verkehr in Deutschland weitgehend still. Wird der Bogen überspannt?

    Ein Fahrgast steht an einem leeren Gleis am Bahnhof Potsdamer Platz in Berlin.
    Am Montag werden Bahnhöfe und Flughäfen leer bleiben. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Der Montag wird hart. Wer durch Deutschland reisen will, ob zu Wasser, in der Luft, auf der Straße oder auf der Schiene, wird es schwer haben. Denn die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG rufen gemeinsam zu bundesweiten Arbeitsniederlegungen auf. Sie wollen damit ihren Forderungen nach deutlichen Lohnerhöhungen Nachdruck verleihen.
    Der Streik beginnt in der Nacht um 00:00 Uhr. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler bezeichnete die Aktionen als "völlig überzogen, unnötig und unverhältnismäßig". Der Chef der Bahngewerkschaft EVG, Martin Burkert, verteidigte den gemeinsamen Warnstreik mit Verdi und betonte, mit dem Streikrecht verantwortungsvoll umzugehen: "Nein, wir übertreiben nicht". In Deutschland gebe es im Vergleich zu anderen Ländern wenige Streiktage.
    Diese geballte Streikmacht ist - zumindest laut dem IW-Tarifexperten Hagen Lesch - ein "neues Phänomen".

    Für deutsche Verhältnisse ist der Doppelstreik ungewöhnlich, weil die Verkehrsinfrastruktur weitgehend lahmgelegt wird. Das erinnert schon an Verhältnisse, wie wir sie aus Frankreich kennen.

    Hagen Lesch, Institut der deutschen Wirtschaft

    Was bringt der große Streik?

    Neu ist auch der vereinte Ruf der zwei Gewerkschaften: Die EVG und Verdi führen zwar getrennte Tarifgespräche, doch mobilisieren sie alle Kräfte gemeinsam. An eine so umfassende Absprache zwischen Gewerkschaften für einen Warnstreik könne er sich nicht erinnern, sagt Tarifpolitik-Experte Lesch dem ZDF.
    Eine so konzertierte Aktion gab es allerdings schon einmal im Jahr 1992, als bundesweit Nah- und Fernverkehr sowie Flughäfen für mehrere Wochen bestreikt wurden. Allerdings war es damals ein normaler Arbeitskampf und kein Warnstreik.
    Die EVG kämpft für mehr Geld, vor allem für Bahnmitarbeiter. Pünktlich zur dritten Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst lässt Verdi die Muskeln spielen. Doch was bringt diese Deutschland-Bremse den 2,5 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen?

    Die Streiks treffen vor allem Dritte, hier Fahrgäste. Auch die Fluggesellschaften und die Bahn werden getroffen, da Reisen oder Geschäftstermine entfallen und nicht alle nachgeholt werden. Die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst trifft das weniger. Insofern werden sie auch nicht in den kommenden Verhandlungen einknicken.

    Hagen Lesch, Institut der deutschen Wirtschaft

    Alexander Bredereck | Fachanwalt für Arbeitsrecht
    Wenn Arbeitnehmer aufgrund eines Streiks nicht zur Arbeit kommen, bestehe das Risiko, kein Geld zu bekommen, nicht aber eine "Abmahnung oder Kündigung", sagt Arbeitsrechtler Alexander Bredereck.24.03.2023 | 4:34 min

    Megastreik: Wachstum vor Maß und Mitte?

    Die Tarifverhandlungen sind noch nicht hoffnungslos festgefahren und die Positionen liegen - wie üblich - zunächst weit auseinander, erscheinen aber nicht unvereinbar. Vor diesem Hintergrund ist der angekündigte Mega-Streik nicht zu erklären. Was steckt dahinter?
    Viele Beobachter sind sich einig: Für die Gewerkschaften gehe es darum, Mitglieder zu gewinnen und den Schrumpfungsprozess zu stoppen. Die Strategie "Organisieren im Konflikt" von Verdi scheint sich auszuzahlen. Laut IW Köln verzeichnete Verdi in Bereichen mit Arbeitskämpfen deutlich höhere Eintritte. Verdi-Chef Frank Werneke selbst verkündete bereits stolz, dass dies in diesem Jahr bisher gut gelungen sei.
    [Von dem Streik sind auch Flughäfen betroffen. Lesen Sie hier, welche Rechte Flugreisende haben.]
    Für problematisch hält Experte Lesch, dass "die Mitgliedergewinnung mehr und mehr die Streiktaktik zu bestimmen" scheine. Auch die Grenze zum "Erzwingungsstreik" werde erreicht, meint der IW-Forscher. Ein "Erzwingungsstreik" wird grundsätzlich nur dann eingeleitet, wenn Tarifverhandlungen gescheitert sind - was nicht der Fall ist.

    Hans-Böckler-Stiftung: Kein übertriebener Megastreik

    Die Gewerkschaften sind selbstbewusst, denn sie haben einen Trumpf in der Hand. Dass die Fronten verhärtet sind zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, liegt auch an der Inflation und insbesondere an den hohen Energiepreisen.
    In ganz Europa geht die Angst vor Wohlstandsverlust um. In Frankreich protestieren wieder landesweit Gewerkschaften gegen die geplante Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron. Hunderttausende gehen auf die Straße. Jetzt wohl auch in Deutschland.
    Gewerkschaftsnahe Stimmen sehen keinen übertriebenen Megastreik. Das gefühlt hohe Streikaufkommen hänge damit zusammen, dass die Streiks in Bereichen stattfinden, von denen die Bürgerinnen und Bürger besonders betroffen sind, heißt es aus der Hans-Böckler-Stiftung. Ob es der größte Streik der Geschichte wird, ist ungewiss.
    Dennis Berger ist Redakteur in der ZDF-Wirtschaftsredaktion.
    Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den angekündigten Megastreik:

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