Proteste von Fatigue-Erkrankten: Wann bekommen wir Hilfe?
Chronisches Fatigue-Syndrom:ME/CFS-Erkrankte: Wann bekommen wir Hilfe?
von Susana Santina
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Mindestens eine halbe Million Menschen in Deutschland leiden an ME/CFS, dem Chronischen Fatigue-Syndrom. Erkrankte demonstrieren in mehreren Städten für mehr Hilfe und Forschung.
ME/CFS-Demo in Frankfurt: "ME/CFS tötet - Wir wollen leben!"
Quelle: ZDF
So manches Mal hat Ulrike in den letzten drei Jahren schon darüber nachgedacht, ob ihr Leben noch Sinn macht. So verzweifelt war sie. Die 27-Jährige aus der Nähe von Augsburg leidet an ME/CFS. Die Myalgische Enzephalomyelitis/das Chronische Fatigue Syndrom ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, für die es bis heute keine Heilung gibt.
Für Ulrike bedeutet das, dass sie fast den ganzen Tag ans Bett gefesselt ist, Schmerzen hat und kaum etwas essen kann, weil Magen und Darm offenbar geschädigt sind. Dass Ulrike an ME/CFS erkrankt ist, wurde ihr ärztlich bestätigt.
Sie fühlen sich im Stich gelassen: Rund 500.000 Menschen in Deutschland leiden unter der schweren neuroimmunologischen Krankheit ME/CFS.08.08.2023 | 2:44 min
Erste Symptome nach Covid-Impfung, dann Infektion
Die ersten Symptome traten bei ihr kurz nach der Covid-Impfung auf und wurden verstärkt, als sie sich wenige Zeit später mit dem Coronavirus infizierte. "Wahrscheinlich hat beides eine Rolle gespielt", sagt sie.
Derzeit kämpft sie nicht nur um die richtigen Medikamente, sondern auch mit der Pflegekasse. Wie viele Betroffene. "Eine hohe Pflegestufe ist deswegen so wichtig, weil ich jemanden brauche, der sich rund um die Uhr um mich kümmert."
Ulrike hat zwar die Pflegestufe 5 zugesprochen bekommen, wegen eines ihrer Meinung nach fehlerhaften Gutachtens sei ihr aber dringend benötigtes Pflegegeld nicht zugesprochen worden.
Die Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung. Betroffen sein können das Immun- und Nervensystem, der Kreislauf und der Energiestoffwechsel. Deshalb kommt es auch zu einer Vielzahl von Symptomen. Dazu gehören etwa Erschöpfung, Muskelschmerzen, Konzentrationsstörungen, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit. Manche ertragen auch keine Berührung.
Betroffene leiden oft auch an der sogenannten "Post-Exertionellen Malaise" (PEM) - einer massiven Verschlechterung der Symptome nach geistiger oder körperlicher Belastung. Je nach Schweregrad kann PEM schon nach einer Unterhaltung, nach Lesen oder einem Spaziergang auftreten. Bei sehr schweren Verläufen reicht schon das Anheben des Kopfes.
Auslöser der Erkrankung sind oft Viren, das Epstein-Barr-Virus etwa oder auch das Coronavirus. Es hat sich zudem gezeigt, dass auch die Corona-Impfung zu ME/CFS führen kann.
Nur zwei Anlaufstellen für Betroffene in Deutschland
Solche Fälle sind leider alles andere als eine Ausnahme, sagt Evelyn Fay, Mitorganisatorin der Rollstuhldemos, die an diesem Donnerstag in mehreren Städten auf die fehlende Versorgung, mangelnde Anerkennung und Forschung für ME/CFS-Erkrankte aufmerksam machen wollen. "Bitte gehe für mich zur Demo, denn ich bin zu krank dafür!", war auf den Ankündigungsplakaten zu lesen.
Erschöpfung, Muskelschmerzen, Konzentrationsstörungen - ME/CFS ist eine neuroimmunologische Erkrankung, die das Leben auf den Kopf stellt. Was kann dagegen getan werden?12.05.2023 | 28:12 min
Auch der Sohn von Evelyn Fay, Paul, ist schwer an ME/CFS erkrankt. Seine Mutter ist für ihn heute in Frankfurt am Main dabei.
Auf diesen großen Missstand wollen sie auf den Rollstuhldemos in Frankfurt am Main, Berlin, Köln, Hamburg und Ulm aufmerksam machen. Obwohl mindestens 500.000 Menschen in Deutschland an ME/CFS erkrankt sind, gibt es nur zwei spezialisierte Anlaufstellen für Betroffene: eine für Erwachsene in Berlin und eine für Kinder in München. Es brauche deutlich mehr, sagen Betroffene und Angehörige.
Medikamente lindern Symptome lediglich
Ulrike, die seit drei Jahren an ME/CFS leidet, würde gerne als Heilerziehungspflegerin arbeiten. Doch zur Ausbildung kam es nicht, weil sie so schwer erkrankt ist.
Dass sie nun um ein angemessenes Pflegegeld kämpfen müsse, sei zermürbend.
Susana Santina ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Hessen.