Türkei-Proteste in Deutschland gegen Imamoglu-Festnahme
Türkei-Proteste in Deutschland:Unterstützer fordern Freiheit für Imamoglu
von Natalia Bieniek, Dominik Müller-Russell
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Auch in Deutschland protestieren Anhänger des festgenommenen türkischen Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu. Seine Unterstützer fordern mehr Einmischung von Deutschland.
Die Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu bewegt auch in Deutschland lebende Türken. In Bielefeld demonstrierten rund 100 Menschen für die Freilassung Imamoglus.21.03.2025 | 2:25 min
Große Sorgen um die Türkei - und vor allem um Ekrem Imamoglu - machen sich Anhänger der Oppositionspartei CHP. Nun gehen sie auch in Deutschland auf die Straße.
"Freiheit und Gerechtigkeit für Ekrem Imamoglu", lautet die Botschaft auf den Plakaten. "Wir wollen, dass das Regime das Land wieder zu einer Demokratie zurückführt", sagt Ismail Tas, einer der Organisatoren der Kundgebung in der Bielefelder Innenstadt.
Proteste gegen Verhaftung von Imamoglu
Am Donnerstagabend versammeln sich hier rund hundert Menschen, um ein Zeichen zu setzen nach der Verhaftung Imamoglus, dem Bürgermeister von Istanbul und dem vielleicht wichtigsten politischen Herausforderer von Präsident Recep Tayyip Erdogan.
In der Türkei haben auch am Abend viele Menschen gegen die Festnahme von Ekrem Imamoglu demonstriert. 20.03.2025 | 2:11 min
"Jeder, der sich gegen Erdogan ausspricht, wird ohne Beweise hinter Gitter gebracht oder verhaftet, um keine Gegner zu haben. Das wollen wir nicht hinnehmen", sagt Tas, der seit zehn Jahren nicht mehr in seiner alten Heimat war - aus Angst, wegen politischen Engagements verhaftet zu werden. Ähnlich sieht es auch der ehemalige Vorsitzende des Integrationsrats in Bielefeld, Mehmet Ali Ölmez:
Deutschland ist meine Heimat, aber wir müssen uns einmischen.
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Mehmet Ali Ölmez, Integrationsrat Bielefeld
Sie fordern eine Reaktion von Deutschland und Europa - seitens der Politik.
"In Istanbul sind die Proteste ohne größere Zwischenfälle über die Bühne gegangen", so ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa.20.03.2025 | 2:18 min
Experte: Proteste in Deutschland ohne Wirkung
Die Proteste in Deutschland werden keinen Einfluss auf Erdogans Entscheidungen haben, sagt Caner Aver von der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung. Viel wichtiger sei, wie der Westen sich positioniere und ob die Europäische Union Druck auf Erdogan ausüben werde. Erdogan habe den jetzigen Zeitpunkt bewusst gewählt, da Europa seine Sicherheitsarchitektur neu ausrichte und Türkei das Land mit den zweitstärksten Nato-Truppen sei. Dies spiele Erdogan in die Karten.
Aver vermutet, dass die Diskussionen innerhalb der deutsch-türkischen Community sowohl in privaten Gesprächen als auch in sozialen Medien andauern werden: "Die politisch interessierten türkeistämmigen Menschen in Deutschland verfolgen sehr eng die Entwicklungen in der Türkei und polarisieren sich auch entsprechend der Lager und haben auch eine entsprechende Meinungsbildung", so Aver.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass das Ganze politisch motiviert ist, steht im Raum“, sagt Aret Demirci von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Istanbul zur Festnahme von Ekrem Imamoglu.20.03.2025 | 4:05 min
CHP organisiert weitere Proteste in Deutschland
Dilek Demircan-Dursun erhält über soziale Medien viele Anfragen aus ganz Deutschland. Die Menschen möchten wissen, wo Kundgebungen stattfinden werden. Die Generalsekretärin des CHP-Dachverbands Deutschland organisiert selbst den Protest in Köln.
Es ist wirklich wichtig, dass wir hier gemeinsam für Recht, Gerechtigkeit und für unabhängige Justiz einstehen.
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Dilek Demircan-Dursun, CHP-Dachverband Deutschland
Nach wie vor sind die meisten Deutschtürken allerdings Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan. Auf dem Wiener Platz in Köln-Mülheim finden etliche Menschen nichts Anrüchiges an der Verhaftung Imamoglus. "Wenn er was Falsches gemacht hat, muss er auch dafür büßen. Wenn er nichts gemacht hat, dann soll er sich verteidigen, als unschuldig rauskommen", sagt ein Mann. Ein anderer fügt hinzu: "Gesetz ist Gesetz, auch wenn sie Richter oder Präsident sind. Sie werden trotzdem verhaftet."
In den kommenden Tagen sind in vielen deutschen Städten weitere Kundgebungen geplant. Oppositionsanhänger rechnen mit großem Zulauf - ein Zeichen der Unterstützung aus der Ferne. Sie wollen helfen, dass sich in der Türkei etwas bewegt.
In Istanbul und Ankara haben wieder Tausende Menschen gegen Erdogan protestiert. Sie werfen ihm vor, seinen Rivalen Imamoglu auszuschalten. Die Polizei setzte Tränengas ein.