IAA-Transportation: Fährt der Lkw von morgen elektrisch?

Es ist ein ungewohntes Bild und ein wahrhaftes Hörerlebnis, wenn ein großer Lkw samt Auflieger vorbeirollt - und das laute Wummern der Dieselmaschine ausbleibt. Die großen Hersteller wie Daimler, MAN, Ford oder Volvo - alle haben inzwischen Batterieantriebe oder Wasserstofffahrzeuge im Angebot und wollen damit auf die Straßen.

Laut einer Studie könnte 2030 bereits mehr als jeder fünfte Laster auf den deutschen Straßen durch einen Elektromotor angetrieben werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Der weltweite Absatz von E-Lastern soll auf rund 600.000 Stück bis 2030 steigen, zehn Jahre später sogar auf 2,7 Millionen Fahrzeuge pro Jahr, so die Experten.

Noch sind potenzielle Kunden abgeschreckt durch hohe Anschaffungspreise und eine schlechte Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Lkw. Mehr als doppelt so teuer ist der E-Truck im Vergleich zum Verbrenner. Da ist auch egal, welches Markenlogo vorne auf der Haube prangt, die Hersteller haben beim E-Lkw mit hohen Kosten zu kämpfen. Allein die Materialkosten für die großen Batteriepakete sind um ein Vielfaches höher als bei einem Verbrenner.

"Das Produkt ist nicht länger das Problem", sagt die Daimler-Truck-Chefin Karin Radström. Doch an der Ladeinfrastruktur hapere es in Europa gewaltig. "Wenn die Infrastruktur nicht fertig ist, kaufen unsere Kunden nichts", erklärt die Schwedin. Den Mangel an Stromleitungen und Schnellladern für Lkw moniert auch die Chefin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Der VDA ist Ausrichter der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation, die am Dienstag in Hannover startete.

Doch die höheren Anschaffungskosten können sich amortisieren. Am Stand des Lkw-Herstellers MAN wird auf einem großen Monitor angezeigt, welche Einsparpotentiale sich für einen Spediteur beim Einsatz eines E-Fahrzeuges bieten. Variable Stromtarife, eigene Solarstromerzeugung und mögliche Förderungen können dazu führen, dass sich auf lange Sicht ein Batterieantrieb lohnt.

Nach dem Preisschock folgt beim Blick auf die Ladekarte Ernüchterung. Die modernen Fahrzeuge, die in Hannover im Rampenlicht präsentiert werden, haben Batteriegrößen von 500 bis 600 kWh - im Vergleich: ein E-Pkw hat eine Batteriekapazität von rund 40 bis 100 kWh. An einer herkömmlichen 11 kw-Ladesäule, die an vielen Einfamilienhäusern hängt, würde der Lkw zum Dauerparker werden. Nur wenn der Aufbau öffentlicher Ladestellen schnell vorankommt, wird der E-Lkw eine Alternative zum Verbrenner darstellen.

Die Firma Milence, ein Zusammenschluss der Hersteller Daimler Truck, der Traton-Gruppe und Volvo Truck, plant sogenannte Megawatt-Charger. 1.000 kWh Ladeleistung sollen an den firmeneigene Ladestellen europaweit und flächendeckend installiert werden - der Batterie-Lkw könnte dann innerhalb von 40 Minuten wieder fahrbereit sein. Die ersten Megawatt-Ladesäulen sollen noch in diesem Jahr aufgebaut werden. Noch ist die lange E-Lkw-Tour durch Europa mehr Abenteuer als reines Fahrvergnügen.