FIU-Leiter Schulte tritt zurück:Hat der Anti-Geldwäsche-Chef gelogen?
von Julia Klaus
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Seine Behörde ist zentral beim Kampf gegen Geldwäsche, doch in den letzten Monaten gab es immer mehr Ungereimtheiten. Nun ist FIU-Chef Christof Schulte zurückgetreten.
FIU-Chef Christof Schulte tritt zurück - hat er im Finanzsusschuss die Wahrheit gesagt?
Quelle: dpa
Der Chef der Anti-Geldwäschebehörde Christof Schulte tritt zurück. "Aus persönlichen Gründen", wie es in einem Schreiben an den Finanzausschuss heißt. Schulte war in den letzten Monaten immer mehr unter Druck geraten. Seine Behörde, die FIU, ist zentral im Kampf gegen Geldwäsche. Sie muss Verdachtsmeldungen schnell an die Polizei und die Staatsanwaltschaften weitergeben, damit die ermitteln können - die FIU aber schaffte das zuletzt nur noch schleppend.
Mehr als 100.000 solcher Geldwäscheverdachtsmeldungen lagen bei der FIU herum - teilweise seit fast drei Jahren. Wie werthaltig diese Meldungen sind - ob große Fälle, mit Wirecard vergleichbar, dabei sein könnten: unklar. Das Bundesfinanzministerium von Christian Lindner (FDP) hatte verkündet: Bis Frühjahr sollen diese Meldungen abgearbeitet sein. Doch gegenüber ZDFheute berichteten mehrere Quellen aus den Ländern, dass bei ihnen nichts mehr ankommt. Die FIU kommt immer noch nicht hinterher. Ihr Chef nimmt nun den Hut, sein Stellvertreter übernimmt vorerst.
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Hat Schulte im Finanzausschuss nicht die Wahrheit gesagt?
Schulte muss sich gleich mehrere unangenehme Fragen gefallen lassen, darunter: Hat er den Finanzausschuss angelogen? Die Fakten sind belastend. Ein Rückblick:
- Am 16. Februar hatte Schulte im Finanzausschuss gesagt, es gebe "keinen Bearbeitungsrückstau" - später relativierte er, wollte es auf "Faxe" bezogen wissen.
- Am 25. August erscheint der wichtige FATF-Bericht, in dem Deutschlands Kampf gegen Geldwäsche bewertet wird. Die Prüfer hatten auch die FIU besucht - im Papier steht nichts von einem enormen Rückstau.
- Am 26. August, nur einen Tag später, will das Finanzministerium von einem erheblichen Rückstau erfahren haben.
- Am 13. September waren die Ausschuss-Mitglieder sogar in Schultes Behörde in Köln zu Besuch. Auch dort wurde nichts von dem Berg an offenen Meldungen berichtet, sagen Anwesende.
- Am 24. Oktober musste Lindners Staatssekretärin mitteilen, dass die "FIU (...) beginnend im Januar 2020 und danach monatlich kumulierend bis zum Stichtag 30. September 2022 insgesamt 100.963 Verdachtsmeldungen" noch nicht bearbeitet hatte.
- Am 9. November gab das Finanzministerium sogar zu, dass man zum Zeitpunkt des Besuchs in Köln von 45.000 offenen Meldungen wusste.
Intransparenz und Verschleierung?
Matthias Hauer (CDU), Mitglied im Finanzausschuss, wirft der FIU und Finanzminister Christian Lindner "Geheimniskrämerei" vor. ZDFheute sagt er:
Die Behauptung Schultes, dass es keine Bearbeitungsrückstände bei der FIU gebe, "hat sich mittlerweile als unwahr herausgestellt", so Hauer.
Bei der FIU sind 2021 rund 300.000 Geldwäscheverdachtsmeldungen eingegangen - ein riesiger Berg, der sich ohne IT-Unterstützung kaum bewältigen lässt. Seit Jahren gibt es immer wieder Behauptungen, es gebe eine Künstliche Intelligenz. Im FATF-Bericht ist von einem "Feldversuch" im Jahr 2020 die Rede. Ein Gesetz für einen dauerhaften Einsatz fehlt ohnehin. "Es gibt keinerlei Hinweise, dass die FIU Künstliche Intelligenz nutzt oder konkrete Pläne zur Nutzung hat. Wenn es die Lösung ist, muss endlich mal Substanz dran", findet Konrad Duffy von der Bürgerbewegung Finanzwende. Die FIU könne nur so gut arbeiten, wie sie ausgestattet ist - sowohl bei der Technologie als auch beim Personal, so Duffy gegenüber ZDFheute.
Der Anti-Geldwäsche-Experte und Jurist Kilian Wegner betont, dass ein Wechsel an der Spitze nichts an den strukturellen Problemen ändere, die da seien: "Mangelhafte IT-Ausstattung, fehlendes Fachpersonal, Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit der Polizei und eine unzureichende Datengrundlage."
Lindners neue Oberbehörde: "sinnbefreit"?
Die FIU steht derzeit ohnehin vor großen Veränderungen. Finanzminister Linder plant für diese Legislatur eine neue Oberbehörde, in der die FIU eine Säule sein soll - neben einem neu zu gründenden Bundesfinanzkriminalamt.
Bei der Polizeigewerkschaft GdP sieht man Lindners Pläne kritisch. Frank Buckenhofer, dort für den Zoll zuständig, sagt ZDFheute:
Jährlich werden schätzungsweise 100 Milliarden Euro in Deutschland gewaschen. Eine funktionierende FIU ist dabei zentral. Denn wenn dreckiges Geld in Umlauf kommt, stärkt es kriminelle Wirtschaftsteilnehmer und verdrängt die ehrlichen. Langfristig wird die Demokratie so ausgehöhlt - so bleibt Deutschland ein Paradies für Geldwäsche.
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