Steinmeier bei Festakt :Umstrittener Wiederaufbau der Garnisonkirche
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Der Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche in Potsdam war umstritten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnt, die Geschichte der Kirche nicht zu beschönigen.
Zur Wiedereröffnung der Garnisonkirche hat der Bundespräsident zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Bauwerk aufgerufen. Hitler hat dort 1933 seine Machtübernahme gefeiert.22.08.2024 | 1:36 min
Nach fast sieben Jahren Bauzeit ist der neue Potsdamer Garnisonkirchturm mit einem Festakt eröffnet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zur Wiedereröffnung des Turms zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte des Bauwerks auf.
Steinmeier mahnt Verantwortung an, Proteste während Festakt
Es sei wichtig, "dass wir Geschichte nicht beschönigen, dass wir nichts ausklammern", sagte Steinmeier. Der Bundespräsident wertete die Wiedereröffnung auch als Mahnung:
"Das ist die historische Verantwortung, die wir haben. Und das ist die Aufgabe, die wir hier alle zusammen als Gesellschaft haben", sagte Steinmeier.
Frank-Walter Steinmeier auf dem Turm der Garnisonkirche Potsdam.
Quelle: dpa
Am 21. März 1933 wurde in dem Gotteshaus in Potsdam in Brandenburg der erste Reichstag nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eröffnet. An diesem "Tag von Potsdam" reichte der damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler vor der Garnisonkirche die Hand.
Wie Hitler die Regierung übernahm
Das Projekt des Wiederaufbaus war deshalb umstritten. Während des Festakts protestierte die Bürgerinitiative "Für ein Potsdam ohne Garnisonkirche" mit mehr als 100 Menschen gegen den Bau. Sie sieht in der Kirche ein "Wahrzeichen des Terrors" und ein Symbol des Militarismus.
Quelle: AP
Potsdam war Residenz der preußischen Könige und deutschen Kaiser. Am 21. März 1933 wurde dort der erste Reichstag nach Machtübernahme der Nazis eröffnet. An diesem Tag verneigte sich Reichskanzler Adolf Hitler vor Reichspräsident Paul von Hindenburg.
Im Schloss des letzten deutschen Kronprinzen in Cecilienhof besiegelten die Siegermächte 1945 Deutschlands Schicksal. Nach Zerstörungen in den letzten Kriegstagen erlitt die Stadt Verwüstungen in den Jahrzehnten der DDR. Seit dem Mauerfall ist Brandenburgs Landeshauptstadt zu großen Teilen UNESCO-Weltkulturerbe.
Seitdem setzten sich meist die Traditionalisten durch, das alte Stadtschloss wurde wiederaufgebaut und ist nun Sitz des Brandenburger Landtags. Anhänger der DDR-Moderne wie der Mäzen Hasso Plattner retteten dagegen die Gaststätte Minsk aus den 70er Jahren am Brauhausberg. Auch das 1969 errichtete Mercure-Hotel gleich neben dem Landtag blieb bis heute vom Abriss verschont.
Erste Initiativen für Wiederaufbau vor 20 Jahren
Die Militärkirche von 1735 war im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt. Die Reste wurden 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt. Im Jahr 2017 begannen die Arbeiten für den Neubau des Turms, der außen dem historischen Original nachempfunden ist. Erste Initiativen für das Projekt liegen etwa 20 Jahre zurück. Der Turmaufbau kostete laut Stiftung Garnisonkirche rund 42 Millionen Euro, der Großteil kam vom Bund. Ein Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist nicht vorgesehen.
An dem Festakt nahmen rund 120 geladene Gäste teil, darunter Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein Amtsvorgänger Matthias Platzeck (beide SPD), der Berliner Altbischof Wolfgang Huber und Georg Friedrich Prinz von Preußen.
Über wenig geraten die Potsdamer so in Streit wie über die Architektur in ihrer Stadt. Dieses Mal geht es um die Garnisonkirche und ihr historisches Erbe um Adolf Hitler.