Vor 60 Jahren haben Konrad Adenauer und Charles de Gaulle die deutsch-französische Freundschaft mit dem Elysee Vertrag besiegelt.19.01.2023 | 2:28 min
Deutschland und Frankreich feiern den 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags. Er gilt als Fundament der deutsch-französischen Freundschaft. Dabei hatte es kurz nach seiner Unterzeichnung am 22. Januar 1963 schon Streit gegeben. Aus dem Élysée-Vertrag sind zahlreiche deutsch-französische Institutionen hervorgegangen, welche die Beziehungen beider Länder immer weiter vertieft haben. Ein Überblick:
Wie kam der Élysée-Vertrag zustande?
Der französische Präsident Charles de Gaulle wollte Deutschland an Frankreich binden, um zu verhindern, dass es sich mit Großbritannien oder den USA gegen sein Land verbündet. Bundeskanzler Konrad Adenauer sah in dem Hinrücken zu Frankreich ein geeignetes Mittel, um in
Europa das Misstrauen gegen die Deutschen abzubauen.
Ursprünglich sollte nur ein Protokoll unterschrieben werden, das enge Beratungen vorsah und den Kulturaustausch befördern sollte. Da Kultur in Deutschland aber Ländersache ist, plädierte Berlin in letzter Minute für einen Staatsvertrag, den dann der Bundestag ratifizieren sollte.
Was ist der Inhalt des Élysée-Vertrags?
- Ein regelmäßiger Austausch der Staats- und Regierungschefs "so oft es erforderlich ist", mindestens zwei Mal jährlich, der Außen- und Verteidigungsminister mindestens alle drei Monate, der Generalstabschefs alle zwei Monate.
- In der Außenpolitik sollte es Ziel sein, "so weit wie möglich zu einer gleichgerichteten Haltung zu gelangen".
- Zudem war eine gemeinsame "Ausarbeitung geeigneter Rüstungsvorhaben" geplant.
- Die Förderung des Sprachunterrichts, der Zusammenarbeit in der Forschung und eines Jugendaustausches. Es gehe darum, "größeres Verständnis für das andere Volk zu wecken und zu vertiefen", erklärte ein deutscher Regierungssprecher nach der Unterzeichnung.
Die Unterschriften von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unter dem "Élysée-Vertrag".
Quelle: AP
Der Vertrag wurde in zwei Exemplaren, auf Deutsch und auf Französisch, unterzeichnet. Jeweils fünf rote Wachssiegel und ein Bändchen in den Nationalfarben schmücken die letzte Seite mit den Unterschriften des Bundeskanzlers, des französischen Präsidenten und des Premierministers sowie beider Außenminister.
Warum gab es kurz nach der Unterzeichnung Streit?
US-Präsident John F. Kennedy sah die deutsch-französische Annäherung mit Sorge, zumal Frankreich die
Nato strikt ablehnte. Er
hatte vergeblich versucht, den Vertragsabschluss zu verhindern. Aber er erreichte, dass Deutschland vor der Ratifizierung durch den Bundestag auf eigene Initiative eine Präambel hinzufügte, in der Deutschland seine Bindung an die USA bekräftigte. Frankreich habe nichts dagegen, lautete die offizielle Reaktion aus Paris.
Doch hinter den Kulissen brodelte es, wie es Alain Peyrefitte, ein Vertrauter von de Gaulle, später beschrieb: "Die Amerikaner höhlen unseren Vertrag aus", habe de Gaulle geschimpft. "Und warum? Bloß, weil die deutschen Politiker Angst haben, dass sie vor den Angelsachsen nicht tief genug kriechen. Sie benehmen sich wie Schweine", soll der französische Präsident gesagt haben.
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Welche konkreten Auswirkungen hatte der Élysée-Vertrag?
Wenige Monate später, im Juli 1963, wurde das deutsch-französische Jugendwerk gegründet, das später als "schönstes Kind des Élysée-Vertrags" bezeichnet wurde. Bis heute hat es etwa zehn Millionen junge Deutschen und Franzosen durch Austausch dem jeweiligen Nachbarland nähergebracht. Seit 1989 gibt es die deutsch-französische Militärbrigade. Drei Jahre später ging der binationale Kultursender Arte auf Sendung.
Zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrages 2003 einigten sich beide Seiten auf regelmäßige gemeinsame Ministerräte. Das 50. Jubiläum wurde 2013 mit einer gemeinsamen Sitzung des Bundestags und der französischen Nationalversammlung in Berlin gewürdigt.
Das ist der Aachener Vertrag
Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron plädierte 2017 in seiner berühmt gewordenen Sorbonne-Rede zur Zukunft der EU für eine Neugründung des Élysée-Vertrags. Dies mündete dann in dem Aachener Vertrag 2019, der viele symbolische Erklärungen enthält, aber auch einige Neuerungen, etwa eine deutsch-französisches parlamentarische Versammlung und einen Bürgerfonds.
Was Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zum 60. Jubiläum des Élysée-Vertrags gesagt haben, können Sie hier lesen:
Quelle: AFP