Deutschland in der Rezession: Jetzt hat Habeck ein Problem

    Analyse

    Deutschland in der Rezession:Jetzt hat Habeck ein Problem

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Robert Habeck will Kanzler werden, hat aber als Wirtschaftsminister miese Zahlen zu verantworten. Nun versucht er, aus der Schwäche eine Stärke zu machen. Eine gewagte Strategie.

    Robert Habeck
    Wirtschaftsminister Robert Habeck senkt die Konjunkturprognose deutlich nach unten: Deutschland ist das zweite Jahr in Folge in der Rezession.09.10.2024 | 1:42 min
    Robert Habeck klingt an diesem Mittwoch wie ein Fußballtrainer. Natürlich gebe es Probleme und Herausforderungen, sagt er. Die Herausforderungen seien auch "größer, als wir sie uns vielleicht eingestanden haben."
    Aber, mentalcoacht Habeck: "Wir haben ganz andere Herausforderungen, ganz andere Krisen in diesem Land gelöst." Die Frage sei jetzt:

    Gehen wir die Probleme mit hängenden Ohren und gesenkten Schultern an oder mit einem geraden Rücken und einer aufrechten Haltung?

    Robert Habeck, Grüne

    Am Ende appelliert Habeck, nicht als Verlierer vom Platz zu schleichen, "sondern dieses Spiel gewinnen zu wollen."
    Kräne auf einer Baustelle am Alexanderplatz in Berlin
    Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Fahrt. Anders als erwartet muss die Bundesregierung die Konjunkturprognose für das laufende Jahr wohl nach unten korrigieren. Am Nachmittag legt Wirtschaftsminister Robert Habeck die neue Prognose vor.09.10.2024 | 1:55 min

    Habeck senkt Konjunkturprognose

    Gerader Rücken. Aufrechte Haltung. Wenn es stimmt, dass Wirtschaft vor allem Psychologie ist, dann hat Habeck ein Problem. An diesem Mittwoch muss er miese Wirtschaftsdaten verkünden.
    Die Bundesregierung senkt die Konjunkturprognose und geht für 2024 von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent aus. Bisher war sie von einem leichten Wachstum ausgegangen.
    Im Klartext: Deutschland steckt in der Rezession, das zweite Jahr in Folge. Das gab es bisher nur einmal in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik und zwar in den Jahren 2002 und 2003. Keine guten Nachrichten für jemanden, der im November Kanzlerkandidat seiner Partei und im kommenden Jahr Kanzler werden will.

    Korrektur der Konjunkturprognose
    :Regierung rechnet auch 2024 mit Rezession

    Die Ampel korrigiert ihre Konjunkturprognose deutlich nach unten: Für 2024 rechnet sie mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Das bedeutet: Rezession.
    Die Sonne geht hinter Containerbrücken auf dem Terminal Eurogate im Waltershofer Hafen unter.
    mit Video

    So verkauft Habeck die schlechten Zahlen

    Habeck hat sich eine Strategie überlegt, wie er die schlechten Zahlen verkauft. Er versprüht Optimismus.

    Deutschland ist ein Land voller Stärken und voller Stärke.

    Robert Habeck, Grüne

    Deutschland habe zum Beispiel einen innovativen Mittelstand mit Weltmarktführern und eine vibrierende Start-up-Szene, sagt Habeck. Das ist sein Kommunikationsplan, sein Spin. Es ist ein Vorgeschmack auf seinen Wahlkampf im kommenden Jahr und seine Kampagne als möglicher Kanzlerkandidat der Grünen.
    So wird sich Habeck vom politischen Gegner abgrenzen. Er nennt Union oder AfD zwar nicht. Und trotzdem dürfte er vor allem sie meinen, wenn er sagt:

    Wir sollten nicht blind die Narrative übernehmen derjenigen, die ein Interesse haben, dass das Land seine eigene Kraft und sein Selbstvertrauen verliert.

    Robert Habeck, Grüne

    Vorstellung der Wirtschaftsdiagnose Herbst 2024
    Deutsche Wirtschaftsinstitute prognostizieren für das Jahr 2024 einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Erst ab 2025 könne wieder mit einem Zuwachs gerechnet werden.26.09.2024 | 2:23 min

    Wirtschaft soll 2025 wieder wachsen

    In Habecks Worten schwingt ein Vorwurf mit. Der Vorwurf, CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel wollten Deutschland schlechtreden, während er selbst die Stärken des Landes betont. "Das müssen sich alle klarmachen im politischen Raum, wessen Geschichte sie eigentlich erzählen", sagt Habeck, "und wessen Lied man an der Stelle singt".
    Es ist der Kampf um die Deutungshoheit. Und um die Konzepte aus der Krise. Habeck fordert anders etwa als die Union eine Reform der Schuldenbremse. Und er setzt auf die Wachstumsinitiative der Bundesregierung, die vollständig umgesetzt werden müsse.
    Dann, so sagt er, werde die Wirtschaft im kommenden Jahr auch wieder wachsen. Für 2025 rechnet er mit einem Plus von 1,1 Prozent, bisher war er von einem Prozent Wachstum ausgegangen.
    joerg-rocholl
    Auch in diesem Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt schrumpfen – so die Prognose der Bundesregierung. "Es ist keine konjunkturelle Delle, sondern ein wirklich strukturelles Thema, mit dem Deutschland zu kämpfen hat", so Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl. 09.10.2024 | 4:16 min

    Experten widersprechen Habecks Optimismus

    Das Problem: Experten widersprechen. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung zum Beispiel hält die Prognose für "übermäßig optimistisch". Und Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl sagt im ZDF, Habecks Wachstumsinititive sei "bei weitem nicht ausreichend".
    Was also, wenn die Zahlen 2025 nicht besser werden? Wenn das Wirtschaftswachstum ausbleibt? Was bedeutet das für seine Kanzlerkandidatur, wird Habeck gefragt. Eine Antwort auf diese Frage bleibt er schuldig. Kein Kommentar, kein Fußballspruch. Die Strategie ist gewagt. Denn optmistische Worte allein werden im Wahljahr nicht helfen.

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