Deutschland in der Rezession: Jetzt hat Habeck ein Problem
Analyse
Deutschland in der Rezession:Jetzt hat Habeck ein Problem
von Dominik Rzepka
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Robert Habeck will Kanzler werden, hat aber als Wirtschaftsminister miese Zahlen zu verantworten. Nun versucht er, aus der Schwäche eine Stärke zu machen. Eine gewagte Strategie.
Im April war die Ampel für 2024 noch von einem leichten Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 0,3 Prozent ausgegangen, nun senkte sie ihre Prognose auf ein Minus von 0,2 Prozent. 09.10.2024 | 1:38 min
Robert Habeck klingt an diesem Mittwoch wie ein Fußballtrainer. Natürlich gebe es Probleme und Herausforderungen, sagt er. Die Herausforderungen seien auch "größer, als wir sie uns vielleicht eingestanden haben."
Aber, mentalcoacht Habeck: "Wir haben ganz andere Herausforderungen, ganz andere Krisen in diesem Land gelöst." Die Frage sei jetzt:
Am Ende appelliert Habeck, nicht als Verlierer vom Platz zu schleichen, "sondern dieses Spiel gewinnen zu wollen."
Die deutsche Wirtschaft kommt nicht in Fahrt. Anders als erwartet muss die Bundesregierung die Konjunkturprognose für das laufende Jahr wohl nach unten korrigieren. Am Nachmittag legt Wirtschaftsminister Robert Habeck die neue Prognose vor.09.10.2024 | 1:55 min
Habeck senkt Konjunkturprognose
Gerader Rücken. Aufrechte Haltung. Wenn es stimmt, dass Wirtschaft vor allem Psychologie ist, dann hat Habeck ein Problem. An diesem Mittwoch muss er miese Wirtschaftsdaten verkünden.
Im Klartext: Deutschland steckt in der Rezession, das zweite Jahr in Folge. Das gab es bisher nur einmal in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik und zwar in den Jahren 2002 und 2003. Keine guten Nachrichten für jemanden, der im November Kanzlerkandidat seiner Partei und im kommenden Jahr Kanzler werden will.
Die Ampel korrigiert ihre Konjunkturprognose deutlich nach unten: Für 2024 rechnet sie mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Das bedeutet: Rezession.
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So verkauft Habeck die schlechten Zahlen
Habeck hat sich eine Strategie überlegt, wie er die schlechten Zahlen verkauft. Er versprüht Optimismus.
Deutschland habe zum Beispiel einen innovativen Mittelstand mit Weltmarktführern und eine vibrierende Start-up-Szene, sagt Habeck. Das ist sein Kommunikationsplan, sein Spin. Es ist ein Vorgeschmack auf seinen Wahlkampf im kommenden Jahr und seine Kampagne als möglicher Kanzlerkandidat der Grünen.
So wird sich Habeck vom politischen Gegner abgrenzen. Er nennt Union oder AfD zwar nicht. Und trotzdem dürfte er vor allem sie meinen, wenn er sagt:
Deutsche Wirtschaftsinstitute prognostizieren für das Jahr 2024 einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Erst ab 2025 könne wieder mit einem Zuwachs gerechnet werden.26.09.2024 | 2:23 min
Wirtschaft soll 2025 wieder wachsen
In Habecks Worten schwingt ein Vorwurf mit. Der Vorwurf, CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel wollten Deutschland schlechtreden, während er selbst die Stärken des Landes betont. "Das müssen sich alle klarmachen im politischen Raum, wessen Geschichte sie eigentlich erzählen", sagt Habeck, "und wessen Lied man an der Stelle singt".
Es ist der Kampf um die Deutungshoheit. Und um die Konzepte aus der Krise. Habeck fordert anders etwa als die Union eine Reform der Schuldenbremse. Und er setzt auf die Wachstumsinitiative der Bundesregierung, die vollständig umgesetzt werden müsse.
Dann, so sagt er, werde die Wirtschaft im kommenden Jahr auch wieder wachsen. Für 2025 rechnet er mit einem Plus von 1,1 Prozent, bisher war er von einem Prozent Wachstum ausgegangen.
Auch in diesem Jahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt schrumpfen – so die Prognose der Bundesregierung. "Es ist keine konjunkturelle Delle, sondern ein wirklich strukturelles Thema, mit dem Deutschland zu kämpfen hat", so Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl. 09.10.2024 | 4:16 min
Experten widersprechen Habecks Optimismus
Das Problem: Experten widersprechen. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung zum Beispiel hält die Prognose für "übermäßig optimistisch". Und Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl sagt im ZDF, Habecks Wachstumsinititive sei "bei weitem nicht ausreichend".
Was also, wenn die Zahlen 2025 nicht besser werden? Wenn das Wirtschaftswachstum ausbleibt? Was bedeutet das für seine Kanzlerkandidatur, wird Habeck gefragt. Eine Antwort auf diese Frage bleibt er schuldig. Kein Kommentar, kein Fußballspruch. Die Strategie ist gewagt. Denn optmistische Worte allein werden im Wahljahr nicht helfen.