Marode Infrastruktur: Was den Windkraftausbau bremst
Immer mehr Schwertransporte:Was den Windkraftausbau bremst
von Peter Böhmer
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Der Ausbau erneuerbarer Energien soll in Deutschland weiter vorangetrieben werden. Bürokratie und marode Infrastruktur stehen dem oft entgegen.
In den kommenden drei Jahren werden 22.000 Schwerlasttransporte allein in NRW erwartet – eine Zunahme, die vor allem auf den Ausbau der Windkraft zurückzuführen ist. Das marode Straßennetz führt jedoch bereits jetzt zu erheblichen Schwierigkeiten beim Transport.28.01.2025 | 2:13 min
Stockfinster ist es, kalt und nass, der Regen prasselt auf ein Feld nahe Lippstadt. Um ein Uhr morgens rollt der erste von mehreren Schwertransportern an, liefert ein Modul für Windkraftanlagen. Arif Doruk, Projektleiter vom Unternehmen SL Windenergie, das hier einen Windpark baut, freut sich:
Das monatelange Warten, die ganzen Vorbereitungen, haben jetzt ein Ende, die ersten Komponenten rollen rein in den Windpark. War schon eine Menge Stress, was jetzt von einem abfällt.
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Arif Doruk, SL Windenergie
Denn Schwertransporte für Windparks sind für die Unternehmen eine nervenaufreibende Angelegenheit mit vielen Unwägbarkeiten, die die Prozesse verzögern und immens verteuern können.
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Hunderte marode Brücken in Nordrhein-Westfalen
Mit den Planungen für die Transporte nach Lippstadt etwa wurde schon im März begonnen. Die Streckenführung ist herausfordernd, denn etliche Straßen und vor allem Brücken sind für Schwerlasttransporte gesperrt, allein in NRW gibt es knapp 1.000 marode Brücken. Dazu kommen Tagesbaustellen, die sich oft erst im Planungsprozess als Problem darstellen.
Die Transporte müssen dann riesige Umwege nehmen, sogar durch andere Bundesländer. Die Bauteile für den Lippstadt-Transport kommen aus Emden und Wilhelmshaven, Anreise durch gleich zwei Bundesländer. Hinzu kommt die Vielzahl der Entscheider: Kommunen, Bezirksregierungen, Landesbehörden, die Autobahn GmbH oder auch die Polizei.
Wer einen eigenen "Straßen-Anteil" an der Streckenführung hat, muss seine Zustimmung für die Nutzung geben. Das können 30 oder 40 Stellen sein. Bis die letzte Genehmigung vorliegt, kann es Monate dauern.
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Das bleibt auch so, sagt Jörg Reißing von Straßen.NRW, die in Nordrhein-Westfalen für die Bundes- und Landesstraßen zuständig sind: "Ja, das System ist kompliziert. Alle vom Fahrweg betroffenen Behörden müssen für ihren Zuständigkeitsbereich prüfen, ist der Transport schadlos möglich."
Und ist dieser Transport auch möglich, ohne den übrigen allgemeinen Verkehr nicht über Gebühr zu beeinträchtigen. An diesem Grundsatz wird man nichts ändern.
Bei SL Windenergie sehen sie das anders und fordern die Schaffung einer zentralen Genehmigungsbehörde für Schwertransporte. Firmenchef Klaus Schulze-Langenhorst, gleichzeitig Vize des Landesverbandes Erneuerbare Energien LEE, sagt: "Dann hätten wir in NRW eine zentrale professionelle Stelle, mit entsprechendem Personal natürlich, die von Anfang bis Ende prüft."
Ich denke, das kann enorme Synergien schaffen.
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Klaus Schulze-Langenhorst, SL Windenergie
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Das Land NRW denkt darüber auch nach, allerdings: "Die Dauer des Verfahrens kann die zentrale Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde nur zum Teil beeinflussen, da die erforderlichen Anhörungen auch bei einer Zentralisierung notwendig sind." Heißt: An den langwierigen Einzelprüfungen vieler unterschiedlicher Behörden würde sich nichts ändern.
Behelfsauffahrten an Autobahnen?
Der LEE hat noch andere Ideen: So sollten in den Windkraftgebieten Mikrokorridore festgelegt werden, die - nur einmal geprüft - für alle Anträge gelten würden. Wenn diese Korridore festgelegt würden, wüsste man, dass die Brücken befahrbar seien und keine plötzlichen Baustellen auftreten würden, sagt Schulze-Langenhorst.
Das muss geprüft werden und damit sind wir dann viel, viel schneller und einfacher unterwegs. Und haben eine enorme personelle Entlastung.
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Klaus Schulze-Langenhorst, SL Windenergie
Auch für die Sperrungen von Autobahnbrücken haben sie eine Idee: Wenn die Schwertransporte Behelfszufahrten an Autobahnen nutzen könnten, könnten Sperrungen umfahren werden.
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Die zuständige Autobahn GmbH des Bundes hat aber 2024 nur 16 solcher temporären Behelfsauffahrten genehmigt - bei tausenden Transporten. "Die Einrichtung solcher Zufahrten ist anspruchsvoll und kann erhebliche Auswirkungen auf den Verkehr haben", sagt die Behörde. "Es ist wichtig zu betonen, dass jede Entscheidung auf einem Abwägungsprozess und einer genauen Prüfung der Sinnhaftigkeit basiert."
Es wird also viel geprüft in Deutschland, ob die Ausbauziele aber so erreichbar sein werden, ist fraglich. Allein in NRW werden in den nächsten Jahren über 20.000 Schwertransporte erwartet - allein für die Windkraft.
Peter Böhmer ist Reporter im ZDF-Studio in Nordrhein-Westfalen.
Quelle: dpa
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