Weltkindertag in Deutschland:Wie steht es um die Kinderrechte?
von Michael Kniess
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Der Weltkindertag soll auf die Rechte von Kindern aufmerksam machen: Wie steht es 2024 um sie und die Chancen von Kindern, sich gut entwickeln zu können? Wo gibt es Nachholbedarf?
Unter dem Motto "Mit Kinderrechten in die Zukunft" feiern das Kinderhilfswerk und UNICEF Deutschland dieses Jahr das 70. Jubiläum des Weltkindertages.
Quelle: dpa
"Kinder an die Macht": Was Herbert Grönemeyer bereits 1986 in seinem gleichnamigen Song forderte, hat auch 38 Jahre später immer noch Bestand. Für diejenigen, die sich für Kinder und ihre Rechte einsetzen, ist das ein gesellschaftliches und politisches Versäumnis zugleich.
UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) fordern die Politik anlässlich des diesjährigen Weltkindertags am 20. September dazu auf, ihre Prioritäten verstärkt auf Kinder und Jugendliche auszurichten.
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Kinderhilfswerk: Es fehlt eine Lobby für Kinder
Mit dem Jubiläum des Weltkindertags, der 2024 zum 70. Mal gefeiert wird, ist für Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des DKHW, ein besonderer Wunsch verbunden: "Ich hoffe, dass der 70. Geburtstag alle in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in besonderer Weise daran erinnert, wie wichtig es ist, ihr Handeln daran auszurichten, dass es den Kindern und Jugendlichen im Land gerecht wird."
Denn es fehle bislang an der entsprechenden Lobby und die Rechte von Kindern würden vor allem eines: unter den Tisch fallen. Aus Sicht von Holger Hofmann ein gesamtgesellschaftliches Problem: "Weder die Klimakrise noch die Konflikte in dieser Welt sind von heute auf morgen zu lösen."
Kinderrechte bisher nicht im Grundgesetz verankert
Dafür sei es nötig, ihre Rechte entsprechend abzusichern. Entscheidend dafür: die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, damit nicht mehr über diese hinweggesehen werden könne. Ein Schritt, der nicht nur aus Sicht des DKHW längst überfällig ist.
Für Professor Jörg Maywald hätte dies weit mehr als nur symbolischen Charakter: "Egal ob im Umwelt-, Bau- oder Ausländer- und Asylrecht: Die Belange und Interessen der Kinder, müssten dann in die politischen und rechtlichen Abwägungen stets miteinbezogen werden." Gerade die Kinder und Jugendlichen seien es schließlich, die mit den Folgen der Entscheidungen von heute am längsten leben müssten.
Der Weltkindertag wurde 1954 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen, um auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder und speziell auf die Kinderrechte aufmerksam zu machen. Er wird in über 145 Staaten der Welt begangen. Es gibt kein einheitliches Datum, in Deutschland findet er jedes Jahr am 20. September statt. 2024 feiert der Weltkindertag sein 70. Jubiläum. UNICEF Deutschland und das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) fordern anlässlich des diesjährigen Weltkindertags die Politik unter dem Motto "Mit Kinderrechten in die Zukunft" dazu auf, ihre Prioritäten verstärkt auf Kinder und Jugendliche auszurichten.
Aus Sicht des Experten für Kinderrechte und Kinderschutz an der Fachhochschule Potsdam, der 20 Jahre Sprecher im Netzwerk der UN-Kinderrechtskonvention war, ein wichtiger Fortschritt im Sinne der Generationengerechtigkeit. Einer, der allerdings auf sich warten lässt. Bereits dreimal war und ist das Thema "Kinderrechte ins Grundgesetz" Teil von Koalitionsverträgen, auch in dem der regierenden Ampel-Koalition. Die Umsetzung ist jedoch bislang immer an einer gemeinsamen Formulierung gescheitert.
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Forderung nach mehr Beteiligung und Mitsprache
Ebenfalls nach wie vor nur eine Forderung: die Absenkung des Wahlalters und damit verbunden ein Mehr an politischer Bildung und Demokratieerziehung als wünschenswerter Nebeneffekt.
Im Blick hat er zudem die fehlenden Beteiligungsmöglichkeiten: "Kinder und Jugendliche sehen zwar, dass sie an vielen Stellen vielleicht gefragt, aber nicht unbedingt gehört werden. Wir haben als Gesellschaft leider immer noch nicht wirklich erkannt, dass Kinder und Jugendliche Expertinnen und Experten für ihre Lebenswelt sind."
Kinderrechte: Ein Bohren dicker Bretter
Der Soziologe, Pädagoge und Hochschullehrer Jörg Maywald will den Weltkindertag auch nutzen, um auf die Kinder aufmerksam zu machen, die in mehrerlei Hinsicht abgehängt sind:
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Neben einer ausreichenden Kindergrundsicherung brauche es deshalb eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung von Kitas, Schulen, Freizeit- sowie Sporteinrichtungen.
Der derzeitige Zustand vieler besagter Einrichtungen zeige vor allem eines: Die Bemühungen, damit sich Kinder gut entwickeln und ihr Leben gestalten können, ist ein Bohren dicker Bretter. Allein das Recht auf gewaltfreie Erziehung hat 20 Jahre gebraucht, bis es schließlich 2000 eine Mehrheit im Deutschen Bundestag gefunden hat.
Quelle: ZDF
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