Weidel tappt in KI-Falle von AfD-Parteifreund

    Erfundene Erklärung von Faeser:Weidel tappt in KI-Falle von AfD-Parteifreund

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
    |

    AfD-Chefin Weidel ist auf eine gefälschte Pressemitteilung hereingefallen - die ausgerechnet ein parteiinterner Gegenspieler erstellt hatte. Der Vorfall sorgt für Empörung.

    Alice Weidel, Bundessprecherin der AfD, spricht während des AfD-Landesparteitags in der Rottweiler Stadthalle zu Parteimitgliedern.
    AfD-Chefin Alice Weidel: "Eine Schande ist das, widerwärtig." (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Die Stimmung in der Stadthalle von Kirchheimbolanden ist aufgeheizt. Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel am Rednerpult empört sich lautstark: "Eine Schande ist das, widerwärtig!", schimpft sie, unter dem frenetischen Applaus des Publikums.
    Grund für Weidels Empörung: Eine angebliche Stellungnahme der Bundesinnenministerin Nancy Faeser zum Anschlag in Mannheim eines afghanischen Geflüchteten auf den Islamkritiker Michael Stürzenberger. Dabei war auch ein Polizist schwer verletzt worden, er verstarb am Sonntag.
    Weidel zitiert aus der vermeintlichen Pressemitteilung des Ministeriums, in der es heißt, Faeser appelliere an die Öffentlichkeit, das Video nicht weiter zu verbreiten, weil es die Persönlichkeitsrechte von Täter und Opfer verletze. Zudem könne das Video extremistischen Gruppen, und "insbesondere der AfD in die Hände spielen".
    Ausschnitt aus der Weidel-Rede von Kirchheimbolanden
    Ein Klick für den Datenschutz
    Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
    Datenschutzeinstellungen anpassen

    Fake-Pressemitteilung mit ChatGPT erstellt

    Das Problem: Eine solche Pressemitteilung des Innenministeriums hat es nie gegeben. Was Weidel in Kircheimbolanden vorlas, war ein KI-generierter Fake, also frei erfunden - und zwar ausgerechnet von einem AfD-Kollegen: Reimond Hoffmann, Schriftführer im AfD-Landesverband Baden-Württemberg, hatte den Text mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz ChatGPT erstellen lassen. Er gab vor "der Regierung helfen" zu wollen: "Deshalb habe ich eine Pressemitteilung mit ChatGPT für Nancy Faeser geschrieben. Gerne als Vorlage für Mannheim", postete Hoffmann bei X.
    Hoffmanns Vorgaben wurden von der KI exakt umgesetzt. Er legte zwar noch einen grauen Schriftzug "Satire" wie ein Wasserzeichen über den Text - doch Weidel fiel das offenbar nicht auf. Sie nahm die Fantasie-Pressemitteilung für bare Münze.
    Reimond Hoffmann, X-Post
    Posting von Reimond Hoffmann bei X (Screenshot)
    Quelle: X/Reimond Hoffmann

    Weidel gibt Fehler zu

    Als der Schwindel aufflog, verschickte sie über X eine Erklärung, in der sie zugab: "Da sind wir bei der Recherche einem Fake aufgesessen, was uns sehr leid tut." Der Tenor bleibe jedoch richtig, so Weidel: Faeser brüste sich damit, schon immer vor solchen Tätern gewarnt zu haben, lasse sie aber "trotzdem unbehelligt gewähren". Daher sei sie "in diesem Amt fehl am Platz."
    Im offiziellen AfD-Kanal bei Youtube sind die Szenen aus Kirchheimbolanden nicht mehr verfügbar. Aber Kopien des Videos kursieren weiter auf verschiedenen Plattformen, unter anderem bei Youtube oder TikTok - mit teilweise Hunderttausenden Aufrufen und Tausenden empörten Kommentaren.
    Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD zur Europawahl, spricht bei einer Wahlveranstaltung in einem Gasthaus vor einem Kruzifix
    Mitten im Europawahlkampf belasten Vorwürfe und Ermittlungen die AfD. Im Zentrum steht ihr Spitzenkandidat Maximilian Krah. Doch die Parteispitze gibt sich gelassen.25.05.2024 | 1:54 min

    Ministerium reagiert ebenfalls empört

    Die Empörung gilt aber meist nicht der Tatsache, dass Weidel ein erfundenes Statement verbreitete, sondern der Innenministerin: "Faeser gehört sofort entlassen und vor Gericht", schreibt ein AfD-Anhänger bei Youtube, ein anderer fordert bei TikTok die Todesstrafe für sie.
    Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf interne Spannungen in der AfD: Hoffmann gehört zum Lager von Gegnern Weidels. Seinetwegen kam es im Februar beim Sonderparteitag in Rottweil sogar zu Tumulten: Hoffmann wollte die Veranstaltung direkt zu Beginn abbrechen lassen - offenbar, um zu verhindern, dass die Weidel-nahe Führungsspitze der AfD in Baden-Württemberg wiedergewählt werden kann. Das misslang. Ausgerechnet er lieferte jetzt den Anlass für eine Blamage der Parteichefin.
    Faesers Ministerium reagierte am Sonntag seinerseits empört: "Wir wenden uns entschieden gegen Desinformation und gegen die Instrumentalisierung der furchtbaren Gewalttat in Mannheim", hieß es in einem Statement bei X. Trotz Korrektur verbreite sich die Falschinformation weiter.
    Thüringen, Gera: Gelbe Wahlurnen mit der Aufschrift "Gera wählt" stehen im Wahllokal in der Realschule "Otto Dix".
    Nach den Kommunalwahlen in Thüringen liefern sich CDU und AfD ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Mit 26,5 Prozent laut Zwischenergebnis schneidet die AfD weniger stark ab als zuvor erwartet, die CDU liegt bisher mit 27,5 Prozent knapp vorne.27.05.2024 | 2:00 min

    Panne kommt für AfD zur Unzeit

    Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, sagte am Sonntag, das "Fantasieren in der AfD" werde immer absurder. "Ich finde es bitter und nur noch peinlich, dass Alice Weidel auf ein selbst erdachtes Statement hereingefallen ist."
    Der Vorfall kommt für die AfD zur Unzeit. Eine Woche vor der Europawahl schwächelt die Partei in den Umfragen, bei der Kommunalwahl in Thüringen blieb der von vielen erwartete Siegeszug aus. Grund sind wohl vor allem die Skandale der Spitzenkandidaten Krah und Bystron.

    Mehr zu AfD