So soll der neue Wehrdienst aussehen

    Pistorius stellt Pläne vor:So soll der neue Wehrdienst aussehen

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Neuer Wehrdienst: Künftig müssen alle jungen Männer einen Fragebogen ausfüllen, im Anschluss kann eine Musterung stehen. Das sind die Pläne von Verteidigungsminister Pistorius.

    Pistorius zur Wehrpflicht
    Kriegstüchtig will Pistorius die Bundeswehr machen- mit mehr Soldaten. Sein Konzept sieht einen "Auswahlwehrdienst" vor, der auf Freiwilligkeit setzt.12.06.2024 | 1:58 min
    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat in Berlin seine Pläne für einen neuen Wehrdienst vorgestellt. Hintergrund ist laut Pistorius "eine neue Bedrohungssituation." Russland habe nicht nur die Ukraine angegriffen, auch verbale Attacken gegen andere Staaten nähmen zu. Pistorius sagt:

    Nach Einschätzung aller internationalen Militärexperten muss man davon ausgehen, dass Russland ab 2029 in der Lage sein wird, militärisch einen Nato-Staat oder einen Nachbarstaat anzugreifen.

    Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister (SPD)

    Deswegen müsse Deutschland Aggressoren abschrecken, so dass diese Nato-Territorium gar nicht erst angreifen würden. Deswegen werde die Bundeswehr besser ausgestattet. Es brauche auch eine "stabile Reserve" von Soldatinnen und Soldaten, Pistorius nannte die Zahl 200.000.
    Diskussion um Wehrpflicht
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    Online-Fragebogen für Männer geplant

    Um diese Ziele zu erreichen soll auch ein neuer Wehrdienst eingeführt werden, Pistorius spricht von einem "Auswahlwehrdienst". Dieser soll auf Freiwilligkeit setzen, "im Bedarfsfall aber auch verpflichtende Elemente" beinhalten.
    Geplant sind:
    • Ein Grundwehrdienst von sechs Monaten
    • Dieser kann freiwillig um bis zu 17 Monate verlängert werden
    • Frauen und Männer werden online angeschrieben, wenn sie 18 Jahre alt sind
    • Männer müssen einen Fragebogen ausfüllen und ihn zurücksenden
    • Frauen können den Fragebogen ausfüllen und zurücksenden, sind dazu aber nicht verpflichtet.
    Pistorius rechnet damit, dass 400.000 junge Männer angeschrieben werden, davon dürften 100.000 ihre Bereitschaft erklären. Die Bundeswehr entscheidet dann, wer zu einer Musterung eingeladen wird. Zur Musterung dürften laut Pistorius dann 40.000 bis 50.000 kommen - auch das verpflichtend.

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    Bundeswehr fehlen Soldatinnen und Soldaten

    Nach der Musterung wählt die Bundeswehr dann "die Geeignetsten und Motiviertesten" aus. "Es erfolgt also eine Auswahl nach Qualitätskriterien", heißt es in einem entsprechenden Papier des Ministers, das ZDFheute vorliegt.
    Pistorius geht davon aus, dass mit seinem Konzept jedes Jahr 5.000 zusätzliche Soldaten für die Bundeswehr zur Verfügung stehen werden. Ziel sei, diese Zahl jedes Jahr noch zu steigern.
    Das sei auch dringend nötig, sagt ZDF-Korrespondent Thomas Reichart. Schließlich habe die Bundeswehr etwa 181.000 Soldatinnen und Soldaten, anvisiert seien aber etwa 22.000 mehr.
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    Als Belohnung gibt es den Führerschein

    Laut Verteidigungsministerium führt das neue Modell dazu, dass sich "viele junge Menschen zum ersten Mal mit der Frage befassen, ob sie nach der Schule einen Wehrdienst leisten möchten". Das Ministerium geht davon aus, dass sich "viele junge Männer und Frauen freiwillig melden".
    Helfen sollen dabei auch Anreize. Wer den Wehrdienst länger als sechs Monate leiste, könne zum Beispiel seinen Führerschein bei der Bundeswehr machen. Das sei aber nicht als "Goodie" zu verstehen, so Pistorius: "Das ist im Grunde angelehnt an das, was die Schweden machen."
    Langfristig benötige die Bundeswehr sogar rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten, davon rund 200.000 aktive und eine entsprechende Reserve. Sollten nicht genügend Freiwillige zusammenkommen, schließt Pistorius auch eine Pflicht nicht aus.

    Högl will auch Frauen verpflichten

    Bei der größten Oppositionspartei CDU stoßen die Pläne grundsätzlich auf Zustimmung. Allerdings fordert Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul die Wehrpflicht auch für Frauen. Er sagt im ZDF Morgenmagazin: "Ich glaube, dass wir zwischen den Geschlechtern keine Unterscheidung mehr machen können in der heutigen Zeit."
    Ähnliche Bedenken äußert auch die Wehrbeauftragte Eva Högl. Sie fordert im Gespräch mit ZDFheute eine Änderung des Grundgesetzes und kritisiert:

    Es ist nicht mehr zeitgemäß, nur junge Männer anzusprechen. In die Bundeswehr gehören alle Geschlechter, auch Frauen wollen ihren Beitrag leisten.

    Eva Högl, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages (SPD)

    Den Vorstoß von Minister Pistorius begrüße sie aber ausdrücklich. Das Aussetzen der Wehrpflicht 2011 habe sie "für einen Fehler gehalten". Aber das sei jetzt vergossene Milch, jetzt brauche man mehr Personal. "Wir brauchen Stuben, wir brauchen Ausbilder, wir brauchen Geräte. Das wird eine Zeitlang viel Geld kosten."
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