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Pistorius stellt Pläne vor:So soll der neue Wehrdienst aussehen
von Dominik Rzepka
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Neuer Wehrdienst: Künftig müssen alle jungen Männer einen Fragebogen ausfüllen, im Anschluss kann eine Musterung stehen. Das sind die Pläne von Verteidigungsminister Pistorius.
Kriegstüchtig will Pistorius die Bundeswehr machen- mit mehr Soldaten. Sein Konzept sieht einen "Auswahlwehrdienst" vor, der auf Freiwilligkeit setzt.12.06.2024 | 1:58 min
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat in Berlin seine Pläne für einen neuen Wehrdienst vorgestellt. Hintergrund ist laut Pistorius "eine neue Bedrohungssituation." Russland habe nicht nur die Ukraine angegriffen, auch verbale Attacken gegen andere Staaten nähmen zu. Pistorius sagt:
Deswegen müsse Deutschland Aggressoren abschrecken, so dass diese Nato-Territorium gar nicht erst angreifen würden. Deswegen werde die Bundeswehr besser ausgestattet. Es brauche auch eine "stabile Reserve" von Soldatinnen und Soldaten, Pistorius nannte die Zahl 200.000.
Die Bundeswehr braucht mehr Personal und eine gut ausgebildete Reserve. Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage soll es eine neue Form des Wehrdienstes geben.12.06.2024 | 2:27 min
Online-Fragebogen für Männer geplant
Um diese Ziele zu erreichen soll auch ein neuer Wehrdienst eingeführt werden, Pistorius spricht von einem "Auswahlwehrdienst". Dieser soll auf Freiwilligkeit setzen, "im Bedarfsfall aber auch verpflichtende Elemente" beinhalten.
Geplant sind:
- Ein Grundwehrdienst von sechs Monaten
- Dieser kann freiwillig um bis zu 17 Monate verlängert werden
- Frauen und Männer werden online angeschrieben, wenn sie 18 Jahre alt sind
- Männer müssen einen Fragebogen ausfüllen und ihn zurücksenden
- Frauen können den Fragebogen ausfüllen und zurücksenden, sind dazu aber nicht verpflichtet.
Pistorius rechnet damit, dass 400.000 junge Männer angeschrieben werden, davon dürften 100.000 ihre Bereitschaft erklären. Die Bundeswehr entscheidet dann, wer zu einer Musterung eingeladen wird. Zur Musterung dürften laut Pistorius dann 40.000 bis 50.000 kommen - auch das verpflichtend.
Wehrpflicht: Die Haltung in den Parteien
Die CDU fordert eine schrittweise Wiedereinführung der Wehrpflicht im Rahmen eines "verpflichtenden Gesellschaftsjahres". Eine entsprechende Forderung fand auf Drängen der Jungen Union Eingang in das neue Grundsatzprogramm. Dort heißt es: "Wir werden die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen und die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen." Zur Stärkung der Personaldecke fordert die CDU bis zur Umsetzung dieses Vorhabens die Einführung einer sogenannten Kontingentwehrpflicht: Dazu solle die Bundeswehr zunächst ihren Personalbedarf melden. Nach der Musterung eines Jahrgangs werde dann nur eingezogen, wer zur Deckung des Bedarfs auch gebraucht werde, wie JU-Vorsitzende Johannes Winkel erläuterte.
Zustimmung zum CDU-Beschluss kommt aus der CSU: "Das Bekenntnis zur Wehrpflicht ist ein wichtiges Bekenntnis zur Stärkung der Bundeswehr", sagte Parteichef Markus Söder. Dies gelte auch mit Blick darauf, jungen Menschen "wieder eine stärkere Bindung zu unserem demokratischen Rechtsstaat zu geben". In der ZDF-Sendung Markus Lanz bezeichnete er eine Wehrpflicht als "sinnvoll" und sprach sich für einen Dienst von mindestens sieben Monaten aus. Eine Verpflichtung für Frauen lehnte er aber ab.
Zustimmung zum CDU-Beschluss kommt aus der CSU: "Das Bekenntnis zur Wehrpflicht ist ein wichtiges Bekenntnis zur Stärkung der Bundeswehr", sagte Parteichef Markus Söder. Dies gelte auch mit Blick darauf, jungen Menschen "wieder eine stärkere Bindung zu unserem demokratischen Rechtsstaat zu geben". In der ZDF-Sendung Markus Lanz bezeichnete er eine Wehrpflicht als "sinnvoll" und sprach sich für einen Dienst von mindestens sieben Monaten aus. Eine Verpflichtung für Frauen lehnte er aber ab.
"Ganz ohne Pflicht wird es beim Wehrdienst nicht gehen", sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius. Die Spitze seiner Partei formuliert das etwas anders: Zur Personalgewinnung setze er "vor allem auf Freiwilligkeit", erklärte SPD-Chef Lars Klingbeil jüngst im "Tagesspiegel". Ziel sei es, mehr Anreize zu schaffen - etwa "Vorteile für ein Studium oder für den Führerschein". Co-Chefin Saskia Esken sagte den Funke-Medien: Freiwilligkeit sei auch mit Blick auf "ein Engagement bei der Bundeswehr und der damit einhergehenden großen Verantwortung für die Sicherheit Deutschlands das richtige Prinzip". Zurückhaltend über eine Pflicht zum Wehrdienst äußerte sich zuletzt auch Kanzler Olaf Scholz.
Bei den Grünen äußert man sich ablehnend zu einer Wehrpflicht. Er glaube nicht, dass sie gebraucht werde, sagte unlängst Parteichef Omid Nouripour. Dass eine Wehrpflicht automatisch zu mehr Personal führen werde, "das sehe ich nicht". Vielmehr sei seine Partei der Meinung, "dass die Wehrpflicht zu mehr Kosten führe und die Wehrfähigkeit nicht zwingend steigere". Die Co-Chefin der Grünen Jugend, Svenja Appuhn, wandte sich bereits gegen eine Musterungspflicht. Damit werde "Tür und Tor" für eine Wehrpflicht geöffnet, sagte sie der dpa. "Das lehnen wir ab."
Auch die FDP wendet sich gegen eine Rückkehr zur Wehrpflicht. "Die dafür nötigen Ressourcen an Geld, Infrastruktur und Ausbildung müssen eingesetzt werden, um die Freiwilligenarmee besser zu machen und unsere Reservisten zu stärken", sagte Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der "Welt am Sonntag". Eine Wehrpflicht sei eher ein Hindernis, die Bundeswehr zur "modernsten und professionellsten Armee des Kontinents" zu machen. Nötig sei vielmehr eine stärkere Einbindung der aktuell etwa 900.000 Reservistinnen und Reservisten. Bundesjustizminister Marco Buschmann führt zudem verfassungsrechtliche Bedenken an: Knackpunkt sei die Wehrgerechtigkeit, denn die könne praktisch nicht gewährleistet werden. "Keiner geht zurzeit davon aus, dass alle Männer eines Jahrgangs rekrutiert werden."
Die AfD fordert in ihrem Grundsatzprogramm, den Grundwehrdienst "für alle männlichen deutschen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren" wieder einzusetzen. Die Aufstockung des Personals sei eine der größten Herausforderungen, heißt es auch im Europawahlprogramm. Dazu müsse die Aussetzung der Wehrpflicht "wieder rückgängig" gemacht werden.
"Nein zu Wehrpflicht", heißt es bei der Linken: Laut Vorstandsbeschluss lehnt die Partei auch eine verpflichtende Musterung ab. Diese sei eine "vorbereitende Maßnahme zur Wiedereinführung einer Wehrpflicht". Es bestehe "keine reale Gefährdungslage", die derartige Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht junger Menschen rechtfertige, heißt es zur Begründung.
Quellen: dpa, AFP, Reuters
Quellen: dpa, AFP, Reuters
Bundeswehr fehlen Soldatinnen und Soldaten
Nach der Musterung wählt die Bundeswehr dann "die Geeignetsten und Motiviertesten" aus. "Es erfolgt also eine Auswahl nach Qualitätskriterien", heißt es in einem entsprechenden Papier des Ministers, das ZDFheute vorliegt.
Pistorius geht davon aus, dass mit seinem Konzept jedes Jahr 5.000 zusätzliche Soldaten für die Bundeswehr zur Verfügung stehen werden. Ziel sei, diese Zahl jedes Jahr noch zu steigern.
Das sei auch dringend nötig, sagt ZDF-Korrespondent Thomas Reichart. Schließlich habe die Bundeswehr etwa 181.000 Soldatinnen und Soldaten, anvisiert seien aber etwa 22.000 mehr.
"Alle drei - SPD, Grüne und FDP - betonen, dass es ein freiwilliger Dienst sein müsse", Pistorius aber poche auf einen verpflichtenden Anteil, so ZDF-Korrespondent Thomas Reichart.12.06.2024 | 2:59 min
Als Belohnung gibt es den Führerschein
Laut Verteidigungsministerium führt das neue Modell dazu, dass sich "viele junge Menschen zum ersten Mal mit der Frage befassen, ob sie nach der Schule einen Wehrdienst leisten möchten". Das Ministerium geht davon aus, dass sich "viele junge Männer und Frauen freiwillig melden".
Helfen sollen dabei auch Anreize. Wer den Wehrdienst länger als sechs Monate leiste, könne zum Beispiel seinen Führerschein bei der Bundeswehr machen. Das sei aber nicht als "Goodie" zu verstehen, so Pistorius: "Das ist im Grunde angelehnt an das, was die Schweden machen."
Langfristig benötige die Bundeswehr sogar rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten, davon rund 200.000 aktive und eine entsprechende Reserve. Sollten nicht genügend Freiwillige zusammenkommen, schließt Pistorius auch eine Pflicht nicht aus.
Högl will auch Frauen verpflichten
Bei der größten Oppositionspartei CDU stoßen die Pläne grundsätzlich auf Zustimmung. Allerdings fordert Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul die Wehrpflicht auch für Frauen. Er sagt im ZDF Morgenmagazin: "Ich glaube, dass wir zwischen den Geschlechtern keine Unterscheidung mehr machen können in der heutigen Zeit."
Ähnliche Bedenken äußert auch die Wehrbeauftragte Eva Högl. Sie fordert im Gespräch mit ZDFheute eine Änderung des Grundgesetzes und kritisiert:
Den Vorstoß von Minister Pistorius begrüße sie aber ausdrücklich. Das Aussetzen der Wehrpflicht 2011 habe sie "für einen Fehler gehalten". Aber das sei jetzt vergossene Milch, jetzt brauche man mehr Personal. "Wir brauchen Stuben, wir brauchen Ausbilder, wir brauchen Geräte. Das wird eine Zeitlang viel Geld kosten."
CDU-Politiker Johann Wadephul fordert die Wehrpflicht auch für Frauen. Man könne in der heutigen Zeit "zwischen den Geschlechtern keine Unterscheidung mehr machen", sagt er im ZDF.12.06.2024 | 5:14 min
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