Kriegs- und Krisenspiele:Wie Nato-Offiziere mit "Wargames" üben
von Sven Rieken
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Schon preußische Offiziere übten strategisches Denken mit Brettspielen. In der Ausbildung von Nato-Offizieren sind "Wargames" noch immer der Schlüssel zur Problemlösung.
Wer bei "Cyber Wargame" zu viel pokert, löst einen IT-Krieg aus.
Quelle: ZDF
Ein deutscher Oberstleutnant und sein italienischer Kollege sitzen sich gegenüber. Beide schauen auf ein Brett, das auch in einem Spielcasino liegen könnte: Geldchips mit Bitcoin-Logo, große und kleine Zylinder und Spielkarten liegen auf dem Tisch. Das Spielfeld besteht aus zwei Halbkreisen, die durch ein Geflecht aus Zahlenkolonnen verbunden sind, alles erinnert an die Matrix-Trilogie.
Offiziere sollen problemorientiertes Denken üben
Vor dem italienischen Offizier steht eine Landesbezeichnung - er spielt "Russland". Seine Würfel entscheiden: Hacker greifen die Gaskraftwerke des Oberstleutnants gegenüber an - vor ihm steht das Schild "Deutschland".
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"Wir nennen diese Gedankensimulationen 'Wargame'", erläutert Konteradmiral Ralf Kuchler. Der Marine-Offizier ist Kommandeur der Führungsakademie, in deren Lehrgängen sogenannte Wargames Teil der Ausbildung sind. "Die Spieler bekommen eine Aufgabe und müssen einen Plan entwickeln, um diese Aufgabe zu lösen", sagt Kuchler.
Die Offiziere müssen dann auf Einflüsse von außen reagieren und immer wieder hinterfragen, ob die eigene Strategie die richtige ist.
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Konteradmiral Ralf Kuchler, Kommandeur der Führungsakademie
Es gehe bei den strategischen Wargames also nicht um das konkrete Szenario, fügt er hinzu, sondern um problemorientiertes Denken. "Es versetzt sie in die Lage, das eigene Planen kritisch zu hinterfragen, und es gibt ein größeres Maß an Handlungsfähigkeit."
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Wargame "Hydra" soll Sinne schärfen
Diese Art der Ausbildung findet an vielen Offiziersschulen der Nato statt. Die Spiele-Entwickler treffen sich derzeit im Rahmen der "Wargame Initiative for Nato" (WIN24) in Hamburg.
Oberstleutnant Michael W. hat "Hydra" mitentwickelt. Wir haben derzeit auch in Deutschland jeden Tag hybride Angriffe, erläutert er. "Ob es IT-Angriffe sind, Fake-News, die gepostet werden. Alles gehört zusammen." Das Thema sei gesellschaftlich relevant, deswegen richte sich das Spiel nicht nur an Angehörige der Bundeswehr, sondern auch Behörden oder Firmen, etwa im Hamburger Hafen.
Hydra ist ein hybrides Spiel, eine Mischung aus Brett- und Tabletgame. "Es soll," erklärt Waedt an einem Tablet, "die Sinne schärfen, welche verschiedenen Einzelereignisse vielleicht doch zu einem großen Plan gehören".
Das Spielbrett des Spiels "Commander Task Force Baltic".
Quelle: ZDF
Virtuell im Puma-Schützenpanzer
Das Nato-Wargame-Treffen findet erstmals in der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg statt. Im Erdgeschoss ist gleichzeitig der Ausbildungskongress der Bundeswehr. Von Medizin-App bis Panzer-Simulator sollen die verschiedenen Bereiche der Bundeswehr lernen, wie die anderen Bereiche lehren.
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So sitzt Marine-Offizier W., Student an der Uni, gerade in einem Puma-Schützenpanzer. Die VR-Brille lässt ihn erahnen, wie eng es in dem kleinen Panzer wirklich ist und wie schwierig die Sicht nach draußen ist.
Bereit für den Indo-Pazifik
"Wir haben in Eckernförde auch solche Simulatoren", erzählt er, "aber irgendwie sind die bequemer." Danach geht der junge Student wieder in den zweiten Stock zu den Wargames. Zusammen mit einem italienischen Kapitän zur See starten er und zwei weitere deutsche Offiziere eine Runde "Commander Task Force Baltic". Ein Brettspiel, das wie eine Seekarte auf einem beleuchteten Tisch ausgerollt wird.
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Das Besondere dabei: Die Seekarte unter den Spielfiguren können die Spieleentwickler aus Kiel austauschen. "So haben die Marine-Schiffe, die derzeit im Indopazifik Präsenz zeigen sollen, das gleiche Spiel mit der Seekarte rund um Taiwan bekommen", erläutert Korvettenkapitän Marco K.
Damit lernen die Soldatinnen und Soldaten schon während der Überfahrt das Seegebiet kennen.
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Marco K., Korvettenkapitän
Die große Beteiligung an dem Nato-Treffen in Hamburg zeigt zudem, dass die Bundeswehr damit - 200 Jahre nachdem preußische Offiziere das erste Spiel entwickelten - einen Trend gesetzt hat.
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