Wahlen in Sachsen und Thüringen: War es das mit der Ampel?
Analyse
Wahl in Sachsen und Thüringen:War es das jetzt mit der Ampel in Berlin?
von Dominik Rzepka
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Die Ampel-Parteien bekommen bei der Wahl in Sachsen zusammen nur etwa 14 Prozent, in Thüringen nur etwa zehn. SPD, Grüne und FDP liegen am Boden - die Ampel in Berlin jetzt auch?
Die schlechten Ergebnisse der Ampel-Parteien bei den Landtagswahlen im Osten beherrschen die politische Tagesordnung in Berlin. Zunächst gibt es keine Konsequenzen für den Bund. 02.09.2024 | 1:38 min
Zehn Prozent. Man muss es vielleicht einmal ausschreiben. SPD etwa sechs. Grüne etwa dreieinhalb. Und die FDP nur noch etwas mehr als ein Prozent. Die drei Ampel-Parteien kommen bei der Landtagswahl in Thüringen zusammen auf zehn Prozent.
So ein Ergebnis hat es für die Parteien einer Bundesregierung noch nie bei Landtagswahlen gegeben, sagt Politkwissenschaftler Karl-Rudolf Korte. Von einem "Requiem für die Ampel" redet AfD-Chefin Alice Weidel im ZDF. Und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann verweist darauf, dass die CDU nun etwa doppelt so stark sei wie die Ampel-Parteien zusammen:
Etablierte Parteien würden für eine Mehrheit der Menschen keine Antworten mehr liefern, analysiert Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen.01.09.2024 | 1:10 min
Kühnert und Nouripour streiten schon wieder
Es ist ein Beben, das bis nach Berlin reicht. Kevin Kühnert, sichtlich angeschlagener SPD-Generalsekretär, kündigt am Abend in der ZDF-Wahlsendung Konsequenzen an. Seine Partei werde sich jetzt stärker emanzipieren, sagt Kühnert. Eine andere Körperhaltung annehmen. Und sich auch "nicht mehr auf der Nase herumtanzen lassen von anderen, die krachend aus den Landtagen rausgewählt worden sind."
Wie bitte? Hat Kühnert da gerade live im Fernsehen den Bruch der Koalition angekündigt? "Na, dann hätten wir jetzt hier Fernsehgeschichte geschrieben, wenn wir das auf dem Weg gemacht hätten", sagt er. Und stellt sicherheitshalber klar:
Doch es dauert keine 30 Minuten, da kritisiert Grünen-Chef Omid Nouripour das Interview Kühnerts: "Das ist genau dieser Umgangston, der nicht hilft", sagt er. Und räumt ein, dass die Stilnoten der Ampel "relativ schlecht" seien.
Die SPD habe verhindern können, aus den Landtagen rauszufallen, sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Das Ergebnis sei jedoch kein Grund zur Freude.01.09.2024 | 6:12 min
Kubicki deutet Ampel-Aus an
Das ist noch diplomatisch ausgedrückt. Denn der Streit in der Ampel ist zum Muster der Koalition geworden. Beispiel Haushalt: Anfang Juli hatte die Ampel eine Einigung im Haushaltsstreit verkündet. Doch nur kurz darauf war die Einigung wieder hinfällig. Der Streit wurde auch zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) ausgefochten.
Kurz darauf provozierte die FDP gleich beide Koalitionspartner. Forderte kostenloses Parken in Innenstädten - ein Angriff auf die Grünen. Und die Senkung des Bürgergelds - ein Angriff auf die SPD.
Und so ist es am Wahlabend eine Stimme aus der FDP, die indirekt ein Ende der Ampel fordert. FDP-Politiker Wolfgang Kubicki schreibt:
Bei jungen Wählern gab es einen großen Gewinner: die AfD, so Stefan Leifert vom ZDF-Politbarometer. Die Wahlbeteiligung war bemerkenswert hoch – in Sachsen ein "Rekordwert".01.09.2024 | 1:06 min
Korte rechnet nicht mit Ampel-Bruch
Es klingt fast nach Neuwahlen. Vor knapp 20 Jahren hat schon einmal eine Schlappe bei Landtagswahlen genau dazu geführt, nach der Niederlage der SPD in Nordrhein-Westfalen. Das aber dürfte im Moment für alle drei Koalitionspartner ein Risiko darstellen. Die FDP, die in einer Hochrechnung für Sachsen bei 0,9 Prozent liegt, könnte aus dem Bundestag fliegen.
Und die SPD hat erkennbar ein Kandidaten-Problem. Denn der Kanzler ist unbeliebt wie nie und nach diesen Wahlen noch weiter geschwächt. Dennoch rechnet Politikwissenschaftler Korte nicht mit einem Bruch der Koalition. Wohl aber mit einer Art Abwehrkampf der Ampel bis zur nächsten Bundestagswahl:
85 Jahre nach dem Beginn des zweiten Weltkriegs sei "der Schulterschluss der Demokraten" nötig, so ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten im Kommentar zu den Wahlergebnissen. 01.09.2024 | 2:13 min