TV-Duell Scholz gegen Merz: Auf die Rhetorik kommt es an

    TV-Duell: Scholz gegen Merz:Auf diese drei Rhetorik-Punkte kommt es an

    von Klara Keuthen
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    Kanzler Olaf Scholz trifft am Abend im TV-Duell auf seinen Herausforderer Friedrich Merz. Wer rhetorisch überlegen und wer glaubwürdiger ist, zeigt sich an drei Punkten.

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    90 Minuten Streit: Das sollte Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) beim TV-Duell nicht passieren. Es ginge schließlich nicht darum, den Kontrahenten zu überzeugen, sagt Olaf Kramer, Professor für Rhetorik der Universität Tübingen. Sich bei so einem Duell nicht in emotionale Kämpfe mit dem Gegner verleiten zu lassen, sei da gar nicht so einfach. Es geht schließlich um Wählerstimmen.
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    Welche rhetorischen Mittel beliebt sind

    Genau deshalb üben die Kandidaten im Vorfeld Aussagen, die sie unbedingt anbringen wollen. Auswendig gelernte Formulierungen müssten dabei nicht immer negativ sein, erklärt Kramer. Im Gegenteil: Wiederkehrende Phrasen könnten programmatischen Schwerpunkten des jeweiligen Wahlkampfes eine Konstanz verleihen und zeigen, dass man gut vorbereitet sei.
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    Wenn wiederkehrende Formulierungen allerdings zu bloßen Leerformen oder sogar populistischen Phrasen würden, rücken diese den Kandidaten in ein negatives Licht.

    Wenn die Antwort zu einfach ist und das Versprechen zu groß, gibt es durchaus Anlass misstrauisch zu sein.

    Prof. Dr. Olaf Kramer, Lehrstuhl für Rhetorik und Wissenskommunikation Universität Tübingen

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    Ein besonders wirkungsvolles rhetorisches Mittel, um Aussagen des Wahlkampfes zu untermauern seien Selbstoffenbarungen, erklärt Kramer. Also Aussagen, bei denen die Kandidaten darstellen, welche Aspekte aus bestimmten Gründen auch persönlich für sie wichtig sind. Dadurch bekomme man als Zuschauer das Gefühl, die Politiker auch privat kennenzulernen, sagt der Rhetorik-Experte.


    Glaubwürdigkeit prüfen

    Ein relativ einfaches Indiz für Ehrlichkeit, erklärt Olaf Kramer, sei die spontane Anwendung von wahlkampfrelevanten Themen: Können die Kandidaten ihre Themen souverän mit Beispielen stützen oder wiederholen sie nur ihre Forderungen?
    Wichtiger noch für die Glaubwürdigkeit seien bisherige Erfahrungen mit den Kandidaten. Zum Beispiel habe Olaf Scholz in letzter Zeit sein Bild als reservierten, "abgetauchten Kanzler" geprägt, ließ Führung vermissen.

    Scholz' Herausforderung wird sein, glaubhaft zu zeigen, dass er in der Lage ist, die Republik durch Krisen zu leiten.

    Olaf Kramer, Rhetorik-Experte

    Friedrich Merz dagegen stehe vor der Herausforderung, seine Tendenz zum Polarisieren zu überwinden, so Kramer.
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    Viele Ebenen in einer Aussage

    An der Sachebene könne man schnell festmachen, wie faktenfest und inhaltlich trittsicher die Kanzlerkandidaten sind, was sie also wirklich wissen, erläutert Kramer.
    Für einen Gesamteindruck schlägt Kramer vor, auch auf den Stil der Kommunikation zwischen Scholz und Merz zu achten. Faktoren könnten dabei sein, wie spontan die Kandidaten jeweils auf Fragen reagieren, oder auch, wie auf Fragen geantwortet oder ausgewichen wird. Werden bestimmte Formulierungen wiederholt, ohne dass diese zur Diskussion beitragen?
    Und: Wie reden die beiden eigentlich miteinander? Fallen sie sich gegenseitig ins Wort, sind sie sehr abweisend gegenüber dem Gegner oder zeigen sie sich freundschaftlich? Auch diese Aspekte könnten zeigen, was die Kandidaten eigentlich für ein Typ Mensch sind, sagt Kramer.

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    Die wichtigsten Punkte für den Zuschauer 

    Insgesamt ergeben sich drei Punkte für Rhetorik-Experte Kramer, auf die man beim TV-Duell vor der Bundestagswahl zwischen Scholz und Merz achten kann: 
    • Wissensebene: Nennen sie nur leere Forderungen oder können sie diese auch mit Fakten und Beispielen begründen?  
    • Ehrlichkeit der Kandidaten: Wirken die Statements auswendig gelernt und unpassend oder können die Kandidaten passende Antworten spontan an den richtigen Stellen geben? 
    • Kommunikationsstil: Werden die Kandidaten persönlich und emotional oder können sie auf einer sachlichen Ebene diskutieren? Zeigen sich die Kandidaten menschlich auf eine Art, dass man ihnen die Kanzlerrolle zutraut? 
    Klara Keuthen ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg.

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    Quelle: dpa

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