Pressestimmen: "Wähler haben Nase voll von Olaf Scholz"
Pressestimmen zu den Wahlen:"Wähler haben Nase voll von Olaf Scholz"
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"Ampel im freien Fall", "Sieg für Putin", "Düsternis in Deutschland": Internationale Zeitungen kommentieren den Wahlausgang in Thüringen und Sachsen. Die Stimmen im Überblick.
Wie die deutsche Presse auf die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen reagiert haben, sehen Sie in unserer Presseschau.02.09.2024 | 3:50 min
Zur Wahlniederlage der Ampel-Parteien in Thüringen und Sachsen kommentieren internationale Zeitungen. Ein Überblick:
"NZZ" (Schweiz): Ansehen der Ampel im freien Fall
"Das Debakel zeigt, wie sehr sich das Ansehen des Kabinetts von Kanzler Olaf Scholz im freien Fall befindet. Der Triumph der AfD belegt, dass viele Wähler sich weder von den Berichten des Inlandsgeheimdienstes noch von den Warnungen der politischen Konkurrenz oder von besorgten Leitartiklern beeindrucken lassen. Die AfD ist - trotz oder wegen ihres ressentimentgeladenen Landeschefs Höcke - die bestimmende Kraft im Osten.
Eine Politik, die die Mitte der Bevölkerung aus den Augen verliert, darf sich nicht wundern, wenn die Ränder erstarken. Und von einer 'Brandmauer' kann jene Partei am stärksten profitieren, deretwegen diese errichtet wurde."
"Für die SPD, die Kanzlerpartei, fällt der erste Wahltag im Osten rabenschwarz aus. Gehen die Sozialdemokraten in drei Wochen auch in Brandenburg unter und verliert ihr Ministerpräsident Dietmar Woidke dort seine Macht, wackelt auch Kanzler Olaf Scholz. In Hinblick auf die Bundestagswahlen in einem Jahr ist eine Revolte der Partei gegen ihn dann nicht mehr auszuschließen."
Es müsse aufhören, dass die Ampel "mit sich selbst beschäftigt ist", so Achim Post, stellv. Parteivorsitzender der SPD nach den Verlusten bei seiner Partei bei den Landtagswahlen.02.09.2024 | 4:18 min
"Financial Times" (Großbritannien): Wähler im Osten enttäuscht
"Die Ergebnisse spiegeln die wachsende Frustration in Ostdeutschland über eine Regierung wider, die viele mit hoher Inflation, wirtschaftlicher Stagnation, steigenden Energiekosten und ständigen internen Streitigkeiten assoziieren. Sie zeigen aber auch, dass die Wähler zunehmend die Mitte zugunsten populistischer Parteien an den politischen Rändern verlassen. (...)
Es hat sich gezeigt, dass 34 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung eine Mehrheit der Menschen in zwei Regionen des ehemals kommunistischen Ostens des Landes enttäuscht sind von den etablierten Parteien der Mitte und frustriert sind von der Art und Weise, wie Deutschland regiert wird. (...)"
Während die Ampelparteien nach den schwachen Ergebnissen in Thüringen und Sachsen an ihrer Koalition festhalten wollen, strahlt die Spitze der AfD. Bei der Union kommt Unruhe auf.02.09.2024 | 2:50 min
"The Guardian" (Großbritannien): AfD-Erfolg wirft beunruhigende Fragen auf
"Nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 prophezeite der ehemalige westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt, mit der Wiedervereinigung werde endlich 'zusammenwachsen, was zusammengehört'. 35 Jahre danach wirkt diese Vorstellung von einer natürlichen Heilung allzu optimistisch. Die historischen Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen vermitteln viel mehr das Bild eines Deutschlands, dessen östliche und westliche Regionen immer weiter auseinanderdriften. (…)
Solange es den übrigen Parteien gelingt, den Cordon sanitaire um die Rechtsextremen aufrechtzuerhalten und sie daran zu hindern, eine absolute Mehrheit zu erlangen, werden ihre Machtambitionen wohl nur Wunschträume bleiben. Dennoch wirft die Etablierung der AfD als dominante regionale Kraft ernste und beunruhigende Fragen über die politische Identität Deutschlands und darüber auf, wie der Aufstieg solcher Kräfte in Zukunft eingedämmt werden kann."
"Der Wähler hat klar entschieden. Er möchte eine Regierungsbeteiligung der AfD haben", so Alice Weidel, AfD-Parteivositzende und Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag.02.09.2024 | 6:17 min
"Corriere della Sera" (Italien): Deutschland nach Wahlen ein anderes Land
"Aus dem Wirbelsturm der beiden Landtagswahlen geht ein anderes Land hervor, ein anderes Deutschland. In Erfurt und Dresden vertraut eine Mehrheit der Bevölkerung ihre Enttäuschungen und Frustrationen zwei populistischen Parteien an, der nationalistischen und fremdenfeindlichen Ultra-Rechtspartei AfD sowie der neo-peronistischen Hybridpartei BSW, der politischen Kreatur von Sahra Wagenknecht, die prorussischen Pazifismus, wirtschaftlichen Statismus und harte Anti-Einwanderungspolitik miteinander verbindet.
Das Ergebnis bestätigt, dass 34 Jahre nach der Wiedervereinigung und Tausender Milliarden Euro, die in die ehemalige DDR investiert wurden, eine Mehrheit der Bevölkerung in den beiden Bundesländern keine Loyalitätsbindungen zu den traditionellen Parteien hat. Deren Entscheidungen akzeptieren sie nicht, deren Codes verstehen sie nicht, vielleicht teilen sie nicht einmal deren Konzept der Demokratie. Sie fühlen sich als Deutsche zweiter Klasse oder, schlimmer noch, als Ausländer in ihrer Heimat."
Die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen seien auch "ein Signal für eine andere Außenpolitik“, sagt die Vorsitzende des BSW, Sahra Wagenknecht. 01.09.2024 | 3:33 min
"La Repubblica" (Italien): Sieg für Putin
"Während sich der alte Kontinent auf dem schmalen Grat eines möglichen Kriegs und eines Infarkts der Demokratie bewegt, muss er sich zugleich mit einem inneren Feind auseinandersetzen. Die europäischen institutionellen Systeme sind infiltriert. In Italien, in Frankreich und nun immer unverhohlener in Deutschland. Der Keim des Putinismus wächst sogar in strukturierten Ländern mit einer soliden demokratischen Tradition. Was in den beiden deutschen Regionen geschehen ist, ist der jüngste Beweis.
Der Kreml hat jetzt seine Wortführer im Herzen Europas. Russlands Präsident hat einen außergewöhnlichen und beunruhigenden politischen Sieg errungen. Die 'faschistische' rechte AfD und die nostalgische Linke sind zusammen mit anderen europäischen Formationen wie dem Rassemblement National in Frankreich oder der Lega in Italien seine Vorposten in der EU."
"Wall Street Journal" (USA): Wähler haben Nase voll von Olaf Scholz
"(...) Die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Sachsen und Thüringen am Sonntag (...) sorgen für weitere Bestürzung auf einem Kontinent, der bereits durch den Niedergang der traditionellen Parteien und den Aufstieg der Aufständischen verunsichert ist. (...) Das größere Problem ist, was der gemeinsame Aufstieg der AfD und der BSW über den Kollaps der Regierungsparteien in Deutschland aussagt. (...)
Es bestätigt, was nationale Umfragen schon seit einem Jahr oder länger sagen: Die Wähler haben die Nase voll von Olaf Scholz und einer Koalition, die Migration nicht steuern kann und sich trotz des greifbaren und wachsenden wirtschaftlichen Schadens an Klimazielen festklammert."
Aktuelle Hochrechnungen zu den Landtagswahlen aus dem ZDF-Politbarometer: Bei der künftigen Regierungsbildung "wird es wirklich kompliziert", so Stefan Leifert. 01.09.2024 | 3:11 min
"Der Standard" (Österreich): Düstere Zeiten in Deutschland
"Lägen Thüringen und Sachsen im Westen oder wäre am Sonntag in einem westdeutschen Bundesland abgestimmt worden - das Ergebnis für die Ampel hätte wohl auch nicht sehr viel besser ausgesehen. Die Koalition in Berlin gibt ein trauriges Bild ab. Man ist fertig miteinander, zusammen hält das unattraktive Dreierbündnis nur noch die Angst vor den Wählerinnen und Wählern.
Und dann passierte kurz vor den Wahlen auch noch der schreckliche Anschlag von Solingen. Er legte nicht nur tatsächliche Versäumnisse offen, sondern auch Emotionen, die weder Ex-Kanzlerin Angela Merkel noch ihr Nachfolger Olaf Scholz begriffen haben: Die Menschen haben Angst. Gegen die Furcht kommen die Zahlen, Fakten und Beteuerungen des Kanzlers immer weniger an. Wie Scholz aus diesem Dilemma herauskommen will, wie er wieder Vertrauen gewinnen will, ist unklar. Deutschland erlebt gerade düstere Zeiten. Nach diesen beiden Wahlen wird der Weg nicht leichter."
"Polityka" (Polen): Erdbeben für die deutsche Politik
"Die Ergebnisse dieser Landtagswahlen bedeuten ein Erdbeben für die deutsche Politik. Als unmittelbare Folge wird es Probleme bei der Bildung der Landesregierungen geben, insbesondere in Thüringen. Diese Probleme werden sich über den Bundesrat, dessen Mitglieder von den Ländern bestimmt werden, auch auf die Bundesebene übertragen. (...)
Allein die AfD dürfte in beiden Bundesländern mehr als ein Drittel der Sitze gewinnen und damit eine Sperrminorität erlangen. Sie wird ein Mitspracherecht bei der Ernennung von Richtern und ein Vetorecht im Falle eines Ausnahmezustands oder einer Änderung der Landesverfassungen haben. Die Frage des Einflusses auf die Justiz bereitet Kommentatoren Sorge, sie ziehen Vergleiche mit der Ära der (nationalkonservativen) PiS-Regierung in Polen."
Quelle: ZDF
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