Thüringens Koalition: Wird Mario Voigt Ministerpräsident?

    Der Weg zur Brombeerkoalition:Wird Mario Voigt Thüringer Ministerpräsident?

    Melanie Haack
    von Melanie Haack
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    Der Vertrag zwischen CDU, BSW und SPD ist unterzeichnet - ein Bündnis aus der Not heraus. Klippenlos war der Weg zur "Brombeere" nicht, die Zukunft wird es erst recht nicht.

    Katja Wolf , Marion Vogt und Georg Maier (v.l.n.r.)
    Katja Wolf (BSW), Mario Voigt (CDU) und Georg Maier (SPD) bei der Unterzeichnung des Regierungsvertrages in Erfurt
    Quelle: dpa

    Die ganz große Brombeershow mit Lichteffekten, elegischen Bildern und wuchtiger Musik aus dem Film "Zurück in die Zukunft" - so haben CDU, BSW und SPD ihren Koalitionsvertrag am Mittwoch in Erfurt unterzeichnet.
    Der sich selbst bejubelnden Koalition wird im Land allerdings wenig zugetraut. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der "Thüringer Allgemeinen" zeigt, dass die Hälfte der Thüringer es eher oder sehr schlecht findet, dass das Land jetzt aller Voraussicht nach von ihr regiert wird, ohne eigene Mehrheit im Parlament. Vorschusslorbeeren gibt es nicht. Dabei war schon der Weg zu dieser neuen Konstruktion alles andere als einfach.
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    Kompromiss-Konstrukte

    Es ist die Thüringer AfD, die am 1. September am lautesten jubelt. Bei der Landtagswahl wird sie stärkste Kraft, erstmals in einem Bundesland. Mit ihr regieren will keine der anderen Parteien. Nur die Ergebnisse und Beschlüsse der anderen Parteien lassen keine Mehrheitsregierung zu. Wie schon bei der letzten Landtagswahl, aus der eine Minderheitsregierung unter dem Linken Bodo Ramelow hervorging, gilt es, eine Kompromiss-Koalition zu zimmern. Wieder Neuland.
    CDU-Chef Mario Voigt, der mit seiner Partei das zweitstärkste Ergebnis erzielte, sucht das Gespräch mit BSW und SPD. Schnell bekommt das geplante Konstrukt aus schwarz, rot und lila den Namen "Brombeere". Nicht nur der Name ist neu im Politikbetrieb, auch das BSW. Das Bündnis Sahra Wagenknecht mit Thüringens Spitzenfrau Katja Wolf, eine gerade erst gegründete Partei, deren Verhalten keiner kalkulieren kann.
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    Viele Unwägbarkeiten

    Während die Verhandler intern voranschreiten, steigt der Druck von außen. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht mischt sich ein, will die Vorgänge in Thüringen steuern. Die Friedensfrage der Ukraine, ein Nein zur Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland, das will sie in den Papieren festgeschrieben wissen. Für CDU und SPD unmöglich. Für Thüringens BSW-Chefin Katja Wolf und Co-Chef Steffen Schütz die erste Zerreißprobe.
    Immer wieder drohen die Verhandlungen zu scheitern. Mario Voigt müht sich sogar selbst nach Berlin, um mit Wagenknecht persönlich zu sprechen. Nichts soll unversucht bleiben. Als die Einigung endlich steht, erklärt Steffen Schütz: "Wir waren eine Zumutung für euch."
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    Schwarz, rot und lila treibt vor allem die Stärke der AfD um. Die Rechtsaußenpartei hat eine Sperrminorität im Landtag, kann wichtige Beschlüsse beeinflussen. Bei der konstituierenden Sitzung Ende September sorgt die AfD für Chaos. Dass erst nach Anrufung des Thüringer Verfassungsgerichts ein Landtagspräsident gewählt werden kann, steckt allen noch in den Knochen.

    Wenn eine Partei im Landtag mehr als ein Drittel der Abgeordneten stellt, kann sie einzelne Entscheidungen verhindern oder zumindest verzögern. Dies betrifft Entscheidungen, für die es eine Zweidrittelmehrheit aller gewählten Abgeordneten bedarf. In Thüringen sind das etwa: Die Auflösung des Landtags, Verfassungsänderungen, die Wahl des Präsidenten und der Richter des Thüringer Verfassungsgerichtshof und die Wahl des Präsidenten und des Stellvertreters des Landesrechnungshofs.

    Forderungen der Linken

    Sie preise ein, dass die Brombeere nur 44 von 88 Stimmen im Landtag hat. Und entwickeln ein Konstrukt namens "prelegislative Konsultation". Heißt, die Opposition aus AfD und Linke soll frühzeitig eingebunden werden bei Regierungsvorhaben. Das Ziel: Querelen im Nachgang verhindern.
    Der Linken aber reicht das nicht. Um Mario Voigt bei der Ministerpräsidentenwahl und der Brombeere beim Regieren zur Mehrheit zu verhelfen, fordert sie seit Wochen eine schriftliche Vereinbarung. Mario Voigt sagt nein. Bei der CDU gilt ein Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken.
    Stattdessen erfindet er wieder ein neues Konstrukt. Titel: "Parlamentarisches Pflichtenheft für einen geordneten Regierungswechsel". Ein drei-plus-eins-Format verbunden mit monatlichen Treffen zwischen CDU, BSW, SPD und der Linken, um gemeinsame Absprachen zu treffen. Gestern haben die Linken sich vorsichtig positiv dazu geäußert.
    Nun fehlt nur noch die Wahl Mario Voigts zum Ministerpräsidenten, die am Donnerstag um zehn Uhr beginnt. Im ersten Wahlgang braucht er 45 Stimmen. Am Mittwoch gab es die große Brombeershow. Jetzt kommt, wenn der Ministerpräsident gewählt ist, der Regierungsalltag. Ob der Anspruch dauerhaft hält, wird die Realität in Thüringen zeigen.
    Melanie Haack ist Leiterin des ZDF-Landesstudios Thüringen in Erfurt.

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