Umfrage :Jugendliche fühlen sich von Politik ignoriert
von Susanne Seidl
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Laut einer Studie fühlt sich die Mehrheit der Jugendlichen von der Politik übergangen. Mehr als die Hälfte kritisiert mangelndes Engagement der Politiker, Probleme lösen zu wollen.
Mehr als drei Viertel der Jugendlichen in Deutschland fühlen sich einer Umfrage zufolge von der Politik übergangen. (Symbolbild)
Quelle: dpa
78 Prozent der Jugendlichen sind laut einer Studie davon überzeugt, dass sich die Politiker in Deutschland nicht viel darum kümmern, was Jugendliche denken. 57 Prozent glaubt sogar, dass sich die gewählten Volksvertreter nicht ernsthaft darum bemühen, dringende gesellschaftliche Probleme zu lösen.
Die Studie hat herausgefunden, dass sich mehr als drei Viertel der Jugendlichen von der Politik übergangen fühlen. Befragt wurden Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 16 Jahren.02.07.2024 | 1:48 min
Soziales Milieu beeinflusst Wahrnehmung von Gerechtigkeit
37 Prozent der Befragten aus Haushalten mit eher niedrigen Bildungsstand und Einkommen empfinden Ungerechtigkeiten als normal in ihrem Leben. Kinder und Jugendliche mit einem höheren sozioökonomischen Status fühlen sich deutlich weniger ungerecht behandelt (18 Prozent).
Eine Studie kommt zu dem Ergebnis: Junge Erwachsene sind immer unzufriedener - vor allem wegen den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Ihre beliebteste Partei: die AfD.23.04.2024 | 1:36 min
Laut Studienleiter Holger Ziegler von der Universität Bielefeld beeinflussen die elterlichen Erfahrungen und Wahrnehmungen die Einschätzungen der Kinder. Oder die der Großeltern: Wenn die Kinder sähen, wie die eigene Oma mit der niedrigen Rente hadert, würde das als enorm ungerecht empfunden.
Er warnt vor einer Kränkung des Gerechtigkeitssinns der Kinder und deren Folgen.
"Ich denke, davon spiegelt sich auch viel in den jüngsten Wahlergebnissen", führt Studienleiter Ziegler weiter aus. "Auch wenn man die jungen Menschen, die gar nicht erst gewählt haben, nicht mitrechnet, haben zusammengenommen gerade einmal 50 Prozent der 16- bis 24-Jjährigen Parteien gewählt, die das etablierte demokratische Spektrum in deutschen Parlamenten abbilden."
Grafik: Jugendliche fühlen sich machtlos und unbeachtet
Quelle: ZDF/Colourbox
Kinder sorgen sich um Mitmenschen
Die Studienergebnisse widerlegen das Vorurteil, die junge Generation interessiere sich nur für sich. Besonders die RentnerInnen liegen ihnen am Herzen. Auch für Arme, für die Bildung und die Chancengleichheit bei Kindern und für Menschen, die sich anstrengen, müsse mehr getan werden.
Bernd Siggelkow vom Kinderhilfswerk "Die Arche" beobachtet, dass sich die Kinder in den Arche-Einrichtungen in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren immer ungerechter behandelt fühlen.
Laut Lehrergewerkschaft GEW haben 95 Prozent der Lehrer an Förderschulen in den letzten Jahren Gewalt erlebt. Ein Sozialarbeiter und ein Kriminalpolizist analysieren die Ursache.08.02.2024 | 4:52 min
"Arche"-Leiter fordert mehr Förderung in Schulen
Es bräuchte neben einer ausreichend finanzierten Kindergrundsicherung ein Umdenken im Bildungssystem. Hier müssten viel mehr Lehrkräfte eingesetzt werden, um sich gezielter um jedes Kind kümmern zu können.
"Wir haben Kinder in den Einrichtungen, die wissen in der fünften Klasse schon, dass, wenn sie erwachsen sind, sie mal Bürgergeld beziehen werden", sagt Siggelkow weiter. "Sie wissen, dass ihre Welt und ihre Chancen sehr ungerecht sind."
Für die Sozialstudie wurden 1.230 Kinder und Jugendliche befragt. Die Betpanthen-Stiftung beauftragt die Universität Bielefeld alle zwei Jahre mit einer solchen Studie, "um aktuelle Problemfelder in der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen zu identifizieren". Die Erkenntnisse fließen in die Kinderförderung des Kinderhilfswerks Die Arche ein.