Interview
Deutliche Worte:Steinmeier: Ungewöhnlich harsche Ampel-Kritik
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Entscheidungen der Bundesregierung würden durch internen Streit überlagert, mahnt der Bundespräsident. Auch bei den Themen AfD und Rechtspopulismus findet Steinmeier klare Worte.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigt sich besorgt über den stärker werdenden Rechtspopulismus in Deutschland.
Quelle: Imago Images
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in ungewöhnlich deutlichen Worten das Erscheinungsbild der Bundesregierung kritisiert.
"Wenn die Glaubwürdigkeit einer Regierung sinkt, hängt das auch damit zusammen, dass Entscheidungen nicht ausreichend kommuniziert oder akzeptiert worden sind oder von internem Streit, der nach außen dringt, überlagert werden", sagte Steinmeier der "Süddeutschen Zeitung". "Die Regierung muss ein Interesse daran haben, das zu verbessern."
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Scholz: "Müssen dieses Jahr besser werden"
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte in seinem wöchentlichen Video-Podcast, dass Streit zur Demokratie gehöre - auch mit Blick auf die Bauernproteste. Er wisse aber auch "aus der persönlichen Erfahrung der letzten Monate: Streit kann mürbe machen und Unsicherheit schüren", so der Kanzler.
Zur Demokratie, so Scholz mit Blick auf die Situation in Deutschland, gehöre aber auch der Kompromiss. Deutschland stehe vor einer "Bewährungsprobe". Wut werde gezielt geschürt: "Mit gigantischen Reichweiten machen Extremisten auch über die sozialen Medien jeden Kompromiss verächtlich, vergiften jede demokratische Debatte. Das ist ein toxisches Gemisch, das uns Sorgen bereiten muss, das auch mich sehr beschäftigt."
Sorge um Rechtspopulismus in Deutschland
Der Bundespräsident reagierte mit seinen Worten auf Umfragen, nach denen das Vertrauen der Bürger in die Regierung so niedrig wie noch nie ist. Er zeigte sich besorgt über den stärker werdenden Rechtspopulismus in Deutschland und rief die Bürgerinnen und Bürger zu einer verantwortungsbewussten Stimmabgabe bei den bevorstehenden Wahlen auf.
Er hoffe, dass jeder, der wähle, "das nicht nur in einer Stimmung von Wut oder Frust tut - sondern auch im Bewusstsein über die Folgen".
Deutschland habe mit seiner Demokratie, wie sie das Grundgesetz geprägt habe, bisher sehr gut gelebt, sagte Steinmeier.
Gelungen sei dies, weil es auch nach scharfen politischen Auseinandersetzungen die Bereitschaft zum Kompromiss gegeben habe.
Steinmeier: "Müssen sehr wachsam sein"
"Wenn wir in die Geschichte zurückschauen, stellen wir fest: Extremisten waren immer das Unglück unseres Landes." Steinmeier wies in diesem Zusammenhang auch auf das in den vergangenen Tagen bekannt gewordene Treffen rechtsextremer Kreise mit AfD-Funktionären in Potsdam hin. Dies zeige, "dass wir sehr wachsam sein müssen".
Die AfD liegt in den Meinungsumfragen bundesweit stabil über 20 Prozent. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo im September neue Landtage gewählt werden, kommt sie auf über 30 Prozent. Den Umfragen zufolge ist sie in allen drei Bundesländern die mit Abstand stärkste Kraft.
AfD-Verbotsverfahren würde "vermutlich sehr lange dauern"
Steinmeier machte deutlich, dass er wenig von einem Verfahren zum Verbot der AfD hält. Er könne die Erfolgsaussichten nicht beurteilen, ein Verfahren würde vermutlich auch sehr lange dauern.
"Ich rate dazu, dass wir uns auf das konzentrieren, was unmittelbar in diesem Jahr möglich und notwendig ist: Wir sollten die besseren Antworten geben, wir sollten demokratische Mehrheiten organisieren und diese stärken."
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Kritik am Umgang mit den Bauern-Protesten
Steinmeier äußerte sich auch kritisch zum Umgang mit den Protesten der Landwirtinnen und Landwirte. "Sprachlosigkeit zwischen der Bundesregierung und den Bauern schadet allen Beteiligten", sagte der Bundespräsident. In der augenblicklichen Situation sei es "dringend notwendig, dass persönliche Gespräche stattfinden".
Steinmeier wies darauf hin, dass er selbst schon seit Längerem seinen Amtssitz "regelmäßig für ein paar Tage raus aus Berlin in kleine Städte, die nicht im Scheinwerferlicht stehen", verlege. Dabei treffe er "jedes Jahr Bauern und Bäuerinnen bei der Erntekrone und Landfrauen in den Bundesländern".
Sein Ziel sei, den Menschen das Gefühl zu nehmen: "für uns interessiert sich keiner, wir werden nicht gehört". Manchmal helfe es dafür schon, "hinzugehen und zu sagen, wir wollen euch hören".
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Steinmeier: "Es fehlt an ausreichender Würdigung"
Insofern halte er "mehr Präsenz im ländlichen Raum tatsächlich für dringend erforderlich", sagte der Bundespräsident. Hinzu komme, dass der Griff ins Supermarktregal die Menschen von den Produzenten der Lebensmittel entfremdet habe.
In Deutschland fehle es "insgesamt an einer ausreichenden Würdigung derer, die für die Erzeugung der Nahrungsmittel und für den Erhalt der Lebensbedingungen im ländlichen Raum verantwortlich sind".
Scholz sagte, die Regierung stehe "im engen Austausch" mit den Landwirten: "Wir haben uns die Argumente der Landwirte zu Herzen genommen", sagte Scholz in seinem Video-Podcast "Kanzler kompakt". Seine Regierung habe deshalb ihren "ersten Vorschlag noch einmal überarbeitet". Dies sei aus seiner Sicht "ein guter Kompromiss".
Quelle: AFP, dpa
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