Parteitag: SPD will mehr sozialdemokratische Handschrift

    Parteitag in Krisenzeiten:Wie die SPD um ihr soziales Profil ringt

    Hauptstadtkorrespondent Lars Bohnsack
    von Lars Bohnsack
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    Mit ihrem Parteitag wollen die Sozialdemokraten ihr soziales Profil stärken und damit mehr Abstand zur Regierungspolitik herstellen. Doch ein anderes Thema droht zu dominieren.

    Auf dem Bild sieht man eine Politikerin bei einer Rede.
    Wohin will die SPD? Sehr engagiert und kämpferisch waren die ersten Reden auf dem SPD-Parteitag. Die Parteichefs Esken und Klingbeil wurden wiedergewählt.08.12.2023 | 3:22 min
    Zum ersten Mal seit 2019 begegnen sich die Delegierten des SPD-Parteitages wieder persönlich. Eigentlich sollten sie ab Freitag drei Tage SPD pur erleben. Doch wie ein dunkler Schatten schwebt die Haushaltskrise über der Veranstaltung.
    Und so blicken alle gespannt auf die Rede des Bundeskanzlers. Die Erwartungshaltung an Olaf Scholz (SPD) ist klar: "Wir wissen, dass der von uns gestellte Kanzler keinen Haushalt vorlegen wird, in dem der Sozialstaat zusammengestrichen wird", sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert Anfang der Woche.

    Zwei Jahre nach Wahlsieg: SPD im Umfragetief

    Genau zwei Jahre ist es her, dass Scholz zum Bundeskanzler gewählt wurde. Von Anfang an sind er und sein Kabinett Getriebene verschiedener Krisen. Der Überfall Russlands auf die Ukraine, die damit verbundene Energiekrise, der Terrorangriff der Hamas auf Israel, und dann noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt.
    War die SPD bei der Bundestagswahl 2021 mit 25,7 Prozent noch stärkste Kraft geworden, kommt sie heute in Umfragen nur noch auf 14 bis 17 Prozent. Und nicht wenige in der Partei fragen, wo denn eigentlich die sozialdemokratische Handschrift in der Regierung zu erkennen sei.
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    Politbarometer von Ende November - Ampel weiter unter Druck.24.11.2023 | 1:59 min

    Scholz: Spagat zwischen Kanzler und Genosse

    Die Delegierten erwarten also eine Rede, die nicht nach Kanzler klingt, sondern nach Genosse, nicht nach Moderator, sondern nach Macher. Wer das immer schon schwierige Verhältnis von Scholz zur SPD kennt, ahnt, was für eine gewaltige Aufgabe da auf den Kanzler zukommt.
    Stabil bleibt das Personalangebot auf dem Parteitag. Sowohl die beiden Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil als auch Generalsekretär Kevin Kühnert stellen sich zur Wiederwahl. Ihre Ergebnisse dürften als Barometer für die Stimmung herhalten.

    Es würde mich wundern, wenn wir drei Tage nur Applaus bekommen.

    Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär

    Parteitag: SPD mit Angeboten an die sozialdemokratische Basis

    Aber die Parteispitze hat vorgebaut, um die sozialdemokratische Seele zu wärmen. So hat Parteichef Klingbeil schon im Vorfeld verkündet, dass ein Verzicht auf Steuererhöhungen nicht in Stein gemeißelt sei.
    Tatsächlich wird auf dem Parteitag ein Antrag zu einer großen Einkommenssteuerreform beraten, der für 95 Prozent der Arbeitnehmer geringere Sätze vorsieht, für die ganz hohen Einkommen aber höhere. Eine generelle Abschaffung der Schuldenbremse, wie es die Jusos fordern, lehnt die Parteispitze jedoch ab. Sie fordert aber eine Reform.
    Die SPD will wieder einmal das soziale Profil schärfen. Man werde eine Sozialdemokratie erleben, die den Kampf aufnimmt um die Verteidigung des Sozialstaats, die weg will vom Reagieren hin zum Agieren, kündigt der Generalsekretär an. Dies dürfte auch als klares Signal in Richtung FDP und Union zu werten sein.

    Streitfrage Migration teilt die SPD

    Auf Abstand zum eigenen Kanzler wollen einige in der SPD auch beim Thema Migration gehen. Dass Scholz in großem Stil abschieben möchte, gefällt vor allem der Parteilinken und den Jusos überhaupt nicht. Parteichef Klingbeil hofft dennoch auf "eine Diskussion ohne Gebrüll".
    Tatsächlich geht auch die Parteiführung auf vorsichtige Distanz zur Bundesregierung. In einem neuen Leitantrag wird vor allem die humanitäre Verantwortung betont. Und der Familiennachzug soll wieder erleichtert werden.
    In den drei Tagen, die der Parteitag dauert, will die SPD also den sozialen Markenkern herausstellen, den Sozialstaat verteidigen und den heimischen Industriestandort erhalten. Den Leitantrag der Parteispitze mit dem Titel "Zusammen für ein starkes Deutschland" verstehen die Genossen bereits als Kernstück für ihr Wahlprogramm 2025. Es könnten also drei Tage SPD pur werden. Wäre da nicht die Haushaltskrise.

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