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100 Tage-Bilanz in Brandenburg:SPD-BSW-Koalition: Wo die Arbeit noch wartet
von Jan Meier
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Die Koalition von SPD und BSW in Brandenburg war die erste in Deutschland mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht. Was hat die neue Regierung in den ersten 100 Tagen erreicht?
SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke (r.) und BSW-Landeschef Robert Crumbach (Archivbild)
Quelle: dpa
Als Brandenburg am Freitag im Bundesrat zur Stimmabgabe über die Grundgesetzänderung aufgerufen wird, antwortet Dietmar Woidke mit "Enthaltung". Der SPD-Politiker stimmte damit gegen seine persönliche Überzeugung, denn der seit elf Jahren amtierende Regierungschef hält eigentlich die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung und Sicherheit für dringend notwendig.
Bis zuletzt hatte er versucht, seinen Koalitionspartner umzustimmen. Am Ende kam es auf die Stimmen Brandenburgs nicht mehr an, Bayern und Bremen stimmten auch dafür und sorgten für die nötige Zweidrittelmehrheit.
Woidke konnte den offenen Konflikt mit dem BSW, das die "Kriegskredite" ablehnt, verhindern. Wieder einmal. Bereits dreimal enthielt sich Brandenburg in der zweiten Parlamentskammer bei strittigen Abstimmungen über außenpolitische Fragen. Nach außen läuft es geräuscharm und harmonisch. Keine Selbstverständlichkeit, denn unterschiedlicher könnten die Parteien kaum sein.
Ein Novum in der Geschichte
Das BSW wurde erst im vergangenen Jahr gegründet. Die SPD dagegen regiert seit der Wiedervereinigung vor mehr als 34 Jahren das Land. Außer Nordrhein-Westfalen wurde kein anderes Flächenland ähnlich lange von Sozialdemokraten geführt.
Die Koalitionsverhandlungen verliefen überraschend komplikationslos. Die SPD kam dem BSW weit entgegen, es war die einzige Machtoption. Doch die Regierung stand vom ersten Tag unter Druck. Sie hat im Landtag nur eine knappe Mehrheit. Schon die Wahl des Ministerpräsidenten gelang erst im zweiten Anlauf.
Woidke: Eher Handwerk als Mundwerk
Noch hat die Arbeit gar nicht richtig begonnen. Der neue Haushalt ist nicht aufgestellt. Die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten lässt auf sich warten. Seine Amtskollegen in Thüringen und Sachsen haben das längst getan. Aber Dietmar Woidke entgegnet Kritikern seiner Zweier-Koalition: "Wir beide gehören eher zur Kategorie Handwerk als Mundwerk".
Die Opposition kritisiert erwartungsgemäß scharf. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann meint: "Dietmar Woidke hat im Wahlkampf Größe versprochen. Das, was Brandenburg im Bundesrat abgeliefert hat, war ganz kleines Karo." AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt glaubt, dass die Koalition "die Legislaturperiode nicht überstehen wird".
Immerhin in der Wirtschaftspolitik ist man sich schon einig geworden. Aufträge der öffentlichen Hand können künftig bis zu einer Höhe von 100.000 Euro ohne Ausschreibung vergeben werden, bisher war das nur für Aufträge bis 1.000 Euro möglich. Ein Gesetz für Bürokratieabbau soll im Mai folgen. Kommunen, Kreisverwaltungen und Handwerkskammer sehen das gern.
BSW versprach grundlegenden Politikwechsel
Die Erwartungen an das BSW sind groß, schließlich versprach die Partei einen grundlegenden Politikwechsel. Immerhin eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Politik wurde eingesetzt, Eltern mit wenig Einkommen werden von Kita-Gebühren entlastet. In den Bundesrat brachte Brandenburg auf Initiative des BSW einen Antrag ein, um Rentner, die weniger als 2.000 Euro erhalten, von der Steuer zu befreien.
"Schwere Arbeit" stehe noch bevor, räumt Vize-Regierungschef Robert Crumbach ein: Lösungen bei den Themen Migration und bezahlbares Wohnen, Ärztemangel und Krankenhausreform sowie für den Strukturwandel im Braunkohlerevier Lausitz müssen gefunden werden.
Sollte die Koalition wie geplant bis 2029 durchhalten, würde Brandenburg wieder Geschichte schreiben. Es wäre dann das am längsten von der SPD regierte Flächenland in der bundesdeutschen Geschichte.
Quelle: dpa
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