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Höhere Beitragsbemessungsgrenze:Sozialabgaben für Gutverdiener sollen steigen
von Britta Spiekermann, Lennart Glaser
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Die Abgaben für Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung könnten 2025 deutlich steigen. Das Bundesarbeitsministerium begründet die Pläne mit der "sehr guten Lohnentwicklung".
Ein Ministeriumssprecher führte die Höhe der Anpassungen auf die "sehr gute Lohnentwicklung von deutschlandweit 6,44 Prozent im vergangenen Jahr" zurück.
Quelle: dpa
Für Millionen gesetzlich Versicherte wird es nächstes Jahr deutlich teurer - aus zwei Gründen. Nicht nur die Beiträge für Krankheit und Pflege steigen, auch die Beitragsbemessungsgrenze wird angehoben. Ein entsprechender Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium liegt dem ZDF vor.
"In der Gesundheitspolitik stehen wir vor einem Herbst der Reformen", sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der Haushaltsdebatte. Spürbar wird das vor allem im Geldbeutel. Zum Jahreswechsel könnten die Krankenkassenbeiträge um 0,6 Prozentpunkte, die für Pflege um 0,2 Prozentpunkte steigen. Das ist die Prognose des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen.
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Besserverdiener werden besonders zur Kasse gebeten
Besonders belastet werden die, die bisher noch von der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze profitieren. Diese wird im kommenden Jahr laut Referentenentwurf aus dem Arbeitsministerium von 5.175 Euro deutlich auf 5.512 Euro angehoben. Das bedeutet, all jene, die über ein solches Einkommen verfügen, werden besonders zur Kasse gebeten. Sie zahlen nicht nur höhere Krankenkassen- und Pflegebeiträge, auch ein größerer Anteil ihres Gehalt wird für Sozialbeiträge herangezogen.
Ein Beispiel: Wer im kommenden Jahr den Höchstsatz von 5.512,50 Euro brutto im Monat verdient, zahlt im Monat 44 Euro mehr. Das sind über das Jahr gerechnet 528 Euro. Noch nicht mit einberechnet ist dabei der Anstieg des Pflegebeitrags, um voraussichtlich 0,2 Prozentpunkte von jetzt 3,4 auf 3,6 Prozent.
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Karl Lauterbach hatte bereits vor einiger Zeit in einem Interview mit dem "stern" eingeräumt. Konkret wurde er bis heute nicht. Der Minister rechtfertigt die wahrscheinliche Steigerung damit, dass in der Vergangenheit wichtige Reformen ausgeblieben seien - etwa für die Krankenhäuser. "
Nur so seien Strukturreformen möglich, die langfristig die Kosten dämpfen könnten.
Scharfe Kritik vom Bundesrechnungshof
Der Bundesrechnungshof kritisiert die geplante Finanzierung der Krankenhausreform scharf. Diese sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Kassen, sondern der Länder. "Ihre Entlastung ist angesichts der seit Jahren anwachsenden, erheblichen Lücke zwischen notwendigen und tatsächlichen Investitionen kaum verständlich", schreibt der Bundesrechnungshof.
Nach Plänen des Ministers soll die künftige Struktur der Krankenhauslandschaft über einen Transformationsfonds bezahlt werden, zur Hälfte von den Ländern, zur anderen von den gesetzlich Versicherten.
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Warnung vor einer Kostenexplosion
Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) warnt vor einer Kostenexplosion. "Statt eines Maßnahmenplans, wie die Versorgung der rund 75 Millionen gesetzlich Versicherten endlich wieder auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden kann, kündigt er anscheinend gleichmütig immer weiter steigende Zusatzbeiträge an."
Die Gesetzgebung der vergangenen zehn Jahre sei "ausgabentreibend" gewesen. Weiter "Augen zu und durch" sei keine Option. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet der Spitzenverband mit einem Defizit von 4 bis 4,5 Milliarden Euro.
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NRW-Gesundheitsminister Laumann will mehr Gelder für Gesundheit
Dass grundsätzlich mehr Geld ins System muss über verschiedene Wege, findet auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), des Sozialflügels der CDU, sieht im Anheben der Beitragsbemessungsgrenze einen entscheidenden Hebel.
Gut verdienende Arbeitnehmer zahlten wegen der Beitragsbemessungsgrenze nur auf einen Teil ihres Einkommens Beiträge für die Krankenkassen, erklärte Laumann kürzlich der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). "Jemand mit einem kleinen Einkommen zahlt dagegen auf sein ganzes Einkommen Sozialbeiträge und Steuern."
Britta Spiekermann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
Quelle: dpa
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