Sondervermögen: Ökonom Rocholl warnt vor Folgen für Europa
Interview
Multi-Milliarden Schuldenpaket:Ökonom Rocholl: Einsatz der Mittel entscheidend
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In dieser Woche soll das Sondervermögen final beschlossen werden. Ökonom Jörg Rocholl sieht Chancen in dem geplanten Schuldenpaket. Er benennt aber auch Schwachstellen.
Das Sondervermögen sei ein wirtschaftliches Vorhaben mit großen Risiken. Entscheidend sei, "wie die Mittel eingesetzt werden", so der Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl.17.03.2025 | 5:36 min
Am Dienstag soll das Sondervermögen den Bundestag und am Freitag den Bundesrat passieren. Kurz vor knapp hatten sich Union, SPD und Grüne Ende vergangener Woche auf ein Paket geeinigt.
Für den Wirtschaftswissenschaftler Jörg Rocholl handelt es sich bezogen auf Infrastruktur-Investitionen um ein großes Schuldenpaket. Der Präsident der Internationalen Wirtschaftshochschule ESMT in Berlin äußert sich im ZDF-Morgenmagazin zu den Chancen und Risiken des Sondervermögens.
Sehen Sie das ganze Interview im Video oben oder lesen Sie es hier in Auszügen.
Das sagt Ökonom Rocholl über ...
... das geplante Sondervermögen
Es sei entscheidend, in welchem Umfang und wie die Milliarden genutzt würden, betont Rocholl. "Wenn man einfach nur diese Mittel nutzt, sie auf ineffiziente Systeme kippt, dann wird das am Ende keinen Effekt haben."
Alleine die Herausforderung, die Schulden wieder zurückzuzahlen, mache Wirtschaftswachstum notwendig.
Weil ansonsten es viel, viel schwieriger werden wird für den Staat, diese Rückzahlung auch zu schultern.
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Jörg Rocholl, Ökonom
500 Milliarden Euro für Infrastruktur: Darauf haben sich Union, SPD und Grüne geeinigt. Die Grünen setzen durch: in den Klima- und Transformationsfonds fließen 100 Milliarden Euro.15.03.2025 | 2:46 min
... mehr Mittel für Klimaschutz im Sondervermögen
Grundsätzlich sei es richtig, den Klimaschutz "mit großer Wucht" voranzubringen. Jedoch sei der Einsatz der Mittel entscheidend: "Geht es nur um Subventionsprojekte, geht es tatsächlich darum, dass man eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft hinbekommt?" Der Einsatz dieser Mittel sei deshalb von zentraler Bedeutung.
Und das ist das, worauf noch viel mehr geschaut werden muss.
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Jörg Rocholl, Ökonom
Die Mittel müssten da ankommen, wo sie notwendig seien und es müsse Reformen im System geben, um die Wirkung zu entfachen.
... den Schwachpunkt des Schuldenpakets
Die Gefahr sei, dass man angesichts des zur Verfügung stehenden Geldes "nicht mehr genau hinschaue", dass Prioritäten nicht mehr genau gesetzt würden. Dass "eher Klientelprojekte" wie die Mütterrente oder Agrardiesel hochgebracht würden.
Es müsse viel genauer beschrieben werden, wie investiert werden solle, betont Rocholl. "Denn im Moment ist es so, dass die sozialen Wohltaten genauer präzisiert sind als das, was für den Wachstumsbereich, für die Investitionen, notwendig ist."
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... die Chancen des Pakets
"Die Risiken sind eindeutig gegeben", sagt Wirtschaftswissenschaftler Rocholl. "Die Chancen ergeben sich erst dann, wenn es tatsächlich richtig umgesetzt wird." Aus verschiedenen Gründen müsse das Wirtschaftswachstum an erster Stelle stehen - "um die Abschreckungsfähigkeit auf der Verteidigungsseite hinzubekommen, um die Mittel zu haben, um das Ganze zurückzuzahlen". Aber auch die sozialen Lasten, vor denen Deutschland in den kommenden Jahren stehen werde, müssten geschultert werden.
... die Signale, die das Paket an Europa sendet
Die "europäische Dimension" komme ihm in der bisherigen Diskussion zu kurz, sagte Rocholl im ZDF. Zum einen gebe es europäische Fiskalregeln.
Und in dem Augenblick, in dem Deutschland gegen diese Fiskalregeln verstößt, wird es natürlich sehr schwierig sein, andere Länder in Europa dazu zu bringen, sich an diese Fiskalregeln zu halten.
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Jörg Rocholl, Ökonom
Zum anderen sei es so, dass die Zinsen auf Staatsanleihen schon jetzt gestiegen seien. "Nicht nur in Deutschland, sondern auch in diesen anderen Ländern." Für Deutschland sei das verkraftbar - in anderen Ländern sehe das deutlich kritischer aus. "Wir müssen immer bedenken, dass Deutschland als Anker, auch als Rettungsanker in Europa von so zentraler Bedeutung ist. Dass also nicht von Deutschland Gefahren dadurch für andere Länder ausgehen."
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Quelle: dpa
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