Bundesgericht: Söders Kreuzerlass auf dem Prüfstand

    Bundesgericht verhandelt:Söders Kreuzerlass weiter auf dem Prüfstand

    Christoph Schneider
    von Christoph Schneider
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    Seit Juni 2018 gilt der bayerische Kreuzerlass. Doch daran entzündet sich heftige Kritik. Der Bund für Geistesfreiheit klagt - jetzt vor dem Bundesverwaltungsgericht.

    Kreuze in bayerischen Landesbehörden
    Der bayerische Kreuzerlass sieht vor, dass in jedem staatlichen Gebäude in Bayern ein Kreuz im Eingangsbereich hängen muss.
    Quelle: dpa

    Als Markus Söder, CSU, im März 2018 bayerischer Ministerpräsident wurde, war ihm eine Sache besonders wichtig: Kreuze würden einfach zu Bayern dazugehören. So folgte sein Kabinett im April 2018 seinem Vorschlag der Änderung des § 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats.
    Da ist geregelt: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." Zum 1. Juni 2018 trat die Vorschrift in Kraft. Seitdem haben bayerische Behörden dem Folge zu leisten.

    Heftiger Widerstand gegen Söders Kreuzerlass

    Doch an dieser Regelung entzündete sich heftiger Widerstand. Das Kreuz würde für Wahlkampfzwecke missbraucht, so ein Vorwurf. Auch die katholische und evangelische Kirche störten sich an dieser Instrumentalisierung des Kreuzes.
    Der Grundrechte-Report, ein Jahrbuch, welches die Situation der Bürger- und Menschenrechte hierzulande aus der Sicht verschiedener Bürgerrechtsorganisationen beschreibt, wird ganz deutlich: Er bewertet die bayerische Verordnung als einen Verstoß gegen das objektive Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität und als eine Verletzung der negativen Religionsfreiheit.
    Denn sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den bayerischen Amtsstuben als auch Bürgerinnen und Bürger würden gezwungen, in den Behörden ein Verwaltungsverfahren "unter dem Kreuz" zu führen.

    Klagen vom Verwaltungsgericht abgewiesen

    So zogen nicht nur der in Bayern ansässige Bund für Geistesfreiheit (bfg), sondern auch 25 Einzelpersonen (Unternehmer, Künstler und Politiker) vor Gericht. Sie forderten, die Vorschrift in der Geschäftsordnung zum einen aufzuheben und zum anderen die Kreuze abzuhängen.
    Das Verwaltungsgericht (VG) München wies 2020 in erster Instanz sämtliche Klagen ab. Und stellte weiter fest, dass die Klagen der Einzelpersonen auch unzulässig seien, denn sie hätten nicht ausreichend dargelegt, durch welche Kreuze sie konkret betroffen seien und hätten auch nicht hinsichtlich der Häufigkeit und Schwere der Betroffenheit differenziert.

    VGH: Kreuze als passive Symbole

    Der Bund für Geistesfreiheit legte Berufung ein. So ging der Fall vor den Verwaltungsgerichtshof (VGH) München, der 2022 die Klagen ebenfalls abwies. Die obersten Verwaltungsrichterinnen und -richter Bayerns stellten zwar fest, dass das Kreuz "für den Nichtchristen oder den Atheisten" zu einem "sinnbildlichen Ausdruck bestimmter Glaubensüberzeugungen und zum Symbol seiner missionarischen Ausbreitung werden könne".
    Gleichwohl seien die aufgehängten Kreuze in den Eingangsbereichen hauptsächlich passive Symbole ohne "missionierende und indoktrinierende Wirkung", so dass die Kreuze hängenbleiben könnten und auch die Verordnung nicht zu beanstanden sei.  Es würden sich daraus keine weiteren Nachteile für andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ergeben, so der VGH in seinen Urteilsgründen. Eine Revision gegen diese Entscheidung sei möglich.

    Bund für Geistesfreiheit legt Revision ein

    Genau die hat der bfg vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig auch eingelegt. "Der bfg München sieht hier nicht nur das staatliche Neutralitätsgebot verletzt, sondern kritisiert auch die Bevorzugung der christlichen Religion gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften", so die Initiatorin der Klage und Vorsitzende des bfg München, Assunta Tammelleo.  
    Der 10. Senat des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts unter Vorsitz der Vizepräsidentin Susanne Rublack muss klären, ob diese Begründung des VGH weiterhin so Bestand hat. Eine Entscheidung wird aber heute erst einmal doch nicht fallen - es soll ein gesonderter Verkündungstermin bestimmt werden.
    Christoph Schneider ist Redakteur in der ZDF-Fachredaktion Recht & Justiz.

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