Selbstbestimmungsgesetz in Kraft: Zwischen Glück und Zweifel

    Selbstbestimmungsgesetz :Neues Gesetz: René darf jetzt Vanessa sein

    Cornelia Schiemenz
    von Cornelia Schiemenz
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    Ab jetzt kann jeder Mensch seinen Geschlechtseintrag und seinen Vornamen ändern lassen. Psychiatrische Gutachten sind dafür nicht mehr erforderlich.

    Selbstbestimmungsgesetz
    Ab heute lassen sich der Geschlechtseintrag und der Vorname bei Standesämtern ändern. Das neue Selbstbestimmungsgesetz ist vor allem für Transpersonen gedacht. Allein in Leipzig wollen mehr als 600 Personen ihren Geschlechtseintrag wechseln.01.11.2024 | 2:32 min
    Ihr Make-Up und die roten Fingernägel sind perfekt, ein Busen zeichnet sich unter dem schwarzen Rollkragenpullover dezent ab. Sehnsüchtig wartet Vanessa Mannteufel auf den 11. November. An diesem Tag wird die 52-jährige Leipzigerin zum Standesamt gehen und dann ihre offiziellen neuen Papiere bekommen: Aus René wird Vanessa. Aus männlich wird weiblich. Vanessa Mannteufel über das neue Selbstbestimmungsgesetz, das an diesem Freitag in Kraft tritt:

    Das bedeutet für mich unheimlich viel Freiheit, endlich so zu leben, wie man sich fühlt.

    Vanessa Mannteufel

    Vanessa Mannteufel war eine der ersten Personen in Leipzig, die zum 1. August den Antrag gestellt hatten. "Ich habe so lange darauf gewartet, ich wollte so schnell wie möglich das Gesetz nutzen." Der Gesetzgeber hat eine "Bedenkzeit" von drei Monaten im neuen Selbstbestimmungsgesetz vorgeschrieben. Bedenken, die Vanessa nicht hat. Für sie endet nun eine lange Zeit, in der sie in einem Transgender-Dilemma steckte.
    Irgendwie fühlte Mannteufel es schon immer, dass ihr Körper und ihre Gefühle nicht zum ihr zugeordneten Geschlecht passten. Mit Ende 30 wurde ihr klar, dass sie im falschen Körper steckt. Da führte sie eine klassische feste Partnerschaft, hatte ein Kind gezeugt, als Straßenbauarbeiter, Zweiradmechaniker und Rigger in der ganzen Welt gearbeitet.
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    Die Partnerschaft zerbrach, als René vor sieben Jahren zum ersten Mal als Vanessa auf die Straße ging. Mit Make-Up, Schmuck und Frauenklamotten. Für die Kranfahrerin selbst eine Befreiung.







    In Leipzig haben fast 700 Menschen einen Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags gestellt, deutschlandweit sind es ca. 15.000. Die Bundesregierung hatte den betroffenen Personenkreis auf 4.000 geschätzt.
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    Für Jasmin Gräwel vom CSD Leipzig e.V. kommt der Andrang nicht überraschend. "Man merkt, dass wirklich sehr viele Menschen sehr lange gewartet haben, ihr Geschlecht in dieser vereinfachten Form ändern lassen zu können. Die diskriminierende Praxis mit den vielen sehr persönlichen Fragen fällt weg. Die hohen Kosten fallen weg. Das nimmt sehr viel Druck raus bei den Menschen. Die Freude ist einfach wahnsinnig groß", sagt Jasmin Gräwel gegenüber ZDFheute.

    Abschied von Transsexuellengesetz

    Über 40 Jahre lang galt das Transsexuellengesetz. Dieses schrieb mindestens zwei psychiatrische Gutachten vor, wenn ein Mensch sein Geschlecht ändern lassen wollte. Ein langwieriger und teurer Prozess. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz entfallen die Kosten von ca. 2.000 Euro. Lediglich die Verwaltungsgebühren von etwa 38 Euro sind noch zu zahlen.
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    Das vom Bundestag beschlossene Selbstbestimmungsgesetz soll Änderungen von Geschlechtseinträgen in Zukunft erleichtern. Das Gesetz tritt am 1. November in Kraft.12.04.2024 | 1:20 min
    Kritiker finden, das neue Gesetz mache es Menschen nun zu leicht, das Geschlecht zu ändern. Sie befürchten, dass Menschen einen Weg gehen, den sie später im Leben bereuen.

    Kritik von Psychoanalytiker

    Der Psychoanalytiker Prof. Dr. Bernd Ahrbeck beschäftigt sich seit Jahren mit den Themen Transsexualität und Transgender. Er kritisiert vor allem, dass Kinder und Jugendliche zukünftig bereits ab 14 Jahren selbstständig per Sprachakt über sich entscheiden dürfen. Überforderung und Gruppenzwang drohten.
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    Phenix Kühnert ist Model, Autorin und Schauspielerin. Mit ihr spricht Leon Windscheid über festgefahrene Stereotype in der Gesellschaft und über Geschlechtsidentität.24.06.2023 | 20:16 min
    "Sie dürfen mit 14 nicht rauchen, nicht trinken, kein Auto fahren, sich nicht tätowieren lassen. Aber sie sollen über das eigene Geschlecht entscheiden dürfen? Das ist schwer nachvollziehbar und psychologisch nicht vertretbar", so Ahrbeck. Laut dem Psychoanalytiker kämen gerade bei Kindern Irritationen sehr häufig vor: "Bei 80 bis 85 Prozent der Kinder vergehen diese Irritationen im Laufe der Zeit wieder."
    "Frag den Lesch": Prof. Harald Lesch steht an einem Stehtisch und erzählt.
    Warum gibt es eigentlich zwei Geschlechter? Die Frage bewegte eine Zuschauerin und veranlasste Harald Lesch, sich tiefer mit der Materie auseinanderzusetzen.11.10.2024 | 15:21 min
    Vanessa Mannteufel schaut verträumt auf den Leipziger Auensee. Das Selbstbestimmungsrecht ist für sie ein weiterer Baustein auf dem Weg der Transition. "Ich bin sehr glücklich", sagt sie lächelnd und freut sich auf diesen zweiten Lebensabschnitt. Als Frau.

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