Warum Scholz sich in China bei Xi Jinping schwergetan hat

    Analyse

    Kanzler besucht Xi Jinping:Warum Scholz sich in China schwergetan hat

    ZDF-Reporterin Diana Zimmermann
    von Diana Zimmermann
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    Olaf Scholz spricht mit der chinesischen Regierung vor allem über Geopolitik und Wirtschaft. Trotz drei möglicher Handelsabkommen: Ein Handschlag zwischen Scholz und Li bleibt aus.

    Scholz in Peking
    Am letzten Tag seines China-Besuches ist Bundeskanzler Scholz mit Staatschef Xi Jinping zusammengetroffen. 16.04.2024 | 2:51 min
    Sehr viel länger als erwartet, so heißt es ein bisschen stolz aus Regierungskreisen, habe Olaf Scholz mit Xi Jinping unter vier Augen geredet. 45 Minuten lang waren die beiden allein, insgesamt drei Stunden und zwanzig Minuten haben Kanzler und Präsident miteinander verbracht, spazierend, essend, mit der Delegation verhandelnd.
    Xi Jinping, der sich auf Lebenszeit zum Großen Vorsitzenden hat wählen lassen und damit mit einer seit Mao geltenden Regel der Kommunistischen Partei gebrochen hat, sprach dem Kanzler gegenüber vom "Frühling in den Beziehungen" der beiden Länder.
    Scholz-Besuch in China: "Viele Themen"
    Der Kanzler müsse in China klarmachen, dass das Land "einen Kurs verfolgt, den wir als Europäer nicht akzeptieren können", so der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer (B'90/Grüne). 15.04.2024 | 5:23 min

    Scholz spricht mit Xi über Ukraine-Krieg

    Tatsächlich aber hat Olaf Scholz (SPD) mit Xi erstmal über den russischen Krieg in der Ukraine gesprochen, er habe, so der Kanzler bei der Pressebegegnung mit Ministerpräsident Li Qiang, "Xi gebeten, auf Putin einzuwirken, damit Wladimir Putin seine Truppen abzieht und den furchtbaren Krieg beendet".
    Was Xi darauf erwidert hat, sagt Scholz nicht, Zustimmung war es wohl nicht, denn der Kanzler geht zu den Punkten über, auf die man sich geeinigt hat und dieser ist nicht dabei.
    Beide Länder wollen den Frieden unterstützen, sich über eine Konferenz in der Schweiz und andere Initiativen intensiv abstimmen. Noch einmal seien sie übereingekommen, sich gegen den Einsatz von und die Drohung mit Atomwaffen auszusprechen - das hatten sie bei Scholz letztem Besuch 2022 bereits getan, es war von der Bundesregierung als großer Erfolg gefeiert worden.
    Schaltgespräch mit Schmidt
    Bundeskanzler Scholz hat Chinas Staatschef um eine aktivere Rolle im Ukrainekrieg gebeten. ZDF-Korrespondentin Elisabeth Schmidt berichtet über die Entwicklungen.16.04.2024 | 1:20 min

    Abkommen zur Kreislaufwirtschaft, Rindfleisch und Äpfeln

    Nun fügten sie hinzu, dass sie Angriffe auf kerntechnische Einrichtungen wie Atomkraftwerke ablehnten. Seine Gespräche seien "ein kleiner Baustein" gewesen, um auf China einzuwirken, sagte der Kanzler bei seinem Abschlussstatement, dazu formte er mit den Händen einen Quader in der Größe eines Legosteins.
    Das Beste, was Scholz aus China mitbringen wird, werden drei Abkommen sein. Eins zur Kreislaufwirtschaft, eins zu Rindfleisch und eins darüber, dass Deutschland "frische Äpfel" nach China exportieren darf. Hoffnung gibt es auf ein Abkommen, das den Export von deutschem Schweinefleisch wieder erlaubt - hier vor allem Teile wie Schnauze und Ohren, die Deutsche nicht essen, Chinesen aber umso lieber.
    ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer bei heute Xpress live aus Peking.
    ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer erklärt, dass sich Deutschland und China gegenseitig brauchen. 16.04.2024 | 1:09 min

    "Pressebegegnung" ohne Fragen

    Gekommen aber war der Kanzler, um von Xi ein Entgegenkommen zu erreichen. China exportiert Produkte nach Russland, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Das Schuldbewusstsein darüber scheint gering zu sein. Ein Signal, Moskau so nicht weiter unterstützen zu wollen, blieb jedenfalls aus.
    Nach den Gesprächen mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang und dem deutsch-chinesischen Wirtschaftsausschuss kam es zu einer "Pressebegegnung". Auf Chinesisch und auf Deutsch wurde vorab mitgeteilt, dass man einvernehmlich auf Fragen nach den Statements verzichten wolle. Die deutsche Seite stellte später fest, China habe klar gemacht: ohne Fragen oder gar nicht.

    Chinas Li Qiang spricht viel über Wirtschaft

    Li Qiang sprach weder über Geopolitik, noch über gute Beziehungen Pekings zu Teheran und Moskau, sondern nur von den Wirtschaftsbeziehungen zwischen den zweit- und drittgrößten Volkswirtschaften der Welt - China und Deutschland.
    Presse mit Alexander Jungkunz
    Scholz hat "diesen schwierigen Besuch bisher gut absolviert und kritische Themen angesprochen", so Alexander Jungkunz, Nürnberger Nachrichten. Sein Besuch zeige, wie "abhängig wir von der chinesischen Wirtschaft sind".16.04.2024 | 3:28 min
    Er zählte die vielen Dialogformate auf, die China und Deutschland miteinander haben und räumte mit ganz grundsätzlichen deutschen Annahmen auf. Man solle sich nicht gegenseitig als Rivalen betrachten, sagte er - eine Formulierung, die in der China-Strategie der deutschen Bundesregierung vorkommt. China wird hier als "Partner, Wettbewerber und strategischer Rivale" bezeichnet, was Peking nicht gefallen kann.

    Li Qiang verteidigt chinesische Subventionen

    Die Annahme, China subventioniere seine Produkte, wie E-Autos und Photovoltaik-Anlagen unlauter, sei, "objektiv und dialektisch" zu betrachten, sagte Li in ganz ähnlicher Form wie er es Anfang April beim Besuch von US-Finanzministerin Yellen getan hatte.
    Er klang wie ein Wirtschaftsprofessor, der Scholz eine kurze Vorlesung über den Kapitalismus hält. Der Vorwurf sei falsch. "Andere Länder haben auch Subventionen", ätzte er gegen den Inflation Reduction Act der US-Regierung, die chinesischen entsprächen denen der Welthandelsorganisation. Die chinesische Wettbewerbsfähigkeit bei grünen Produkten liege im großen inländischen Markt und ihrer technischen Leistungsfähigkeit begründet.
    Scholz trifft Xi Jinping: "Dilemma"
    "China steht in fast allen Punkten Deutschland entgegen", so ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Diana Zimmermann in Peking. 16.04.2024 | 2:56 min

    Scholz: Deutschland wolle sich nicht von China loslösen

    Der Kanzler schien verstimmt. Er stieg auch hier scharf und deutlich mit dem Ukraine-Krieg ein. Machte noch einmal klar, dass es dabei um zentrale deutsche Sicherheitsinteressen gehe. Als er zum Thema Wirtschaft kam, sagte er gleich zweimal, Deutschland strebe kein de-coupling an, keine Loslösung von China, es wolle lediglich seine Abhängigkeit reduzieren.
    Das ließ ahnen, dass es zu unangenehmen Gesprächen über die China-Strategie gekommen war. Probleme könne man nur gemeinsam lösen, schloss Scholz. Dass es keine Fragen geben würde, war vorher angekündigt worden. Dass es keinen Handschlag geben würde zwischen Li und Scholz nicht.

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