Minderheitsregierung in Sachsen: Die Bilanz nach 100 Tagen
100 Tage Minderheitsregierung:Sachsen: Regieren ohne Mehrheit im Praxistest
von Stefan Kelch
|
Für die Verabschiedung des Staatshaushaltes braucht die CDU-SPD-Regierung die Opposition. Das zeigt die Schwierigkeiten der Regierungsarbeit in Sachsen. Eine Bilanz nach 100 Tagen.
100 Tage Minderheitsregierung in Sachsen - schwierige Zeiten für Ministerpräsident Kretschmer: Kein Haushalt, ein Milliardenloch und wenig Handlungsspielraum. Wie erleben die Abgeordneten das Politik-Experiment?22.03.2025 | 3:52 min
Die ersten 100 Tage sind eher so verronnen. Von außen gesehen. Der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) aber sieht’s von innen. Es sei ungerecht, dass er lesen müsse, die sächsische Staatsregierung würde nicht arbeiten.
Sie arbeite - und zwar mit Hochdruck, nur eben im Verborgenen, in der Öffentlichkeit merke man das nicht. Geräuschlos und in Rekordzeit sei der Doppelhaushalt 25/26 erstellt worden.
Sachsen muss sparen: Vier Milliarden fehlen für Haushalt
Ein Haushalt, der mit deutlich weniger Geld auskommen muss und für den die sächsischen Finanzreserven komplett aufgelöst wurden. Und doch fehlen über vier Milliarden Euro. Quer durch alle Resorts setzte daraufhin der Rotstift seine Akzente. Zentrale Wahlversprechen wie eine sächsische Grenzpolizei kommen nun nicht. Alles zurück auf Kernaufgabe, mehr ist nicht möglich.
Oder vielleicht ja doch, hofft die mitregierende SPD, mit dem Milliardenpaket vom Bund könnte das eine oder andere vielleicht doch noch werden:
Die finanzielle Unterstützung, die wir durch den Bund für Investitionen erhalten werden, wird uns dabei unterstützen.
„
Petra Köpping (SPD), Gesundheitsministerin Sachsen
Um dem Ganzen auch Positives abzutrotzen, bezeichnen ihn die Ministerien als einen "verlässlichen Haushalt". Das Arbeitsministerium unter der mitregierenden SPD nennt das, was nun kommt: "Schwerpunkte schärfen".
Ende Juni, so der Plan, soll der Landtag den Haushalt verabschieden. Ein erster Härtetest für die Regierung, die im Landtag keine Mehrheit hat und deshalb Stimmen aus der Opposition braucht - die schießt sich gerade ein.
CDU und SPD wollen in Sachsen eine Minderheitsregierung bilden. Mit einem "Konsultations-Mechanismus" wollen sie bei jedem Gesetzentwurf auf alle Fraktionen im Landtag zugehen.15.11.2024 | 2:32 min
Finanzen: Was AfD, Linke, Grüne und BSW sagen
AfD: "Der Finanzminister hätte einen umfangreichen Plan zur Verschlankung der aufgeblähten Verwaltung und zum Bürokratieabbau vorlegen müssen."
Linke: "Wir sehen den Haushaltsverhandlungen mit skeptischem Optimismus entgegen und stellen uns gegen Sozialkürzungen."
BSW: "Der Haushaltsentwurf soll Investitionen in die Zukunft des Freistaates ermöglichen. Wir werden genau prüfen, welche Maßnahmen darunterfallen."
B90/Die Grünen: Die hatten bereits ihre Pflöcke in einem Positionspapier eingeschlagen, in dem sie ankündigen über das sogenannte Konsultationsverfahren dafür sorgen zu wollen, dass es keinen politischen Stillstand in Sachsen gibt.
Im sächsischen Landtag ist Michael Kretschmer von der CDU erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Künftig führt Kretschmer eine Minderheitsregierung mit der SPD an.18.12.2024 | 1:42 min
Regierung Kretschmer muss sich mit Opposition abstimmen
Ein von der Regierung unter Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erfundenes sogenanntes Konsultationsverfahren sieht vor, dass alle Gesetzesvorhaben der Minderheitsregierung mit der Opposition vorbesprochen und mehrheitsfähig gemacht werden, bevor sie in den Landtag zur Abstimmung kommen. Die AfD lehnt eine solche Mitarbeit ab.
Die Opposition hat sehr lange Wunschlisten. Dass der Finanzminister noch ein paar Millionen unterm Bett zurückhält für den Einkauf von Oppositionsstimmen, wird gemutmaßt aber nicht bestätigt. Ob das Konsultationsverfahren tatsächlich lebensfähig ist, wird sich beweisen müssen. Ein erster niederschwelliger Test wird das neue Sächsische Straßengesetz. Mit ihm soll Bürokratie abgebaut werden - was die Opposition sicher nicht ablehnen wird.
Paragrafendschungel und Papierberge: Die Verwaltungslast in Deutschland nimmt immer weiter zu. Ehrenamtliche und kleine Unternehmen stoßen zunehmend an ihre Grenzen.20.10.2024 | 29:47 min
Öffentlicher Dienst: Regierung will 382 Stellen abbauen
Die Regierung beschließt nun auch zaghafte Maßnahmen zum Bürokratieabbau. Neue Gesetze, Verwaltungsvorschriften und Rechtverordnungen sollen deutlich vereinfacht werden. Gendern ist in Texten nicht mehr erlaubt.
382 Personal-Stellen sollen abgebaut werden. Doch werden die Personalausgaben wegen der zu erwartenden Tariferhöhungen um 600 Millionen Euro steigen. Genau dieses "Haushaltrisiko" prognostiziert der Landesrechnungshof seit Jahren. Inzwischen verschlingt das Personal fast ein Drittel des Gesamthaushaltes.
Nun aber, so Finanzminister Christian Piewarz (CDU) habe man sich "auf den Pfad des Stellenabbaus" begeben. ".. und die nächste Aufgabe wird sein, sehr kritisch eine Aufgabenkontrolle, eine Aufgabenüberprüfung vorzunehmen, was staatliche Aufgaben sind und was nicht mehr staatliche Aufgaben sind, … so dass wir in der Perspektive auch hier Stück für Stück weniger Personal im öffentlichen Dienst haben."
Seit 100 Tagen wird in Sachsen mit der Minderheitsregierung regiert. Das ist besonders bei den aktuellen Haushaltverhandlungen problematisch.26.03.2025 | 1:51 min
Befreiung vom Nationalsozialismus: 8. Mai wird Gedenktag
Dass das Entgegenkommen von Regierung zu Opposition ernst gemeint ist, zeigte sich am Mittwoch. Das erste Mal seit 1990 haben die Linken einen Antrag durch den Landtag gebracht: Der 8. Mai - in der DDR der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus - wird nun auch in Sachsen Gedenktag.
Als Gegenleistung - im Zuge des Konsultationsverfahrens - wird erwartet, dass die Linken den Haushalt durchwinken. Das zeigt, wie kompliziert die Regierungsarbeit in Sachsen ist: Der Erfolg steht und fällt mit Kompromissen dieser Art.
Stefan Kelch berichtet aus dem ZDF-Studio in Dresden.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.