Zu wenige Kinder: Kitas in Sachsen schließen

    Chance für mehr Qualität?:Zu wenige Kinder: Kitas in Sachsen schließen

    Archiv: Stefan Kelch, aufgenommen am 01.05.2012
    von Stefan Kelch
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    Die Zahl der unter Sechsjährigen geht in Sachsen weiter zurück - bis 2025 um etwa zehn Prozent. Kommunen müssen Kitas schließen. Personal soll aber nicht abgebaut werden.

    Eine Kindergärtner liest Kindern vor (Archivbild)
    In Sachsen kümmert sich eine Erzieherin um deutliche mehr Kinder als Kolleginnen in anderen Bundesländern.
    Quelle: dpa

    Wer in den letzten Jahren zum Thema Kindergartenplätze recherchierte, der reibt sich jetzt in Sachsen verdutzt die Augen. Gab es in der Vergangenheit einen stets beklagten akuten Mangel an Betreuungsplätzen, ist nun in diesem Bundesland von Kita-Schließungen die Rede. Was ist passiert? Nun, es fehlt an Kindern - oder genauer: Es wird bald an Kindern fehlen.

    In Dresden fehlen die Mütter

    Die Kita-Abteilungsleiterin in Dresden, Sabine Grohmann, erklärt das für die Landeshauptstadt. In den 90er Jahren seien vor allem weniger Mädchen in Dresden geboren worden. Heißt für unsere Tage, so Grohmann: "Es fehlen einfach die Mütter."
    Zudem sei die Geburtenrate von 1,6 auf 1,24 Kinder pro Frau gesunken. Gerechnet habe man zwar schon mit einem Geburtenrückgang - aber dass er so krass ausfallen würde, das sei erst jetzt sichtbar. Oder anders gerechnet: In drei bis fünf Jahren kämen an die 4.000 Kinder weniger in die Dresdner Kitas.
    GEW-Bildungsstreik - Berlin
    Bundesweit fehlen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung rund 430.000 Kita-Plätze. Der Bedarf werde weiter steigen, heißt es. 28.11.2023 | 2:35 min
    In Leipzig, der für junge Familien wohl attraktivsten sächsischen Stadt, ist es ein ähnliches Bild. Hier werden derzeit 1.000 Kinder pro Jahr weniger geboren. Ein Trend, der sich noch bis 2027 fortsetzen wird. Erst dann rechnet man mit wieder steigenden Zahlen aufgrund steigender Zuzüge in die Messestadt. In Chemnitz müssen aufgrund dieser Entwicklungen etwa 440 Kindergartenplätze abgebaut werden.

    Verdi befürchtet Jobabbau

    Das Damokles-Schwert eines drohenden Stellenabbaus über den Häuptern der Erzieherinnen und Erzieher befüchtet die Gewerkschaft ver.di. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht darin allerdings auch eine Chance: Den schlechten Personalschlüssel und die Qualität der frühkindlichen Erziehung jetzt für ganz Sachsen verbessern.
    Die Infografik zeigt die Geburtenrate in Deutschland zwischen 1871 und 2019. 1871 lag die durchschnitteliche Anzahl an Kindern pro Frau noch bei 4,7. Heute liegt sie bei 1,54.
    Die Geburtenrate sinkt bundesweit weiter: 2022 lag sie bei 1,46 - in den ostdeutschen Bundesländern war sie mit 1,43 etwas niedriger als im Westen (1,48).

    "Eine Erzieherin in Sachsen muss sich um deutlich mehr Kinder als ihre Kollegin in anderen Bundesländern kümmern. Darunter leidet ihre Gesundheit genauso wie die individuelle Begleitung, Bildung und Erziehung des einzelnen Kindes", argumentiert Astrid Axmann, die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende. Eine sächsische Erzieherin muss bislang über elf Kindergartenkinder betreuen, als ideal angesehen werden 7,5.

    Kommunen sehen in Entwicklung Chancen

    Auch die Städte sehen in der vorgezeichneten Entwicklung vor allem Chancen. Es wird zwar Schließungen geben. Doch vor allem sollen Einrichtungen geschlossen werden, die ohnehin in einem bedauerlichen Zustand sind - oder Container, auf die man ausweichen musste, weil die Kindern anders nicht mehr unterzubringen waren.
    Fruehkindliche-Bildung
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    Leipzigs Jugendbürgermeisterin Vicki Felthaus (Grüne): "Es ist zwar in den zurückliegenden Jahren der Eindruck entstanden, in Leipzig würde es nur noch moderne Kitas geben, aber das ist mitnichten so. Der Anteil an teil- und unsanierten Altbeständen macht gegenwärtig 65 Prozent aus."

    Kultusminister: Personal halten, Qualität stärken

    In Dresden sollen elf Kindergärten bis 2027 mit 3.500 Plätzen schließen. Erzieher aber würden nicht entlassen, sagt Kita-Abteilungsleiterin Sabine Grohmann:

    Wir wollen die Möglichkeit nutzen, eine Reserve schaffen und die Bildungs- und Betreuungsqualität weiter verbessern.

    Sabine Grohmann, Kita-Abteilungsleiterin in Dresden

    In dieses Horn bläst auch der sächsische Kultusminister, Christian Piwarz (CDU): "Wenn wir einerseits beklagen, dass es in der Grundschule immer schwieriger wird, grundlegende Fertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu vermitteln, dann müssen wir nicht nur in die Grundschulen blicken, sondern auch Kindertageseinrichtungen besser in die Lage versetzen, ihre wichtige Bildungsarbeit leisten zu können". Sein Rat: Am Personal festhalten und die Qualität stärken. Er nennt das "demografische Rendite".
    Die jetzt frei werdenden Kapazitäten bieten also in erster Linie eine unerwartete Chance. Nach Jahren der Mangelverwaltung nun mehr in die Qualität von Kindergärten zu investieren.
    Stefan Kelch ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Sachsen.

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