Untersuchungsausschuss: Vetternwirtschaft in der NRW-Justiz?
Aussagen im NRW-U-Ausschuss:Vetternwirtschaft im Justizministerium?
von Ralph Goldmann
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Im Düsseldorfer Streit über die Besetzung eines der höchsten Richterämter belastet ein unterlegener Bewerber den Justizminister schwer. Die Opposition fordert dessen Rücktritt.
Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Archivfoto)
Quelle: dpa
Der Tag, an dem das Oberverwaltungsgericht Münster führungslos wurde, ist fast vier Jahre her. Am 31. Mai 2021 ging die damalige Präsidentin in den Ruhestand - eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger gibt es bis heute nicht.
Das Besetzungsverfahren, das seitdem läuft, bezeichnen die einen als Posse, andere als handfesten politischen Skandal, der die Regierungskoalition von CDU und Grünen belaste. Inzwischen beschäftigt sich im Landtag in Nordrhein-Westfalen ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit dem Fall.
Vorwurf: Durch "Überbeurteilung" Bekannte bevorzugt
Zentrale Figur ist Justizminister Benjamin Limbach (Grüne). Der Vorwurf: Der Minister soll versucht haben, ohne Bestenauslese und mit einer sogenannten "Überbeurteilung" eine alte Bekannte auf den Chefsessel des Oberverwaltungsgerichts (OVG) zu hieven, das höchste Richteramt im NRW-Verwaltungsrecht.
Die Opposition aus SPD, FDP und AfD spricht von "Vetternwirtschaft" und einem unzulässigen "Näheverhältnis". Tatsächlich beschwerten sich zwei Kandidaten vor Gericht gegen ihre Nicht-Berücksichtigung. Mit Erfolg: Das Verwaltungsgericht Münster stoppte das Verfahren im September 2023, nannte es "rechtswidrig" und "manipulativ".
Kandidaten-Aussage bringt Limbach in Bedrängnis
Am Dienstag sagten die beiden zunächst unterlegenen Bewerber im Ausschuss als Zeugen aus. Vor allem die Aussage von Carsten Günther, derzeit Richter am Bundesverwaltungsgericht mit CDU-Parteibuch, bringt Justizminister Limbach erneut in Bedrängnis.
Günther hatte bereits mit einer eidesstattlichen Versicherung den Aussagen des Ministers widersprochen. Auch Limbach selbst hatte eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Es steht Aussage gegen Aussage.
Aussage im U-Ausschuss: Fall von "Günstlingswirtschaft"
Richter Günther bekräftigte im Ausschuss, sowohl von Limbach als auch vom Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), zur Rücknahme seiner Bewerbung gedrängt worden zu sein. Ihm sei von beiden signalisiert worden, dass man sich eine Frau mit CDU-Parteibuch auf dem Posten wünsche und die Entscheidung bereits gefallen sei.
Das Bundesverkehrsministerium wehrt sich 2023 gegen Vorwürfe der Vetternwirtschaft. Ein Abteilungsleiter soll Fördergelder an befreundete Manager vergeben haben.24.08.2023 | 1:27 min
Er sprach in diesem Zusammenhang von "Ämterpatronage" und "Günstlingswirtschaft" und stellte klar: "Die politische Vorfestlegung war und bin ich nicht bereit hinzunehmen." Ein solches Verhalten der Regierungskoalition sei "dem Ansehen der Politik abträglich." Und weiter:
Dafür trägt Minister Limbach die volle Verantwortung.
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Carsten Günther, Bewerber für das Präsidentenamt am OVG Münster
Die Frau, die nach dem Willen des Ministers eigentlich schon längst OVG-Präsidentin hätte sein sollen, hatte bereits eine Woche zuvor alle Vorwürfe genervt zurückgewiesen: "Ich finde die Unterstellung echt absurd", sagte Katharina Jestaedt, 55-jährige Abteilungsleiterin im NRW-Innenministerium. Die Juristin nannte die Berichterstattung über ihren Fall zunächst "ehrenrührig". Die Opposition im Landtag sieht das deutlich anders.
SPD und FDP forderten nach diesen Aussagen den Rücktritt des grünen Justizministers. Seit Monaten versuche dieser, mit allen Mitteln den Eindruck zu vermitteln, das Besetzungsverfahren sei korrekt verlaufen, sagte die SPD-Obfrau im Ausschuss, Nadja Lüders, aber: "In der heutigen Sitzung ist dieser Versuch endgültig gescheitert und wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen. Reihenweise wurden Angaben des Ministers als falsch entlarvt." Werner Pfeil von der FDP ergänzte: "Ein Sumpf von Lügen und Unwahrheiten ist bisher ans Licht gekommen."
Vorwürfe der Vetternwirtschaft hat es 2023 auch im Bundeswirtschaftsministerium gegeben: Damals soll ein Bewerber bevorzugt worden sein.10.05.2023
Justizministerium: Zeuge hat "subjektive Wahrnehmungen"
Ein Sprecher des Justizministers teilte mit: "Der Zeuge hat heute seine sehr subjektiven Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen geäußert, die zu den Aussagen anderer Zeugen in Widerspruch stehen."
Der Minister werde zu seinen Erinnerungen und den Details des Auswahlverfahrens Rede und Antwort stehen. "Sie weichen in einigen Punkt deutlich von dem ab, was der Zeuge heute bekundet hat." Die Aussage ist für den 25. März geplant.
Ralph Goldmann ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
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