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Die Putschpläne um Prinz Reuß:Reichsbürger-Prozess gestartet
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Es ist ein historisches Verfahren: Eine mutmaßliche Verschwörergruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß soll einen gewaltsamen Umsturz geplant haben. Der Prozess steht erst am Anfang.
In Stuttgart startet der Prozess gegen neun Angeklagte der Reichsbürgergruppe um Prinz Reuß. Ihnen wird vorgeworfen, als terroristische Vereinigung einen Umsturz geplant zu haben.29.04.2024 | 3:05 min
Irre Verschwörungstheoretiker? Harmlose Staatskritiker? Gefährliche Putschisten? Es ist unmöglich, in den Kopf der Männer zu blicken, die da an diesem Montag im streng gesicherten Saal des Oberlandesgerichts Stuttgart hinter dickem Panzerglas sitzen. Bei der Verlesung der Anklage schütteln sie immer wieder den Kopf - als ob sie die Vorwürfe nicht ernst nehmen könnten. Es geht um Terrorismus und Hochverrat, um "Reichsbürger", Putschpläne und Verschwörungsmythen.
Historisches Verfahren um Reuß-Gruppe
Am Montag hat mit dem Terrorprozess gegen die mutmaßliche Verschwörergruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht ein historisches Verfahren begonnen. Die Verdächtigen sollen einen gewaltsamen Umsturz der Bundesregierung geplant haben. Es ist einer der größten Terrorprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik.
Man gehe von 23.000 Menschen aus, die Reichsideen anhängen, so Andreas Speit, Rechtsextremismus-Experte. Zu befürchten sei, dass sich weitere Menschen radikalisieren. 29.04.2024 | 4:06 min
Die Angeklagten sollen sich laut Generalbundesanwaltschaft verpflichtet haben zur "Reaktivierung Deutschlands", eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet haben - unter Androhung der Todesstrafe. Eine bewaffnete Gruppe sollte in den Reichstag eindringen. "Säuberungen" und "Aufräumarbeiten" sollen geplant gewesen sein. Von Feindeslisten ist die Rede, mit den Namen von Landräten, Amtsärzten, Gerichtsvollziehern.
Die Bewegung der Reichsbürger ist vielschichtig. Gemeinsamer Nenner ist, dass ihre Mitglieder die Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen. Die Motive und Begründungen hierfür sind unterschiedlich. So wird beispielsweise angeführt, dass Deutschland nach wie vor von den Alliierten besetzt sei, es 1945 keinen Friedensvertrag gegeben habe und Deutschland über keine gültige Verfassung verfüge.
Die QAnon-Bewegung ist eine ursprünglich in den USA wurzelnde Gruppierung, die die Verschwörungstheorie verbreitet, dass es eine globale, satanistische Elite gebe, die Kinder entführe, gefangen halte, foltere und ermorde, um deren Blut als "Verjüngungsserum" zu trinken.
QAnon-Verschwörungstheorien
Aber auch die Narrative des QAnon-Kults spielen in der Anklage eine bedeutende Rolle, die feste Überzeugung, dass verschwörerische Eliten die Geschicke der Welt lenken, diese den rituellen Missbrauch von Kindern in unterirdischen Tunneln praktizieren. Die Angeklagten hätten diese Verbrechen aufdecken wollen, sie hätten darauf vertraut, dass die Bevölkerung dann aufwachen und ihre Machtübernahme unterstützen werde, so trägt es die Anklagebehörde vor.
Wie gefährlich sind diese Männer wirklich? Diese Frage schwebt über den Verfahren, die sehr lange gehen dürften. In Stuttgart geht es vor allem um den militärischen Arm der Gruppe, der die Machtübernahme mit Waffengewalt hätte durchsetzen sollen. Insgesamt neun Männer, allerdings nicht Reuß selbst, müssen sich in Stammheim verantworten.
Den mutmaßlichen Reichsbürgern um Heinrich XIII. Prinz Reuß wird unter anderem Hochverrat vorgeworfen. ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke ordnet den Prozess ein.29.04.2024 | 1:09 min
Spannender Prozess erwartet
Den Männern, zwischen 40 und 60 Jahre alt, wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen und die sogenannte "Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens". Einer der Angeklagten steht zudem wegen versuchten Mordes vor Gericht - es handelt sich um den Mann, der im März 2023 bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Reutlingen mehrfach mit einem Gewehr auf Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos geschossen und dabei Beamte verletzt haben soll.
Der Prozess verheißt Spannung: Zwei der Männer sagten bereits am Montag, dass sie sich zu den Vorwürfen äußern wollen. Wann sie aussagen werden, ist noch unklar. Ein weiterer Angeklagter kündigte an, zumindest Angaben zur Person machen zu wollen. Die restlichen sechs Angeklagten wollen zunächst überhaupt keine Angaben machen.
Quelle: dpa
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