Nach Karlsruher Urteil: Söder stellt Bedingungen

    Nach Karlsruher Urteil:Wahlrecht: Söder stellt Bedingungen

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Ministerpräsident Söder will mehr: Die ganze Wahlrechtsreform der Ampel soll zurückgedreht werden. Das sei eine Bedingung, sollte die CSU Teil der nächsten Bundesregierung werden.

    Markus Söder am 20.06.2024.
    Markus Söder will das Wahlrecht wieder ändern - komplett.
    Quelle: dpa

    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist zufrieden, aber nur zur Hälfte. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform sei ein "Erfolg für Bayern und Klatsche für die Ampel", so Söder. Das Karlsruher Gericht hatte die Abschaffung der Grundmandatsklausel als verfassungswidrig bewertet. Damit hätten kleine Parteien wie die CSU und die Linke aus dem nächsten Bundestag fliegen können.
    Söder will aber auch den anderen Teil der Ampel-Wahlrechtsreform streichen. Diesen hatte das Gericht am Dienstag für zulässig erklärt. Demnach gibt es keine Überhangs- und Ausgleichsmandate mehr, Parteien kann ein Wahlkreismandat gestrichen werden. "Wir bedauern dieses Minus an direkter Demokratie", so Söder. Und: Die CSU will mit der CDU nur in eine nächste Bundesregierung eintreten, wenn auch dieser Teil geändert wird:

    Wir werden die Zuteilung wieder ändern. Das ist eine Koalitionsbedingung für eine nächste Bundesregierung.

    Markus Söder (CSU), Ministerpräsident in Bayern

    Baden-Württemberg, Karlsruhe: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts,(l-r) Astrid Wallrabenstein, Doris König (Vorsitzende), Ulrich Maidowski, Rhona Fetzer und Peter Frank, verkündet das Urteil über die Wahlrechtsreform der Ampel-Koalition.
    Ein wichtiger Teil der Wahlrechtsreform der Ampel wurde durch das Bundesverfassungsgericht gekippt. Die Aufhebung der Grundmandatsklausel sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.30.07.2024 | 2:01 min

    Lindholz: Juristisch zulässig, aber gefährlich für Demokratie

    Auch Andrea Lindholz, Vizefraktionschefin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist zwar froh über das Karlsruher Urteil: "Das war ein Versuch der Wahlmanipulation und Schwächung der CSU", sagte sie dem TV-Sender Phoenix. Auch sie plädiert aber dafür, nun selbst den verfassungsgemäßen Teil des Wahlrechts wieder zu ändern.
    Denn jetzt könne es passieren, dass derjenige mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis kein Mandat bekommt.

    Das mag juristisch zulässig sein, ist aber auf Dauer gefährlich für die Demokratie, wenn man gewonnene Mandate nicht zuteilt.

    Andrea Lindholz (CSU), Vizechefin der Unions-Bundestagsfraktion

    Eine Reduzierung der Wahlkreise sei besser, um die ständige wachsende Zahl der Bundestagsabgeordneten zu beschränken.
    Eine Grafik zeigt die Größe des deutschen Bundestags im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Im Vergleich dazu: Das Europaparlament, die Abgeordnetenkammer in Brasilien und das Repräsentantenhaus in den USA:
    Derzeit sitzen etwa 730 Abgeordnete im Bundestag. Eigentlich dürften es nur 620 sein. Die CSU hat in der Vergangenheit alle Wahlkreise in Bayern gewonnen. Gegen eine Reduzierung hatte die Partei sich in früheren Legislaturperioden oft gewehrt.
    CDU-Chef Friedrich Merz ging auf dem Nachrichtenportal X in seiner Reaktion nicht auf Söders Forderung ein. Eine Verkleinerung des Bundestags sei "dringend erforderlich", so Merz. Trotzdem: "Der Versuch der Ampel, politische Konkurrenten mit Hilfe des Wahlrechts auszuschalten, ist damit gescheitert."
    Bundestagsdebatte zur Wahlrechtsreform
    Der Bundestag platzt aus allen Nähten. Mit der Wahlrechtsreform will die Ampelkoalition auch die sogenannte Grundmandantsklausel streichen. Linke, und CSU drohen mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.17.03.2023 | 2:00 min

    Änderung bis Ende September wäre möglich

    Auch die Linke wäre unter diesen Bedingungen wieder im Bundestag: Die Partei hatte zwar nicht mehr als fünf Prozent der Stimmen erhalten, aber drei Direktmandate gewonnen und sitzt deswegen im Parlament. Es wäre nach dem Karlsruher Urteil nun aber auch zulässig, beispielsweise die Fünf-Prozent-Hürde zu senken oder CDU/CSU als Fraktionsgemeinschaft zu bewerten. Eine Gesetzesänderung müsste aber bis Ende September beschlossen werden.
    Wie der Bundestag gewachsen ist
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    Deswegen kann für die nächste Wahl als Übergangsregelung die alte Regelung noch gelten, dass also drei Direktmandate für den Einzug in den Bundestag ausreichen.
    Der Linken-Bundestagsabgeordnete Dietmar Bartsch nannte das Urteil "besonders peinlich für die Rechtsstaatspartei FDP". Mit "ihrer Wahlrechtsmanipulation zielte die Ampel auf CSU und Linke, getroffen hätte sie unsere Demokratie", so Bartsch.

    Ampel-Parteien: Ein "großer Erfolg"

    SPD, FDP und Grüne sehen das wiederum völlig anders. Ein "sehr kluges Urteil", so FDP-Fraktionsvorsitzender Konstantin Kuhle. Es sei "ein großer Erfolg für die Koalition". Seit Jahren sei gefordert worden, dass der Bundestag kleiner werden müsse. Nun sei sicher: Das nächste Parlament werde 100 Abgeordnete weniger haben. "Damit halten wir Wort", so Grünen Fraktionschefin Britta Hasselmann.
    Ampel-Regierung
    Der Bundeskanzler geht in den Sommerurlaub. Davor steht für Olaf Scholz noch die traditionelle Sommer-Pressekonferenz an - Zeit für eine Bilanz der Ampel-Koalition.24.07.2024 | 2:34 min
    SPD-Verhandlungsführer Sebastian Hartmann sagte, mit diesem nun bestätigten Wahlrecht könne schon morgen gewählt werden. Denn der Kern der Reform sei nicht geändert worden. Vor allem CDU-Vorsitzender Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sollten dies nun akzeptieren, so Hartmann:

    Ich fordere die Opposition auf, sich zu mäßigen.

    Sebastian Hartmann (SPD), innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

    Selbstkritischere Töne kommen von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Die Grundmandatsklausel, die das Gericht jetzt verworfen habe, stamme von einem Sachverständigen der Union. Die Ampel "hätte dieser Anregung nicht folgen sollen, so Buschmann auf X. "Das hätte man auch früher erkennen können."

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