Debatte im moma-Duell:Rauchverbote auch im Freien?
von Philipp Dietrich
|
Jedes Jahr sterben etwa 700.000 Menschen in Europa durch Tabakkonsum. Die EU will härter dagegen vorgehen. Soll es Rauchverbote auch im Freien geben? Ein Streitgespräch.
Die EU-Gesundheitsminister haben einer Empfehlung der Kommission zugestimmt, rauchfreie Bereiche auf Außenflächen auszuweiten - darunter Freibäder, Haltestellen sowie Außenbereiche von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen. In Deutschland liegt die Entscheidung bei Bund und Ländern. Im moma-Duell streiten die Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann von den Grünen, und der EU-Abgeordnete Daniel Caspary (CDU) über neue Rauchverbote im Freien und den Sinn der Empfehlung aus Brüssel.
Ich möchte, dass die Bundesländer ambitionierten Nichtraucherschutz betreiben.
Daniel Caspary, Vorsitzender CDU/CSU-Gruppe EU-Parlament
Caspary zweifelt grundsätzlich den Sinn von Empfehlungen zum Nichtraucherschutz aus Brüssel an: "Wogegen ich bin, ist, dass wir ständig die Situation haben, dass man sich hinter Europa versteckt." Die Bundesländer müssten ambitionierten Nichtraucherschutz betreiben, aber Vorgaben aus Europa möchte er nicht, zumindest so lange nicht, wie die Kompetenz bei Bund und Ländern liegt.
Grünen-Politikerin will Passivraucher schützen
Das sieht Grünen-Politikerin Linda Heitmann völlig anders, sie "findet es schon schön, wenn Europa Empfehlungen dafür gibt" und nimmt gleichzeitig größere Ziele in den Blick: "die Zahl der Raucherinnen und Raucher runterzukriegen, dass wirklich weniger Menschen überhaupt anfangen zu rauchen" und den "Schutz der Passivrauchenden". Es müsse überprüft werden:
Wo stehen Leute über längere Zeit so eng aneinander, dass sich die, die einfach mitrauchen, dem nicht mehr entziehen können.
Linda Heitmann, Grünen-Abgeordnete im Bundestag
Es gebe eben Gruppen wie Kinder und Jugendliche, die beispielsweise an Bushaltestellen geschützt werden müssen.
Caspari: Aufklärung durch die Bundesländer
Gegen all diese Maßnahmen hat der Europa-Abgeordnete Daniel Caspary wenig einzuwenden. Auch er sieht mit Schrecken, wie die Klassenkameraden seiner Kinder in der Schule "immer mehr zu diesen Vapes greifen". Aber er möchte Information, Aufklärung und Werbung von denen, die dafür verantwortlich sind, also den Bundesländern und nicht von der EU-Kommission und den EU-Gesundheitsministern.
"Das Parlament hat das abgelehnt. Die Mitgliedsstaaten haben trotzdem entschieden. Das ist doch absurd." Das Europaparlament soll Europas "Wettbewerbsfähigkeit stärken", Russland zwingen, endlich einen Frieden einzugehen" - und sich nicht um Sachen kümmern, für die es nicht zuständig sei.
Heitmann: "Raucheinschränkungen in der Gastronomie waren ein großer Schritt"
Dass Verbote Gutes bewirken können, macht Linda Heitmann an den Erfolgen der Rauchverbote in der Gastronomie fest. Heute gingen Menschen "sehr viel lieber in Gaststätten" und selbst irische Pubs hätten Publikum gewonnen und nicht, wie zuerst befürchtet, unter den Einschränkungen gelitten.
Auch CDU-Mann Daniel Caspary sieht Nichtraucherzonen in der Außengastronomie positiv, möchte aber für die Gastronomie lieber mit "Kampagnen starten", die Vorteile erklären und davon überzeugen, dass "die Zeit vorbei ist, dass ihr Einbußen habt, wenn ihr rauchfrei macht". Bis dahin appelliert er auch an die Eigenverantwortung etwa von Biergartenbesuchern, sie könnten ja auch fragen: 'Würde es Ihnen was ausmachen, wenn wir die Plätze tauschen?' - und säßen dann nicht mehr im Rauch.
Söder kündigte verschärftes Rauchverbot für Bayern an
Linda Heitmann erinnert an einen Volksentscheid in Bayern, in dem "für ein absolutes Rauchverbot in den Innenräumen der Gastronomie" gestimmt wurde. Auch das sei eine eigenverantwortliche Entscheidung der Bevölkerung gewesen und zu solchen Entscheidungen müsse es in den Bundesländern kommen.
Casparys Vorwurf, "Rauchen quasi überall verbieten" zu wollen, kontert Heitmann entschieden. Es gehe ihr darum, es da zu verbieten, "wo es dem Passivrauchenden schadet".
Wie die Bundesländer mit den Empfehlungen aus Brüssel umgehen werden, bleibt abzuwarten.
Weitere News zum Thema Rauchen
Großbritannien:Gesetz zu striktem Rauchverbot rückt näher
Dampfen statt Rauchen:Die Gefahr der Vape
von L. Gauer und M. Leidinger
mit Video