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Jährlicher Rassismusmonitor:Rassismus: Besonders Schwarze Menschen leiden
von Kathrin Haas
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Diskriminierung führt zu einem Vertrauensverlust in staatliche Institutionen. Das zeigt der Rassismusmonitor. Mehr als ein Fünftel der Deutschen hat rassistische Einstellungen.
Im öffentlichen Raum gehört rassistische Diskriminierung in Deutschland für viele Menschen zum Alltag. Laut dem Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor wird jede zweite rassistisch markierte Person (54 Prozent) mindestens einmal im Monat diskriminiert.
Zu dieser Gruppe zählt der Bericht Personen, die sich als Schwarz, muslimisch, asiatisch, osteuropäisch oder deutsch mit Migrationshintergrund identifizieren. Besonders muslimische (61 Prozent) und Schwarze Frauen (63 Prozent) sowie Schwarze Männer (62 Prozent) erleben dem Bericht zufolge verstärkt subtile Diskriminierung und Rassismus. Studienleiter Cihan Sinanoğlu erklärt:
Dazu zählt zum Beispiel, wenn man unfreundlich behandelt wird, wenn man ignoriert oder angestarrt wird, oder wenn Personen Angst vor einem haben
Cihan Sinanoğlu, Studienleiter
Die Studie zeigt: Je stärker Betroffene diskriminiert werden, desto schlechter ist ihr psychischer Zustand. Jede dritte Person, die angab, häufig Diskriminierung zu erfahren, litt unter moderaten bis schweren Symptomen für Depressionen und Angststörungen - im Vergleich zu rund jedem Zehnten unter den Nicht-Betroffenen.
Es gibt unterschiedliche Selbstbezeichnungen, die Schwarze Menschen verwenden: Schwarz, Afrodeutsch oder Person/People of Color (PoC) sind laut Afrozensus die häufigsten Begriffe.
Das Adjektiv "schwarz" wird im Deutschen normalerweise klein geschrieben. Wenn wir das Wort "Schwarze" im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Schwarze Menschen großschreiben, soll das deutlich machen, dass in diesem Zusammenhang nicht die Hautfarbe gemeint ist, sondern die politische Selbstbezeichnung für von Rassismus betroffene Menschen.
Quelle: Mediendienst Integration, Amnesty International
Das Adjektiv "schwarz" wird im Deutschen normalerweise klein geschrieben. Wenn wir das Wort "Schwarze" im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Schwarze Menschen großschreiben, soll das deutlich machen, dass in diesem Zusammenhang nicht die Hautfarbe gemeint ist, sondern die politische Selbstbezeichnung für von Rassismus betroffene Menschen.
Quelle: Mediendienst Integration, Amnesty International
Vertrauensverlust in staatliche Institutionen durch Diskriminierung
Besonders muslimische (37 Prozent) und Schwarze Frauen (29 Prozent) gaben an, in Ämtern und Behörden diskriminiert worden zu sein. Davon berichtet auch Karen Taylor von der bundesweiten Antidiskriminierungsberatung EOTO. "Man wird zu Bittstellern gemacht", kritisiert Taylor. Menschen würden zum Teil direkt geduzt oder es werde angenommen, dass sie etwas vertuschen:
Also dieser menschliche Umgang, wo man direkt merkt, man ist hier nicht gewollt. Oder man tut sogar etwas Kriminelles, indem man Dinge beantragt.
Karen Taylor, EOTO
... soll regelmäßig Auskunft zu Ursachen, Ausmaß und Folgen von Diskriminierung und Rassismus liefern und wird von der Bundesregierung gefördert. Der jährlich erscheinende Monitoringbericht fußt auf einer repräsentativen Online-Befragung. Von Juni bis November 2022 wurden dafür rund 20.000 Personen sowie von August 2024 bis Januar 2025 rund 9.500 Personen mit und ohne Migrationshintergrund befragt. Für den Bericht werden außerdem qualitative Studien, Experimente sowie Analysen von Beratungsdaten, rechtlichen und politischen Dokumenten sowie medialer Berichterstattung herangezogen.
Rassistische Diskriminierung durch Polizei
Karen Taylor hat als Schwarze deutsche Frau schon mehrfach erlebt, in der voll besetzten Regionalbahn als einzige Person von der Polizei anlasslos kontrolliert zu werden.
"Das führt dazu, dass man glaubt, man ist nicht willkommen in dieser Gesellschaft", so Taylor. "Und dass man das Vertrauen in diesen Staat verliert und nicht mehr glaubt, die Polizei ist dein Freund und Helfer, sondern sogar das Gefühl entwickelt, die Polizei arbeitet gegen einen."
Dem Bericht zufolge vertrauen 87 Prozent der muslimischen Personen der Polizei, wenn sie keine Diskriminierung erlebt haben - jedoch nur 19 Prozent, wenn sie häufig durch diese diskriminiert wurden. Bei asiatischen Menschen sinkt das Vertrauen von 86 Prozent auf vier Prozent, wenn sie häufig Diskriminierung durch die Polizei erfahren haben.
Gefestigte rassistische Einstellungen in der Gesamtbevölkerung
Die Studie attestiert mehr als einem Fünftel der deutschen Gesamtbevölkerung gefestigte rassistische Einstellungen. So glaubten etwa 22 Prozent der Befragten, dass ethnische und religiöse Minderheiten in den letzten Jahren wirtschaftlich mehr profitiert haben, als ihnen zusteht.
23 Prozent stimmten zu, dass diese Gruppen zu viele Forderungen nach Gleichberechtigung stellen. Die Zustimmung zu diesen rassistischen Vorurteilen stagnierte über den Erhebungszeitraum von 2022 bis 2024.
Studienleiter Sinanoğlu sieht politische Krisen, wirtschaftliche Unsicherheiten und gesellschaftliche Polarisierung als Treiber rassistischer Narrative: "Natürlich sind wir alle davon beeinflusst, wie wir über Migration, wie wir über das vermeintlich Andere, das vermeintlich Fremde sprechen", so der Sozialwissenschaftler.
Wenn eine ständige Abwertung dieser Gruppen passiert, schlägt sich das natürlich auch nieder in Einstellungsmustern von Menschen.
Cihan Sinanoğlu
Rassistische Pöbeleien in Berlin
Mohammed Chahrour von der Berliner Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt ReachOut beobachtet momentan einen Anstieg rassistischer Fälle in Berliner Randbezirken. So berichteten ihm Kopftuch tragende Frauen immer häufiger, in öffentlichen Verkehrsmitteln bepöbelt oder bespuckt zu werden.
"Wir haben ein gesellschaftliches Klima, das insgesamt für Minderheiten bedrohlicher wird und wirkt", so Chahrour. "Es gibt gesellschaftliche Gruppen, die sich bestärkt fühlen durch die Erfolge der AfD und ihren Feindseligkeiten freien Lauf lassen." Chahrour fordert deshalb von politischer Seite ein klares Zeichen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Kathrin Haas ist Korrespondentin im ZDF-Studio in Berlin.
Quelle: dpa
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