Prozessauftakt in Berlin:Spionageverdacht: BND-Mitarbeiter vor Gericht
von Ann-Kathrin Jeske
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Der BND hatte einen mutmaßlich von Russland bezahlten Spion in den eigenen Reihen vor gut einem Jahr selbst entdeckt. Nun stehen Carsten L. und ein möglicher Mittäter vor Gericht.
Alles sollte ganz sicher sein, nicht die kleinste Sicherheitslücke offen bleiben. Diesen Eindruck konnte man beim Prozessauftakt der Strafverfahren gegen Carsten L. und Arthur E. am Kammergericht Berlin gewinnen.
Hohe Sicherheitsvorkehrungen
Zahlreiche Sicherheitskontrollen vor dem Gerichtssaal führten dazu, dass der Prozess verspätet begann. Und auch im Saal selbst waren die Sicherheitsvorkehrungen hoch: Die beiden Angeklagten Carsten L. und Arthur E. saßen getrennt voneinander und ihren Anwälten hinter einer dicken Glaswand.
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Nur durch ein Fenster konnten sie mit ihren Strafverteidigern sprechen, was der ehemalige BND-Mitarbeiter Carsten L. auch tat. Immer wieder blätterte er durch einen vor ihm liegenden Ordner und besprach sich mit seinem Anwalt.
Informationen gingen offenbar nach Moskau
Klar ist: Für den mutmaßlichen Verräter in den eigenen Reihen des BND geht es um viel. Mindestens fünf Jahre Gefängnis, aber sogar eine lebenslange Freiheitsstrafe könnte Carsten L. drohen, wenn sich das bewahrheitet, was die Bundesanwaltschaft ihm vorwirft: Einen besonders schweren Fall von Landesverrat, also die Preisgabe von Staatsgeheimnissen.
- Landesverrat kann nach dem Strafgesetzbuch in besonders schweren Fällen wie diesem mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren oder auch einer lebenslangen Freiheitsstrafe geahndet werden.
- Ein solcher Fall liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Täter eine verantwortliche Stellung missbraucht hat, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders verpflichtet. Quelle: dpa
Es ist diese Tatsache, die für den Angeklagten juristisch heikel ist: Dass er, dem Staatsgeheimnisse als Mitarbeiter des BND gerade anvertraut waren, seine Stellung missbrauchte, um Informationen an den russischen Geheimdienst FSB weiterzugeben. Ein von Russland bezahlter BND-Mitarbeiter mitten in Zeiten des Ukraine-Kriegs – der Fall ist auch politisch brisant.
Denn der Leak könnte dazu geführt haben, dass der BND einen Chat der russischen Söldnertruppe Wagner nicht mehr lesen konnte. Wagner-Kommandeure sollen durch die Geheimdienstinformationen davon erfahren haben, dass ihr Messengerdienst vom BND gehackt worden war und ihn daraufhin gewechselt haben.
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Wie groß ist der Schaden für den BND?
Die Anklage wirft L. auch vor, interne Dokumente aus dem BND herausgeschleust zu haben. Zwei Mal soll er Dokumente an seinem BND-Rechner in Pullach ausgedruckt oder abfotografiert haben. Mitangeklagt ist der Unternehmer Arthur E., der die Informationen von L. bekommen und nach Moskau zum FSB transportiert haben soll. Als Mitarbeiter in der Abteilung Technische Aufklärung, die im Ausland Telefon-, Satelliten- und Internetkommunikation überwacht, dürfte L. durchaus über viele Informationen verfügt haben.
Das erkannte offenbar auch der FSB, der dem Unternehmer Arthur E. eine Liste mit weiteren, wünschenswerten Informationen mit auf den Weg gegeben haben soll - darunter Details zum deutschen Flugabwehrsystem Iris-T. All das soll vor gut einem Jahr, im Herbst 2022, geschehen sein. Gegen eine Entlohnung von 450.000 Euro für Carsten L., Arthur E. soll mindestens 400.000 Euro bekommen haben.
Prozess unterbrochen
Was davon zutrifft, konnte der erste Prozesstag noch nicht zeigen. Nicht einmal die Anklage wurde an diesem ersten Verhandlungstag vollständig verlesen. Die Bundesanwaltschaft hatte beantragt, einen Teil der Anklageschrift unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorzutragen - aus Sicherheitsgründen - weshalb das Gericht die Verhandlung zu Beratungen unterbrach.
Der Vorsitzende Richter Detlev Schmidt erklärte später, dass diese Entscheidung kompliziert sei und der Senat darüber in Ruhe nachdenken wolle. Eine Entscheidung, ob die weitere Anklage nun öffentlich oder nichtöffentlich verlesen wird, wird das Gericht bei der Fortsetzung am Donnerstag mitteilen.
Ann-Kathrin Jeske ist Mitarbeiterin in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz