Demos gegen Rechtsextremismus: Wie geht es weiter?
Demos gegen Rechtsextremismus:Protestbewegung "nur ein Bündnis auf Zeit"
von Annika Heffter
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Seit rund einem Monat nehmen immer wieder Hunderttausende an Demos gegen Rechtsextremismus teil. Aber ab wann zeigt eine Protestbewegung Wirkung - und woran kann sie zerbrechen?
Demo in Potsdam am 14. Januar: Seit rund einem Monat wird in ganz Deutschland immer wieder gegen Rechtsextremismus und die AfD protestiert.
Seit der Veröffentlichung der "Correctiv"-Recherche zu dem Geheimtreffen von Rechtsradikalen in Potsdam gehen Menschen in ganz Deutschland immer wieder auf die Straße. Mittlerweile ist die Protestbewegung rund einen Monat alt - zusammengerechnet haben bereits mehr als drei Millionen Menschen an Demos gegen Rechtsextremismus teilgenommen.
Aber reicht allein eine große Menschenmasse, um einen Protest erfolgreich zu machen? Was spielt sonst noch eine Rolle? Und gehen die Demos gegen Rechtsextremismus jetzt weiter - oder zerfällt die Bewegung wieder?
Teilnehmerzahl einer Demo ist wichtig
Der Soziologe Stephan Poppe von der Universität Leipzig beschäftigt sich unter anderem mit Protestbewegungen und ihren Erfolgsfaktoren. Er sagt zunächst einmal:
Die Teilnehmerzahl ist schon wichtig, sie zeigt die Relevanz einer Bewegung auf.
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Dr. Stephan Poppe, Universität Leipzig
Zudem könne man daran erkennen, "wie groß der Teil der Gesellschaft ist, der so tickt und welche Themen gerade wichtig sind". Poppe interessiert dabei besonders der soziale Aspekt: "Gehen Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße, gegen Hartz IV, für mehr Klimaschutz oder gegen die wahrgenommene Islamisierung des Abendlandes wie etwa Pegida?"
Anhand des Themas und der Größe einer Demo könnten zum Beispiel auch Politiker sehen, was die Gesellschaft bewegt. Durch die Demos gegen den Krieg im Irak habe die Regierung so etwa beobachten können: "Aha, offensichtlich will die Bevölkerung einen deutschen Kriegseinsatz nicht."
Auch der Durchhaltewillen zählt
Um den Erfolg verschiedener Protestbewegungen miteinander zu vergleichen, müsse zudem die Länge einer Bewegung berücksichtigt werden. Etwa bei den Montagsdemos 1989 oder heute bei Fridays for Future könne man die Wirkung von starkem Durchhaltewillen gut sehen. Dieser "führt zum Beispiel dazu, dass Medien das Anliegen aufgreifen", erklärt Poppe.
Ein weiterer Erfolgsfaktor sei das Anliegen selbst, sagt der Soziologe. "Wie legitim ist das, was vorgetragen wird?" Um diese Legitimität auszustrahlen, müsse die Bewegung sich zumindest in großen Teilen auf einer Linie mit dem bewegen, "was ein großerTeil der Gesellschaft auch will", sagt Poppe. Je größer die Legitimität, desto eher reiche auch eine kleinere Teilnehmerzahl, um Erfolg zu haben.
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Quelle: epa
Klare gemeinsame Ziele helfen, um langfristig zu bestehen
Damit eine Bewegung bestehen kann, brauche es zudem "Professionalisierung", sagt Poppe - also Führungspersönlichkeiten, klare Ziele und Forderungen sowie Orientierung. Sonst könne ein Protest schnell auseinanderlaufen.
Manchmal sind Bewegungen so vielfältig und heterogen, dass sie einfach nicht unter einen Hut passen. Dann streiten sie sich und zerbrechen.
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Dr. Stephan Poppe, Universität Leipzig
Ein gutes Beispiel für eine gelungene Professionalisierung sei Fridays for Future. Greta Thunberg, die die Bewegung angestoßen hat, "kann ja nicht überall auf der Welt Proteste organisieren". Also haben sich Untergruppierungen gebildet, wie in Deutschland mit Luisa Neubauer als Führungspersönlichkeit.
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Manchmal entstünden aus Protestbewegungen sogar Parteien, wie etwa die Grünen. "Und sicher haben auch viele Unterstützer von Pegida eine Heimat in der AfD gefunden", führt Poppe aus.
Welche Zukunft haben die Demos gegen Rechtsextremismus?
Aber wie ist es nun mit den derzeitigen Demos gegen Rechtsextremismus, wie geht es damit weiter?
Soziologe Poppe stellt heraus, dass die Protestbewegung schon jetzt Erfolge zu verbuchen habe: Die AfD nehme etwa teilweise Statements zurück oder verkünde personelle Veränderungen. "Da sieht man schon, dass diese Demos eine Wirkung entfalten", sagt Poppe. "Ich glaube, dass vielen Protestierenden das erstmal gar nicht so klar ist."
Gleichzeitig betont Poppe: "Außer der einen Sache, gegen die man gemeinsam protestiert, mangelt es bei zu breiten Bündnissen aber oft an weiterem innerem Zusammenhalt."Dadurch, dass bei den Demos gegen Rechtsextremismus viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Zielen und Wünschen mitlaufen, sei die Gefahr, dass die Bewegung zerbreche.
Wir haben auf jeden Fall ein ganz breites Spektrum an Wertevorstellungen, die nicht zusammenpassen. Deshalb würde ich behaupten, dass dies nur ein Bündnis auf Zeit wird.
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