politbarometer2go: Nach der EU-Wahl - AfD Erfolg im Osten?

Spionagevorwürfe, SS-Verharmlosung und Beobachtung durch den Verfassungsschutz - all das hat die Wähler der AfD wohl nicht abgeschreckt. Bei der Europawahl am 9. Juni verbessert die Partei ihr Ergebnis im Vergleich zu 2019 sogar um 4,9 Prozentpunkte.

Im EU-Wahlkampf setzte die AfD auf das Thema Migration und ihre Haltung zum Ukraine-Krieg. Die Partei forderte - in Abgrenzung zu vielen anderen Parteien - ein engeres Verhältnis zu Russland und stellte sich gegen Waffenlieferungen in die Ukraine.

Die Europawahl gilt als wichtiger Stimmungstest vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September.

Bei der EU-Wahl erreichte die AfD in Sachsen 31,8 Prozent der Stimmen und konnte die CDU deutlich hinter sich lassen. Dasselbe gilt in Thüringen mit 30,7 Prozent und auch in Brandenburg mit einem Ergebnis von 27,5 Prozent.

Die EU-Wahl zeigt: Die AfD gehört in vielen Bundesländern zur Normalität. Es gibt kein Vorbei mehr an ihr. Das stellt vor allem die anderen Parteien auf die Probe: Sollten die Landtagswahlen in Ostdeutschland ähnlich ausfallen wie die Europawahl könnte es schwierig bis unmöglich werden, die gewohnten Mehrheiten zu bilden.

Momentan will keine der anderen Parteien mit der AfD zusammenarbeiten. Die CDU beschwört nach wie vor die sogenannte "Brandmauer" - soll heißen: Keine Zusammenarbeit und gemeinsame Koalition mit der AfD. Die AfD in der Landesregierung - das scheint damit trotz aller Erfolge unwahrscheinlich.

Dann wäre voraussichtlich wieder die CDU am Zug eine Regierung zu bilden. Aber mit wem? Denn momentan sieht es so aus, als würden alle anderen etablierten Parteien zu schlecht abschneiden, um gemeinsam mit der CDU eine Mehrheit zu erreichen. Allen voran die SPD, die bei dieser Europawahl im Osten teilweise sogar nur einstellige Ergebnisse eingefahren hat.

Das könnte vor allem einer Partei nützen: dem Bündnis Sahra Wagenknecht, dem BSW. Die Partei könnte das berühmte Zünglein an der Waage werden.

In Thüringen, Brandenburg und Sachsen räumte das BSW bei der Europawahl aus dem Stand Werte zwischen 12,6 und 15 Prozent ab und wurde damit in allen drei Ländern drittstärkste Kraft.

Für Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen ist das BSW eine Partei, mit der man bei den anstehenden Landtagswahlen rechnen muss.

Jung: "Die Zugewinne des BSW im Osten sind fast doppelt so hoch wie die Zugewinne der AfD." Sein Fazit:

Jung weiter: "Und von daher ist es eine sichere Bank für die Etablierung des BSW im Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, nicht nur im Osten."

Eine Mehrheitsbildung ohne das BSW könnte schwierig werden. Insgesamt stehen für die Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen völlig neue Partei-Konstellationen im Raum: Um Mehrheiten jenseits der AfD zu bilden, könnten komplizierte Koalitionen mit drei bis vier Partnern, wie in Sachsen-Anhalt, immer häufiger werden.

Für manche deutschen Wähler mag die Europawahl eine Protestwahl gewesen sein. Eine Chance, der deutschen Politik deutlich zu zeigen: Es soll sich etwas ändern. Wie es auf Landesebene weitergehen kann, dazu muss jede Partei jetzt überzeugende Lösungen erarbeiten. Und zwar schnell, denn der Wahl-Herbst ist nah - und der wird auf jeden Fall heiß.