Ist die Pflegeversicherung bald pleite?

    Lauterbach kündigt Konzept an:Ist die Pflegeversicherung bald pleite?

    von Dominik Rzepka und Britta Spiekermann
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    Mehr als fünf Millionen Menschen in Deutschland bekommen Geld aus der Pflegeversicherung. Doch diese könnte 2025 zahlungsunfähig werden. Minister Lauterbach will reagieren.

    Archiv: Eine Pflegekraft begleitet am 22.02.2013 in Köln die Bewohnerin eines Altenheims beim Gang über den Flur
    Bundesgesundheitsminister Lauterbach will "in Kürze" ein Finanzkonzept vorlegen, um die Pflegeversicherung auf stabilere Füße zu stellen.
    Quelle: dpa

    Die gesetzliche Pflegeversicherung steht offenbar bereits im Februar kommenden Jahres vor der Pleite. Zwar soll der Beitragssatz im kommenden Jahr um 0,2 Prozentpunkte erhöht werden. Doch das könnte nicht reichen. Der Vorstandschef der Krankenkasse DAK, Andreas Storm, sagt:

    Der Pflegeversicherung droht in wenigen Monaten die Zahlungsunfähigkeit.

    Andreas Storm, DAK-Vorstandschef

    Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Beitrag sogar um 0,25 oder 0,3 Prozentpunkte steigen muss. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Demnach laufen in der Ampel-Koalition bereits Gespräche, wie eine Zahlungsunfähigkeit der Pflegeversicherung noch verhindert werden kann.
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    Lauterbach kündigt Konzept an

    Das Bundesgesundheitsministerium warnt vor Panikmache. Die Pflegeversicherung sei nicht pleite. Ein Sprecher sagt ZDFheute:

    Dass die Pflegeversicherung sowohl kurzfristig wie auch strukturell Schwierigkeiten hat, ist nicht neu.

    Sprecher Bundesgesundheitsministerium

    Das habe vor allem drei Gründe: Mit der jüngsten Pflegereform seien Pflegebedürftige in Heimen erheblich entlastet worden. Pflegekräfte bekämen höhere Löhne. Und drittens gebe es mehr Pflegebedürftige als angenommen.
    Deswegen werde Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) "in Kürze ein Finanzkonzept vorlegen". Die Pflegeversicherung werde kurzfristig und langfristig "wieder auf stabilere Füße" gestellt. Details will Lauterbach am Montagnachmittag nennen.
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    Was ist die Pflegeversicherung?

    In Deutschland erhalten etwa 5,5 Millionen Menschen Geld aus der Pflegeversicherung - etwa 5,2 Millionen sind gesetzlich versichert, knapp 350.000 privat. Einige Leistungsempfänger werden in einem Pflegeheim rund um die Uhr betreut. Andere leben zu Hause und bekommen Hilfe bei der Körperpflege oder etwa beim Einkaufen.
    So viele Menschen erhalten Geld aus der sozialen Pflegeversicherung
    ZDFheute Infografik
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    Sie können von dem Geld entweder Pflegerinnen und Pfleger bezahlen oder es pflegenden Angehörigen geben, als Anerkennung für ihre Arbeit.
    Die Pflegeversicherung gibt es seit 1995. Sie ist eine Pflichtversicherung. Alle, die gesetzlich krankenversichert sind, sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Privat Krankenversicherte müssen eine private Pflegeversicherung abschließen.
    Frau von hinten in Rollstuhl
    Der Eigenanteil bei der Pflege steigt kontinuierlich. Durchschnittlich müssen Menschen, die in einem Heim versorgt werden, monatlich 2.871 Euro aus eigener Tasche bezahlen. 10.07.2024 | 1:27 min

    Größter Anstieg der Sozialbeiträge seit 20 Jahren?

    Laut Gesundheitsministerium sind rund 74 Millionen Menschen in der sozialen Versicherung, rund neun Millionen sind privat versichert. Der Beitragssatz beträgt im Moment 3,4 Prozent. Kinderlose zahlen vier Prozent.
    Sollte der Beitrag für die Pflegeversicherung um 0,3 Prozent steigen, könnten die Sozialbeiträge insgesamt so stark steigen wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Denn: Anfang 2025 werden auch die Beiträge für die Krankenversicherung steigen - laut einer Beispielrechnung um 95 Euro im Monat für Durchschnittsverdiener.

    Deutlicher Anstieg ab 2025
    :So viel teurer wird Ihr Krankenkassenbeitrag

    Die Beiträge für private Krankenversicherte werden im kommenden Jahr wohl deutlich steigen. Auch für viele gesetzlich Versicherte wird es ab 2025 deutlich teurer.
    von D. Rzepka, B. Spiekermann und S. Schultz
    Krankenkassenkarte und Geld

    Kassen fordern Milliarden Euro vom Bund

    Die DAK fordert von der Bundesregierung, höhere Beiträge in der Pflegeversicherung zu vermeiden. Statt höherer Beiträge müsse der Bund sechs Milliarden Euro zahlen. Schließlich hatte der Bund die Pflegekassen im Jahr 2020 verpflichtet, Geld an Pflegeeinrichtungen zu zahlen im Rahmen der Pandemiebewältigung. Dieses Geld müsse dringend zurückgezahlt werden.
    Ähnlich äußern sich auch die gesetzlichen Krankenversicherungen. GKV-Sprecher Florian Lanz sagt ZDFheute:

    Die Pflegeversicherung sitzt immer noch auf rund 5,3 Milliarden Euro Sonderausgaben aus Coronazeiten, mit denen der Staat sie allein gelassen hat.

    Florian Lanz, GKV-Spitzenverband

    Wie in anderen Bereichen auch, müsse diese Mehrbelastung durch den Bund ausgeglichen werden.

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