Zahlungsunfähig? Das Wichtigste zur Pflegeversicherung

    FAQ

    Drohen höhere Beiträge?:Was Sie zur Pflegeversicherung wissen müssen

    von Julian Vulturius und Benno Krieger
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    Wie ist die Pflegeversicherung organisiert und wie groß sind ihre finanziellen Probleme? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

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    Für das laufende Jahr rechnen die Pflegekassen mit einem Defizit von rund 1,8 Milliarden Euro.
    Quelle: dpa

    Deutschland wird älter - und Deutschland wird pflegebedürftiger. Immer mehr Menschen beanspruchen deshalb Leistungen der Pflegeversicherung, im letzten Jahr taten das mehr als fünf Millionen Versicherte. Wie ist die Pflegeversicherung in Deutschland organisiert? Wer finanziert sie? Und könnten die Kassen 2025 in Zahlungsschwierigkeiten kommen? ZDFheute beantwortet die wichtigsten Fragen. 

    Wozu gibt es die Pflegeversicherung?

    Die Pflegeversicherung unterstützt Menschen, die Hilfe im Alltag brauchen. Welche Leistungen der Einzelne erhält, hängt dabei von der individuellen Pflegebedürftigkeit ab.
    Diese wird in der Pflegeversicherung in fünf Pflegegraden erfasst: Von Hilfe im Haushalt kann sie bis hin zur Rundumversorgung von Menschen reichen, die nicht mehr mobil und auf umfassende Unterstützung angewiesen sind. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Geld- oder Sachleistungen werden von den Kassen übernommen. Alle Pflegekosten decken die Kassenleistungen aber nicht ab. 
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    Wie ist die Pflegeversicherung organisiert?

    Seit 1995 ist die Pflegeversicherung Teil des deutschen Sozialversicherungssystems. Pflegebedürftig werden kann jeder, deshalb gibt es seit ihrer Einführung eine Versicherungspflicht gegen dieses Risiko. Gesetzlich Krankenversicherte sind automatisch in der sozialen Pflegeversicherung, privat Krankenversicherte müssen eine private Pflege-Pflichtversicherung abschließen.  
    In der aktuellen Diskussion geht es um die Kassenlage der sozialen Pflegeversicherung. Ihre Leistungen werden überwiegend durch Beiträge der Versicherten finanziert. Zum letzten Mal stiegen diese zum 1. Juli 2023.
    Kinderlose Arbeitnehmer zahlen seitdem einen Beitragssatz von 4 Prozent ihres Bruttoeinkommens, Mitglieder mit einem Kind zahlen nur 3,4 Prozent. Davon übernimmt der Arbeitgeber jeweils 1,7 Prozent. Eltern mit mehreren Kindern zahlen geringere Beiträge. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt aktuell bei einem Bruttoeinkommen von 62.100 Euro im Jahr.
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    Wie ist die Finanzlage der sozialen Pflegeversicherung?

    Seit Einführung der sozialen Pflegeversicherung, hat sich die Zahl der Pflegebedürftigen, die durch die Versicherung Geld erhalten, fast verfünffacht. Die stetig steigende Zahl der Pflegebedürftigen sorgt für höhere Kosten. In den vergangenen 20 Jahren sind die Ausgaben der gesetzlichen Pflege um 40 Milliarden Euro gestiegen, 2023 betrugen die mehr als 59 Milliarden Euro.
    So viele Menschen erhalten Geld aus der sozialen Pflegeversicherung
    ZDFheute Infografik
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    Der GKV-Spitzenverband für Kranken- und Pflegekassen führt zudem gegenüber ZDFheute an, dass die Pflegeversicherung noch immer auf "rund 5,3 Milliarden Euro Sonderausgaben aus Coronazeiten sitzt", mit denen sie der Staat allein gelassen habe. Für 2024 rechnet der Spitzenverband bei der Pflegeversicherung mit einem Defizit von knapp 1,8 Milliarden Euro, für 2025 sogar mit einem Minus von 3,5 Milliarden Euro.
    Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verwies am Montagnachmittag auf hohe Kosten durch eine wachsende Zahl Pflegebedürftiger. Im laufenden Jahr rechne man mit einem Anstieg um 400.000 Personen. Außerdem sei die Bezahlung in der Pflege gestiegen und man habe Zuschüsse gewährt, damit Pflegebedürftige und Angehörige nicht überfordert würden.
    Außerdem sei die Einnahmeseite momentan "unbefriedigend", sagte Lauterbach. Das hänge mit der "schlechten konjunkturellen Entwicklung" zusammen.
    Eine drohende Zahlungsunfähigkeit der Pflegeversicherungen bestehe aber nicht, betonte Lauterbach nach Medienberichten über finanzielle Probleme der Kassen.

    Die Pflegeversicherung ist nicht insolvent. Ihr droht auch nicht die Insolvenz.

    Karl Lauterbach, Gesundheitsminister

    Pflegebedürftige und Angehörige könnten sich auch in Zukunft darauf verlassen, dass die Pflegeversicherung für die Leistungen aufkommen würden.
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    Was erwartet nun die Beitragszahler?

    Sehr wahrscheinlich müssen sich die Versicherten auf höhere Beiträge einstellen. Die Pflegeversicherung sei derzeit unter "Beitragssatz-Druck, das ist nicht zu bestreiten" gesteht auch Lauterbach ein.

    Wir werden daher in Kürze eine größere Pflegereform ankündigen.

    Karl Lauterbach, Gesundheitsminister

    Diese würde bereits seit Monaten vorbereitet und man befinde sich derzeit in der Feinabstimmung. Die Reform solle auch die Frage der Beitragsentwicklung angehen, sagte Lauterbach am Montag. Man habe bei der Pflege wie in vielen anderen Bereichen einen "ausgeprägten Reformstau".
    Die bisher von den Kassen prognostizierte Erhöhung des Beitragssatzes von 0,2 Prozentpunkten zum Jahresende könnte trotzdem noch höher ausfallen - unabhängig von Lauterbachs Reformplänen. Der GKV-Spitzenverband fordert die Beitragssätze um "mindestens 0,25 Prozentpunkte" anzuheben, sofern die Pflegeversicherung nicht reformiert wird. Die Bundesregierung soll laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland über eine Erhöhung um bis zu 0,3 Prozentpunkte diskutieren.
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