Pflegeausbildung: Warum so viele die Pflegeschule abbrechen
Brandenburg will gegensteuern:Warum viele die Pflegeausbildung abbrechen
von Nicole Frölich
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Pflegeschulen in der Krise: In Brandenburg schließt rund jeder Zweite seine Ausbildung nicht ab. Vielen ist der Druck zu hoch. Die neue Landesregierung verspricht zu handeln.
In Brandenburg ist die Abbrecherquote der Auszubildenden in Pflegeberufen hoch. Viele empfinden Druck und Belastung als zu stark. Demzufolge fehlt Nachwuchs.19.12.2024 | 1:56 min
Sarah Wüsteneck schaut in den Unterrichtsraum: Die Hälfte der Stühle in ihrer Pflegeschulklasse in Eisenhüttenstadt ist unbesetzt. Noch zu Ausbildungsbeginn vor drei Jahren saßen hier 28 angehende Pflegefachpersonen. Heute sind es nur noch 14.
"Im ersten Lehrjahr sind direkt nach der Probezeit schon vier Schüler gegangen", erzählt die 19-Jährige. "Und es hat sich nach und nach geläppert."
Ihre Klasse ist kein Ausnahmefall. Darum schlägt Brandenburgs Pflegeschulbund Alarm: Nur gut die Hälfte derer, die eine Ausbildung im Gesundheitsbereich beginnen, vollenden sie auch. Zuletzt brachen rund 43 Prozent der Pflege-Azubis ab, etwa fünf Prozent scheiterten am Examen. Zum Vergleich: Bundesweit liegt die Abschlussquote aktuell bei 63 Prozent.
Die Leiterin der Gesundheitsschule Eisenhüttenstadt, Jacqueline Böttcher, sieht mehrere Gründe für den ernüchternden Durchschnitt: "Das Erste sind vielleicht falsche Berufsvorstellungen. Das Zweite könnte die hohe Belastung sein."
Wir haben Schüler, die sind sechzehn und werden mit Situationen konfrontiert, die einfach nicht für ihr Alter sind.
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Jacqueline Böttcher, Leiterin der Gesundheitsschule Eisenhüttenstadt
Die Situation von Pflegekräften ist bekannt: wenig Geld, große Arbeitsbelastung. Nur wenige halten das durch. Vanessa, Michael und Mandy wollen trotzdem keinen anderen Beruf.24.01.2023 | 28:42 min
Spezialisierte Unterstützung soll Abbruchquote senken
Das Lehrpersonal hat keine Kapazitäten, um den jungen Auszubildenden beim Umgang mit Tod, Leid und persönlichem Stress zu helfen. Es mangelt an Zeit und Expertise. Deswegen möchten Brandenburgs Pflegeschulen ihren Schützlingen sozialpädagogische Betreuung an die Seite stellen.
Auch Sarah Wüsteneck würde das begrüßen. Die Überlegungen aufzugeben, sind ihr nicht fremd. Neben Kolleg*innen und Mitschüler*innen sieht sie eine feste Bezugsperson als wichtigen Anker im anstrengenden Alltag zwischen Schule, Betrieb und Privatleben. "Den Schülern wird gleich vom ersten Lehrjahr an eine sehr hohe Verantwortung übergeben", erklärt sie.
Da ist man auf sich allein gestellt und kann mit niemandem drüber sprechen.
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Sarah Wüsteneck, Pflegeschülerin
Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt rasant. Angesichts sinkender Zahlen von Beitragszahlern werden private Initiativen zunehmend wichtiger.10.12.2024 | 1:35 min
Reform hat Druck auf Auszubildende erhöht
Dazu kommt, dass die Ausbildung seit 2020 komplexer geworden ist. Angehendes Pflegefachpersonal muss heute lernen, Menschen aller Altersgruppen in allen Bereichen zu versorgen. Ob sie wollen oder nicht. Eigentlich sollte das Pflegeberufereformgesetz den Fachkräftemangel in Deutschland bekämpfen.
Doch in den letzten vier Jahren war die Zahl der Neu-Azubis im Schnitt fünf Prozent niedriger als vor der Reform. In Brandenburg sank die Quote sogar um mehr als das Doppelte.
Für Jacqueline Böttcher sind die erhöhten Anforderungen an die Pflegeschüler ein Grund mehr, sozialpädagogische Unterstützung anzuheuern. Bereits seit zehn Jahren kämpfen sie und ihre Mitstreiter*innen beim Brandenburger Pflegeschulbund für eine sozialpädagogische Ausbildungsbegleitung. Doch bisher scheiterte es immer an den Kosten.
Die Engpässe im Gesundheitswesen sind überwiegend hausgemacht, so der Sachverständigenrat für Gesundheit und Pflege. Der Rat fordert grundlegende Reformen.25.04.2024 | 2:32 min
Wende unter neuer Regierung?
Brandenburgs neue Regierung verspricht, sich in der kommenden Legislaturperiode der Problematik anzunehmen. Die Koalition aus SPD und BSW hat eine "Ausbildungsoffensive in der Pflege" angekündigt und gelobt: "Wir werden Maßnahmen ergreifen, um die Abbrecherquote an den Pflege- und Gesundheitsfachschulen zu senken, wie z. B. eine sozialpädagogische Begleitung."
Gesundheitsministerin Britta Müller (parteilos, nominiert durch BSW) sieht vor, pro 120 Schüler*innen eine Vollzeitkraft zu finanzieren. Jährliche Kosten für Brandenburg: rund 300.000 Euro. "Das ist doch eine geringe Investition in ein großes Outcome", sagt Müller.
Wenn wir weniger Abbrecher haben und dann auch mehr in der Pflege tätige Personen, müssen wir das Geld jetzt in die Hand nehmen.
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Britta Müller, Gesundheitsministerin Brandenburg
Eine Investition in die Zukunft einer alternden Gesellschaft. Ob sie wirklich getätigt wird, hängt von den Haushaltsverhandlungen ab. Bis es Klarheit gibt, empfiehlt Pflegeschülerin Sarah Wüsteneck: "Immer positiv denken. Es kommen bessere Zeiten. Definitiv."
Nicole Frölich arbeitet im ZDF-Studio in Potsdam.
Quelle: dpa
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