Manifest für mehr Gleichberechtigung in Parlamenten

    Manifest für Parität:Für mehr Gleichberechtigung in Parlamenten

    Henriette de Maizière, Redakteurin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
    von Henriette de Maizière
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    Der Frauenanteil im Bundestag ist deutlich kleiner als in der deutschen Bevölkerung. Eine Initiative fordert jetzt die Parität der Geschlechter und hat ein Manifest überreicht.

    Plaka zur Parität
    Parität im Bundestag - seit vielen Jahren kämpfen Frauen dafür. Jetzt setzt sich eine Initiative dafür ein und hat prominente Unterstützung.
    Quelle: dpa

    Das deutsche Parlament soll die Bevölkerung repräsentieren. Doch während mehr als die Hälfte (51 Prozent) der deutschen Bevölkerung aus Frauen besteht, sieht das im Bundestag ganz anders aus. Eine Initiative nimmt sich diesem Verhältnis jetzt an. Die Forderung: bis zum Ende dieser Legislatur soll das Wahlrecht nochmal neu geschnürt werden. Es brauche eine Regelung zur Parität im Parlament.

    Wir die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Manifests, Bürgerinnen und Bürger aus Ost und West, fordern ein Gesetz mit dem verbindlichen Ziel: Der Deutsche Bundestag setzt sich nach der Wahl aus ebenso viel Frauen wie Männern zusammen!

    Initiative "Parität jetzt"

    Finnland: Sanna Marin, Li Andersson, Katri Kulmuni und Maria Ohisalo
    Frauen können alles – das haben 16 Jahre Angela Merkel gezeigt. Doch immer noch gelten für die Geschlechter unterschiedliche Spielregeln.29.09.2021 | 28:32 min

    Ziel steht im Ampel-Koalitionsvertrag

    'Mehr Fortschritt wagen' - so hatte die Koalition aus SPD, Grünen und FDP den Koalitionsvertrag überschrieben. Darin hatte sich die Ampel auch verpflichtet, bis 2030 sollen Frauen und Männer gleichgestellt sein.

    Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden.

    Koalitionsvertrag, 2021

    Im internationalen Vergleich liegt Deutschland auf dem 47. Platz, was Parität im Parlament betrifft. Das heute veröffentlichte Manifest soll dies ändern. Als sich das Parlament im vergangenen Jahr auf eine Wahlrechtsreform einigte, ging es vor allem um die Reduzierung der Abgeordnetenzahl. Ein entscheidender Punkt blieb unberührt: eine Regelung zur Parität.
    Bundesverfassungsgericht urteilt zu Wahlrechtsreform
    Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Wahlrechtsreform der Ampelregierung zur Verkleinerung des Bundestages für verfassungsgemäß - allerdings mit einer wichtigen Einschränkung. 30.07.2024 | 4:03 min

    Manifest im Bundestag übergeben

    Da muss nachgesteuert werden, fordern Frauenorganisationen, Parlamentarierinnen und Parlamentarier fraktionsübergreifend nun mit dem 'Manifest für Parität in deutschen Parlamenten'.
    "Es geht nur gemeinsam", ruft die inzwischen 87-jährige Rita Süssmuth, eine der Mitinitiatorinnen heute im Bundestag. Sie selbst war lange Präsidentin des Deutschen Bundestags - sie kämpfte immer schon dagegen, dass Frauen politisch unterrepräsentiert sind. Sie habe oft gehört, dass etwas nicht gehe. Dem entgegne sie: "Das wollen wir doch mal sehen." Sie werde nicht aufhören, sich für die Gleichberechtigung einzusetzen.

    Nur durch Beharrlichkeit und Entschlossenheit können wir echte Veränderungen erreichen.

    Rita Süssmuth, Mitinitiatiorin

    Ursula von der Leyen
    Auch auf europäischer Ebene ist Parität ein Thema. Sie ist Ursula von der Leyens Zielt und droht doch zu scheitern.04.09.2024 | 2:10 min

    Die Parität und das Demokratieprinzip

    Die Parität, so heisst es bisweilen, sei ein Verstoß gegen das Demokratieprinzip. Das ist sie nicht. Ein Gesetz zur Regelung der Parität als Mittel, einen Wahlmodus zu schaffen, den Helene Wessel, eine der wenigen Mütter des Grundgesetzes schon 1949 als die Möglichkeit sah: "die Frauen entsprechend ihrer Zahl und auch ihrer Fähigkeiten, die sie …im politischen Leben bewiesen haben, zu berücksichtigen."
    Der Ruf nach Parität meint explizit nicht eine Quotenregelung, vielmehr geht es um Gleichberechtigung. Denn der Frauenanteil im Deutschen Bundestag beträgt im Jahr 2024 nur 36 Prozent. Der Wert stagniert seit 20 Jahren. Dabei variiert die Frauenquote stark zwischen den Parteien.

    75 Jahre Grundgesetz
    :Eine Würdigung der "Mütter des Grundgesetzes"

    Politik als eine Männerdomäne? Vor 75 Jahren wurde das Grundgesetz in Deutschland geschaffen. Vier Frauen nahmen dabei als "Mütter des Grundgesetzes" eine besondere Rolle ein.
    von Rebekka Solomon
    Berlin: Die "Mütter des Grundgesetzes". Helene Wessel (l-r, 04.07.1968), Elisabeth Selbert (1953), Helene Weber (08.03.1956), Frieda Nadig (undatiert).

    Bundestagspräsidentin für Gleichstellung

    Die Zahlen stagnieren - Männern dominieren weiterhin Politik und Gesetzgebung.

    Gleichstellung kann nur funktionieren, wenn es sie auch im Parlament gibt. Denn dort werden die Entscheidungen getroffen. Auch für die weibliche Hälfte der Bevölkerung.

    Bärbel Bas, Bundestagspräsidentin

    Entscheidungen etwa zu Themen wie "Entgeltdiskriminierung" - Frauen verdienen noch immer für die gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger als Männer. Aber auch zur Frage, wie soll Care-Arbeit fair aufgeteilt werden? Wie kann Kinderbetreuung abgesichert werden? Hier werden Gelder bewilligt für bessere und gezieltere Forschung beim Thema Frauengesundheit.
    ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer ging der Frage nach, seit wann und wo es eine Frauenquote im Politikbetrieb gibt.
    So richtig hat die politische Idee in all den Jahren nie gezündet.30.12.2020 | 15:43 min

    Weibliche Perspektiven

    Wir bräuchten Parität, so Bärbel Bas, damit Politik diese Fragen stärker berücksichtige. Der 'männliche Blick' dominiere noch immer in der deutschen Politik - es brauche eine kritische Masse weiblicher Perspektiven im Parlament.
    Bärbel Bas ist erst die dritte Bundestagspräsidentin von 14 insgesamt.

    Machen wir uns nichts vor: Öffentlicher Druck hat dazu beigetragen, dass ich heute Bundestagspräsidentin bin.

    Bärbel Bas, Bundestagspräsidentin

    Der deutsche Bundestag in Berlin.
    Der Bundestag wird 75 Jahre alt. Die erste Sitzung fand am 7. September 1949 mit 410 Abgeordneten in Bonn statt. Das Parlament in Berlin besteht aus mehr als 700 Abgeordneten. 07.09.2024 | 1:54 min

    Fürsprecherinnen aus vielen Parteien

    Anlässlich des 100. Jahrestages des Frauenwahlrechts forderten bereits 2019 Mitglieder der SPD eine Wahlrechtsreform, die mehr Frauen in den Bundestag bringen sollte.
    Auch Karin Prien (CDU) ist der Meinung, dass politische Entscheidungen gewinnen, wenn Frauen gleichberechtigt daran beteiligt sind.

    Wir haben diesen Zustand immer noch nicht erreicht. Weltweit geraten die Rechte von Frauen immer mehr unter Druck. Und umso weniger Demokratie, umso mehr autokratische Systeme, Land gewinnen, umso mehr sind die Rechte von Frauen in Gefahr. Deshalb ist es gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, das hier auch in Deutschland weiter voranzubringen.

    Karin Prien, CDU

    Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion Ulle Schauws fordert seit langem, Gleichberechtigung sei ein politischer Auftrag an uns alle. Im Interview mit dem Spiegel sagt sie jedoch: "Es gab kein Einvernehmen, weil die Vertreter von Union, AfD und auch FDP dies ablehnten."
    Und so braucht es einen fraktionsübergreifenden Zusammenschluss von Menschen im Parlament, Beschlüsse zur Parität im Parlament voranzutreiben. Das heute vorgelegte Manifest könnte ein weiterer Schritt sein für mehr Gleichberechtigung in der Politik. Und damit für mehr Gleichberechtigung im Leben jeder Frau. Und damit jedes Mannes.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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