Organspende: Gruppe von Abgeordneten fordern neue Regeln

    Widerspruchslösung:Abgeordnete fordern neue Organspende-Regeln

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    8.400 Menschen warten auf ein lebensrettendes Organ, doch Spenden gibt es zu wenig. Abgeordnete fordern einen neuen Anlauf für eine Widerspruchsregelung. Daran gibt es Kritik.

    Organspendeauswies
    Kommt die Widerspruchslösung bei der Organspende jetzt doch? Einige Abgeordnete haben sich dafür parteiübergreifend zusammengeschlossen. Aber es gibt auch Kritik an dem Vorschlag. 24.06.2024 | 1:30 min
    Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten will einen neuen Versuch starten, um die sogenannte Widerspruchslösung bei der Organspende durchzusetzen. Das parteiübergreifende Bündnis stellte an diesem Montag in Berlin einen Antrag vor, wonach jeder volljährige und einwilligungsfähige Mensch zum Organspender würde, der dem zu Lebzeiten nicht widersprochen hat.
    Aktuell ist es andersherum: Potenzieller Organspender ist, wer zu Lebzeiten zustimmt oder dessen Angehörige nach dem Tod zustimmen. Bei der Vorstellung des Gruppenantrags sagte die SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar:

    Wir sind schlicht und ergreifend nicht zufrieden mit den Zahlen, die uns vorliegen.

    SPD-Abgeordnete Sabine Dittmar

    In Deutschland warteten nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation Ende vergangenen Jahres knapp 8.400 Patientinnen und Patienten auf ein Spenderorgan. Dem standen 2.900 Organspenden im Jahr 2023 gegenüber.
    Transplantierte Organe in Deutschland 2023
    ZDFheute Infografik
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    Erster Anlauf vor vier Jahren gescheitert

    Dittmar stellte den Entwurf mit Abgeordneten von CDU, Grünen, FDP, CSU und Linken vor. 21 Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben den Antrag bislang mitgezeichnet, darunter Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und sein Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU), die sich bereits 2020 für die Einführung der Widerspruchsregelung eingesetzt hatten.
    Damals hatte der Bundestag mehrheitlich dagegen gestimmt. Stattdessen verabschiedete das Parlament vor vier Jahren eine Erweiterung der Zustimmungslösung, die regelmäßige Abfragen der Spendebereitschaft und die Einrichtung eines Online-Registers vorsah.

    Digitale Erklärung jetzt möglich
    :Organspende-Register: So funktioniert es

    Organspende - ja oder nein? Für Angehörige und Ärzte ist es hilfreich, den Wunsch von potenziellen Spendern zu kennen. Eine Erklärung dazu kann man nun auch online abgeben.
    von Annika Heffter
    Baden-Württemberg, Stuttgart: Ein Organspendeausweis, aufgenommen beim Tag der Organspende, vor dem Modell eines menschlichen Torsos.
    FAQ

    Connemann: Widerspruchsregelung für "Mentalitätswechsel"

    Das Online-Register als Kernelement des Gesetzes startete mit zwei Jahren Verspätung im März 2024. Grund für Verzögerungen war auch die Corona-Krise. Ins Register eingetragen wurden bisher rund 130.000 Erklärungen, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als Betreiber auf Anfrage mitteilte.
    Insgesamt reichen die Ergebnisse nach Ansicht der Gruppe aber nicht aus. Strukturell sei alles geändert, was man ändern kann, sagte Gitta Connemann (CDU). Dennoch würden zu wenige Organe gespendet. Nur die Widerspruchsregelung werde "die entscheidende Stelle sein für einen Mentalitätswechsel".

    Organspende: Mögliche Regelungen





    NRW-Minister Laumann: "Katastrophale Situation"

    Kürzlich hatte bereits Nordrhein-Westfalen mit mehreren weiteren Ländern einen Vorstoß in diese Richtung unternommen, über den derzeit im Bundesrat beraten wird.
    NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprach sich am Montag im ZDF erneut für eine Änderung der Organspende-Regeln und die Einführung einer Widerspruchslösung aus. "In Deutschland haben vielleicht 40 Prozent der Menschen einen Organspendeausweis. Umfragen sagen: 80 Prozent sind für Organspende", sagte Laumann im ZDF-Morgenmagazin.

    Wir haben eine katastrophale Situation auf den Wartelisten. Viele Menschen sterben, bevor sie ein Organ bekommen.

    Karl-Josef Laumann, NRW-Gesundheitsminister

    Karl-Josef Laumann
    Es sei "wichtig, dass die Menschen zu Lebzeiten entscheiden", ob sie ihre Organe spenden wollen, so Karl-Josef Laumann, CDU, Gesundheitsminister Nordrhein-Westfalen.24.06.2024 | 5:20 min

    Kritik schon vor Präsentation der neuen Pläne

    Zu einem neuen Anlauf für eine Widerspruchslösung wurden indes auch Einwände laut. Die FDP-Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr sagte der Deutschen Presse-Agentur, dies wäre ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen.

    Anstatt auf staatliche Bevormundung zu setzen, sollten wir die selbstbestimmte Entscheidung über eine Spende verbindlicher gestalten.

    Katrin Helling-Plahr, FDP-Rechtspolitikerin

    "Darüber, wie eine verbindliche oder verpflichtende Entscheidungslösung ausgestaltet werden kann, werden wir im Deutschen Bundestag diskutieren", sagte Helling-Plahr weiter.
    Adrian im Krankenhausbett nach der OP
    Adrian ist seit Geburt sehr krank. Seine Nieren arbeiten nicht. Eine Organspende könnte die Rettung sein. 02.06.2024 | 14:59 min
    Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Wer schweigt, stimmt nicht automatisch zu."
    Grundsätzlich sei jeder medizinische Eingriff ohne Zustimmung des Betroffenen eine Körperverletzung. In den Vorzeigeländern Europas mit deutlich mehr Organspendern hätten erst organisatorische und strukturelle Maßnahmen zu steigenden Zahlen geführt.

    Deshalb braucht es jetzt finanzielle Anreize für Krankenhäuser, ein effizientes Transplantations-Netzwerk, Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren im Umgang mit Angehörigen.

    Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz

    Frau wird untersucht
    Nach jahrelangem Warten bekommt Elida Wallys endlich eine neue dritte Leber. Die Retransplantation gibt der leberkranken Patientin eine neue Chance im Leben.31.05.2024 | 4:54 min
    Quelle: epd, dpa, ZDF

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