Fast die Hälfte aller Bundestagsabgeordneten hat Nebeneinnahmen - teilweise in Millionenhöhe, zusätzlich zu den Diäten. Die meisten Nebenverdiener gibt es in den Reihen der Union.
Bundestagsabgeordnete erzielen teils hohe Nebeneinnahmen.
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Die Liste der "Vortragstätigkeiten" von Gregor Gysi (Die Linke) ist lang. Die Nebenjobs sind in seinem Abgeordnetenprofil auf der Internetseite des Bundestags aufgeführt. Um bis ganz unten ans Ende zu kommen, muss man eine Weile scrollen. Insgesamt hatte Gysi in der aktuellen Legislaturperiode über 130 verschiedene Nebentätigkeiten mit Einkünften von über 450.000 Euro. Das entspricht fast 150.000 Euro jährlich. Zum Vergleich: Seine Abgeordneten-Diäten fallen mit rund 135.000 Euro im Jahr geringer aus. Gysi zählt so zu den Topverdienern im Bundestag.
Aber einige Abgeordnete geben sogar noch deutlich mehr zusätzliche Einnahmen an, manche kommen auf Millionenumsätze. Das Magazin "Spiegel" hat gemeinsam mit der Internetplattform abgeordnetenwatch.de die veröffentlichungspflichtigen Angaben aller Abgeordneten des Bundestages ausgewertet. Ergebnis: Fast die Hälfte der 733 Abgeordneten hat weitere Einkünfte, zusätzlich zu ihren Diäten.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann gibt die höchsten Nebeneinnahmen aller Abgeordneten an. Sie sind der Umsatz eines landwirtschaftlichen Betriebs.
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Abgeordnete mit Millionen-Einnahmen
An der Spitze: Der Landwirt Albert Stegemann (CDU) aus Niedersachsen, der mehr als 7,8 Millionen Euro beim Bundestag gemeldet hat. Bei genauerem Hinsehen relativiert sich aber das Bild: Stegemann betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit mehreren Beschäftigten und verkauft Kuhmilch. Die rund 7,8 Millionen Euro sind Bruttoumsätze, nicht sein persönlicher Gewinn.
Ähnlich verhält es sich auch bei den Abgeordneten Sebastian Brehm und Alexander Engelhard (beide CSU). Brehm meldete Einnahmen von über sieben Millionen Euro als Steuerberater an, Engelhard betreibt eine Getreidemühle, für die er knapp 3,6 Millionen Euro Umsatz angab.
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Derzeit liegen die monatlichen Diäten für Bundestagsabgeordnete laut Bundestag bei 11.227,20 Euro. Dazu gibt es eine monatliche steuerfreie Aufwandspauschale von 5.051,54 Euro monatlich für die Unterhaltung des Wahlkreisbüros oder einen Zweitwohnsitz in Berlin.
Die Diäten entsprechen einem vergleichsweise hohen Gehalt. Das Grundgesetz bestimmt in Artikel 48, dass Abgeordnete einen Anspruch auf eine "angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigungeine haben". Volksvertreter sollen also finanziell unabhängig sein, damit sie frei von äußeren Einflüssen Entscheidungen treffen können. Die Diäten sollen auch vergleichbar sein mit dem Gehalt von Führungskräften im öffentlichen Dienst oder der Privatwirtschaft, die ähnlich anspruchsvolle Aufgaben erfüllen. Sie sind auch als Ausgleich für den Einkommensverlust gedacht, der durch eine Aufgabe der vorherigen beruflichen Tätigkeit entsteht.
Weitere Abgeordnete mit Millionen-Einnahmen:
Thomas Heilmann (CDU): Der Berliner CDU-Abgeordnete meldete Einkünfte von gut dreieinhalb Millionen Euro aus der Beteiligung an einer Vermögensverwaltung und aus einer Projektgesellschaft in der Immobilienbranche.
Ophelia Nick (Grüne): Knapp 2,9 Millionen bezog Nick überwiegend aus Gewinnbeteiligungen von drei Unternehmen, an denen sie beteiligt ist. Nick ist Erbin des Heidenheimer Maschinenbaukonzerns Voith. Die Familie gilt als eine der reichsten Deutschlands.
Carl-Julius Cronenberg (FDP): Über 2,1 Millionen Euro erhielt der Abgeordnete aus Nordrhein-Westfalen, ebenfalls überwiegend aus Beteiligungen an Firmen.
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Wagenknecht erhält 750.000 Euro aus Buchvertrag
Honorare, Firmenumsätze, Unternehmensbeteiligungen, Spenden, Reisekostenübernahmen: Die Auswertung zeigt, dass die zusätzlichen Nebeneinkünfte aus sehr unterschiedlichen Quellen kommen. So gab die BSW-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht Nebeneinkünfte von knapp 850.000 Euro an, von denen rund 750.000 vom Campus-Verlag stammten. Dort hatte sie 2022 ihr Buch "Die Selbstgerechten" veröffentlicht.
Auch durch vergütete Parteiämter entstehen zusätzliche Einnahmen: Die SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken gaben beispielsweise jeweils 9.000 Euro monatlich als weiteres Einkommen als Parteichefs an.
Doch diese unterschiedlichen Einnahmequellen und die Transparenzregeln des Bundestags machen es schwierig, die Nebenverdienste der Politiker tatsächlich zu vergleichen. Während manche Abgeordnete Einnahmen aus Firmenbeteiligungen oder Honoraren angeben, listen andere Firmenumsätze auf, von denen zahlreiche Posten wie Wareneinsatz oder Personalkosten erst noch abgezogen werden müssen.
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Wie hoch beispielsweise der tatsächliche Gewinn von Stegemann aus seiner Landwirtschaft ist? Unklar. Auch Brehm teilte dem "Spiegel"-Bericht zufolge auf Anfrage mit, er unterliege dem Steuergeheimnis und werde seine tatsächlichen Einkünfte nicht veröffentlichen.
Abgeordnete von Union und FDP haben am häufigsten Nebenjobs
Die meisten Nebenverdiener gibt es der Analyse zufolge in den Reihen von Union (63 Prozent der Abgeordneten) und FDP (59 Prozent). Die wenigsten Nebenjobs hatten Abgeordnete der Grünen (32 Prozent) und die der AfD (22 Prozent).
Zählt man alle Einnahmen zusammen, die Abgeordnete in der aktuellen Legislaturperiode bisher angegeben hatten, ergeben sie eine Gesamtsumme von mehr als 51 Millionen Euro.
Das Abgeordnetengesetz erlaubt explizit Nebentätigkeiten und Einkünfte daraus, solange das Bundestagsmandat "im Mittelpunkt der Tätigkeit" steht und Nebenjobs offengelegt werden. Abgeordnete müssen seit dieser Wahlperiode ihre Nebeneinkünfte auf den Cent genau der Bundestagspräsidentin melden, sobald sie 1.000 Euro im Monat oder 3.000 Euro im Jahr übersteigen.