Bundestagswahl: So läuft der Online-Wahlkampf der Parteien
FAQ
Millionen für Social Media:So läuft der Online-Wahlkampf der Parteien
von Jan Schneider und Oliver Klein
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Parteien geben Millionen für Wahlwerbung in Social Media aus. Dabei nutzen sie immer noch das sogenannte Microtargeting - eine Werbestrategie, die Datenschützer alarmiert.
Parteien nutzen Social Media für ihren Wahlkampf. Mit Microtargeting können sie personalisierte Werbung schalten – Win-win für Parteien und Plattformen. Und für die Wähler*innen?21.02.2025 | 32:30 min
Im Bundestagswahlkampf geben Parteien für Wahlwerbung in Sozialen Medien Millionen aus. Recherchen des ZDF Magazin Royale zeigen: Dabei nutzen sie auch noch immer geheime Daten für ihren Wahlkampf und verwenden für ihre Anzeigen Microtargeting.
Welche Partei lässt sich Online-Wahlwerbung am meisten kosten? Was ist Microtargeting? Warum ist es verboten - und wie kann so etwas der Demokratie schaden? ZDFheute mit einem Überblick und Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Unsere Spuren im Netz und persönlichen Daten sind für Wahlkämpfer interessant - der Nano-Beitrag von 2021 erklärt, wie Microtargeting funktioniert.23.09.2021 | 6:38 min
Welche Parteien geben wie viel Geld für Social-Media-Werbung aus?
Alleine auf den Plattformen des Meta-Konzerns, hauptsächlich Facebook, haben die Parteien in den letzten drei Monaten mehr als 6,9 Millionen Euro in Werbeanzeigen investiert. Auf Google wurden nochmal knapp drei Millionen Euro eingesetzt, um Wahlwerbung besser zu platzieren. Spitzenreiter in diesem Zeitraum sind die Grünen und Robert Habeck mit einem eingesetzten Budget von drei Millionen Euro.
Auf Platz zwei folgt die FDP mit 1,95 Millionen. Auf Platz drei liegt aktuell die SPD mit knapp über einer Million Euro.
Einen Tag vor der Bundestagswahl neigt sich der Wahlkampf aller Parteien dem Ende zu. Olaf Scholz war in Brandenburg zu Gast, Friedrich Merz in München.22.02.2025 | 0:29 min
Während die FDP mit zehn bis 20.000 Euro pro Tag durch den ganzen Wahlkampf ein recht konstantes Budget beibehalten hat, haben die Grünen punktuell an bestimmten Tagen sehr viel Geld ausgegeben, an anderen Tagen dafür fast nichts. Einen hohen Betrag mit mehr als 93.000 Euro investierten die Grünen am 31. Januar 2025, dem Tag der Abstimmung über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetzder CDU/CSU-Fraktion im Bundestag.
Ausgaben der Parteien im Online-Wahlkampf
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SPD und Union haben im Online-Wahlkampf lange die Füße still gehalten und nur kleinere Beträge investiert. Erst in den letzten Tagen wurden pro Tag höhere Summen zwischen 35.000 und 80.000 Euro pro Tag ausgegeben. Gemessen an den Umfragewerten gibt die AfD vergleichsweise wenig (rund 640.000) für Online-Werbung aus.
Die Daten für diese Auswertung wurden von der Transparenzinitiative Who Targets Me aus den Meta- und Google-Werbebibliotheken zusammengestellt. Weil die Zahlen mit etwas Zeitverzögerung in diesen Bibliotheken veröffentlicht werden, können sich die Werte in der letzten Woche vor der Wahl noch verschieben.
Die öffentliche Meinung wird immer mehr polarisiert, gesteuert von Staaten und Konzernen – unter der Oberfläche des Sichtbaren. Ist diese gefährliche Entwicklung noch zu stoppen?09.12.2021 | 42:32 min
Beim Microtargeting geht es um die gezielte Ansprache bestimmter, vergleichsweise kleiner Zielgruppen auf Basis ihrer persönlichen Daten, Interessen und Online-Aktivitäten. Plattformen wie Facebook sammeln diese Daten und verkaufen sie an Werbekunden, die so maßgeschneiderte, personalisierte Werbung ausspielen können. Im Wahlkampf nutzen manche Parteien diese Möglichkeit, um spezifische Botschaften an bestimmte Bevölkerungsgruppen zu richten. Ziel dieser passgenauen Wahlwerbung sind in der Regel nicht Stammwähler oder Gegner der jeweiligen Parteien - sondern meist unentschlossene Wähler.
Welche Art von Werbung machen die Parteien?
Den Recherchen des ZDF-Magazins Royale zufolge setzen einige Parteien und Politiker immer noch das sogenannte Microtargeting ein, ähnlich wie im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021. Dabei handelt es sich um eine Form von sehr zielgerichteter Werbung.
Damals waren die Parteien für dieses Vorgehen von Datenschützern heftig kritisiert worden. Mittlerweile scheinen sie zu versuchen, die Datenschutzauflagen für Microtargeting zu umgehen:
So richtete beispielsweise der SPD-Bundestagsabgeordnete Macit Karaahmetoglu Werbeanzeigen bei Facebook und Instagram gezielt an "türkeistämmige" Menschen in seinem Bundesland Baden-Württemberg: Nur an Menschen, die als Interessen beispielsweise "türkische Küche" oder "türkische Fußballnationalmannschaft" angegeben haben.
Das aktuelle ZDF-Politbarometer zeigt, dass sich 27 Prozent der Befragten noch unsicher sind, wen sie wählen werden. Stefan Leifert gibt eine Einschätzung.21.02.2025 | 2:21 min
Der hessische AfD-Direktkandidat Klaus Herrmann richtete seine Werbeanzeigen an Menschen mit den Interessen "Rotwein", "Wiener Schnitzel" und "Schweinefleisch". Mutmaßlich kann er er so damit rechnen, dass weniger jüdische oder muslimische Menschen seine Werbung ausgespielt bekommen und er so Werbung effizienter an die Zielgruppen adressieren kann.
Fast alle im Bundestag vertretenen Parteien nutzen dem ZDF Magazin Royale zufolge im Wahlkampf Microtargeting - wenn auch nicht mehr im so großen Stil wie zur letzten Bundestagswahl. Ganz ohne Targets kamen nur CSU und BSW aus.
Wir haben den Microtargeting-Experten Dr. Simon Kruschinski zum Interview in unser Studio eingeladen und ihm die brennendsten Fragen zum Thema gestellt. 21.02.2025 | 17:17 min
In dem Abkommen heißt es: "Wir führen kein (Micro-)Targeting auf Basis sensibler Daten wie religiöser Zugehörigkeit oder sexueller Identität durch, sondern beschränken uns auf übergeordnete soziodemografische Merkmale zur zielgruppenspezifischen Ansprache von Wählerinnen und Wählern."
Was sagt das Datenschutzrecht zu Microtargeting?
Politische Werbung in Sozialen Netzwerken ist nicht per se verboten. Aber die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schränkt Microtargeting weitgehend ein. Artikel neun der DSGVO verbietet die Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten, aus denen beispielsweise "politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen" hervorgehen. Parteien dürfen solche Daten nicht ohne Einwilligung der Betroffenen nutzen, um gezielt Wahlwerbung zu schalten.
Wenn Parteien in Sozialen Medien politisches Microtargeting nutzen, verstößt das nach Ansicht von Datenschützern regelmäßig gegen die DSGVO. Die Datenschutzorganisation None of Your Business (noyb) hatte deshalb bereits 2021 Beschwerden bei den zuständigen Datenschutzbehörden von Berlin und Bayern eingereicht.
Matthias Spielkamp von der NGO AlgorithmWatch äußert sich zu den Risiken,
wie KI im Wahlkampf für Manipulationen missbraucht werden kann.
30.05.2024 | 3:36 min
Das ZDF Magazin Royale arbeitete für die Recherche mit der britischen Transparenzinitiative "Who Targets Me" zusammen. Zuschauer waren aufgerufen worden, sich eine Erweiterung für ihren Browser zu installieren. Die Erweiterung protokollierte automatisch die angezeigten Werbeeinblendungen. Die Microtargeting-Daten wurden automatisch anonymisiert und danach qualitativ und quantitativ ausgewertet.
Warum ist Microtargeting im Wahlkampf problematisch?
Daten, die Informationen über politische Präferenzen oder weltanschauliche Überzeugungen enthalten, gelten als besonders schützenswert. Der Datenschutzjurist der Organisation noyb, Felix Mikolash, erklärte in einer Pressemitteilung zu den Beschwerden: "Solche Daten sind nicht nur äußerst sensibel, sondern ermöglichen auch groß angelegte Wählermanipulationen."
Facebook und Instagram in den USA bald ohne Faktenprüfer? So will es Meta-Chef Zuckerberg. Außerdem kündigt er eine Zusammenarbeit mit Trump an. Was heißt das für die Demokratie?07.01.2025 | 2:39 min
Das Vorgehen der Parteien sei daher nicht nur rechtswidrig, es berge auch "erhebliche Gefahren für die Demokratie" und nicht zuletzt auch für die Privatsphäre von Menschen, schreibt noyb in einer Analyse von 2023.
Das habe bereits der Skandal um Datenmissbrauch durch Cambridge Analytica gezeigt, so Mikolash: 2018 war bekannt geworden, dass die inzwischen insolvente Datenanalyse-Firma Informationen von zig Millionen Facebook-Nutzern für gezielte Wahlwerbung und die Manipulation politischer Meinungen missbraucht hatte. Die Dienste von Cambridge Analytica wurden unter anderem im US-Wahlkampf 2016 und angeblich auch für die Brexit-Kampagne genutzt.
Razzia bei Cambridge Analytica: So kam der Skandal im 2018 ins Rollen:
Britische Ermittler haben den Sitz von Cambridge Analytica in London durchsucht. Die Firma soll Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern abgegriffen haben.24.03.2018 | 0:22 min
Das Problem: Parteien versuchen, die Meinungsbildung zu beeinflussen, indem sie für die einen Nutzer individuelle Versprechen machen, die für andere kaum wahrnehmbar sind. "So können ganz unterschiedliche Erwartungen entstehen, denen die Politik niemals gerecht werden kann", schreibt Noyb.
Das zeigte sich in Deutschland beispielsweise im Bundestagswahlkampf 2021 durch die Recherchen des ZDF Magazin Royale. So schaltete die FDP dem Bericht zufolge damals sogar Facebook-Werbungen, die sich inhaltlich widersprechen: Menschen mit "grünen" Interessen bekamen von der FDP demnach eine Werbung angezeigt, wonach sich die Partei für mehr Klimaschutz mit einem "harten Mittel" einsetzte: "Einem klaren CO2-Limit."
Werbeanzeigen der FDP bei Facebook von 2021 mit widersprüchlichen Botschaften - links eine Anzeige für Menschen mit "grünen" Interessen, rechts Werbung für die Zielgruppe "Vielreisende".
Quelle: Screenshot ZDF Magazin Royale / Facebook Werbebibliothek, Anzeigen der FDP
Gleichzeitig aber schaltete die FDP laut ZDF Magazin Royale damals auch eine Facebook-Werbung an die Zielgruppe "Vielreisende" mit einer anderen Botschaft: Wenn es um "große Herausforderungen wie den Klimawandel" geht, wolle die FDP keine "restriktiven staatlichen Maßnahmen, Freiheitseinschränkungen oder Verbote".
Derartiges Targeting anhand von politischen Interessen ist im aktuellen Wahlkampf vermutlich kaum noch möglich: Der Facebook-Mutterkonzern Meta hatte bereits 2022 die Möglichkeiten von detaillierten Werbeeinstellungen eingeschränkt, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.
Demnach ist keine Werbung mehr möglich, die sich beispielsweise an bestimmte religiöse Gruppen, politische Überzeugungen oder die sexuelle Orientierung richtet. Meta schreibt von einer "schwierigen Entscheidung" für den Konzern. Das Ziel: "Werbetreibende daran hindern, die von uns verfügbaren Zieloptionen zu missbrauchen."
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