Ex-AfD-Politiker :Meuthen: Krah-Skandal ein "Eigentor"
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Der AfD-Europa-Spitzenkandidat fehlt wegen Nähe zu Russland und China beim Wahlkampf-Start. Ein "Eigentor", so Ex-Co-Chef Meuthen. Schuld sei die "Wagenburg-Mentalität" der Partei.
Die völkisch-nationalistische Linie der AfD habe sich "absolut und uneingeschränkt" gegen die marktwirtschaftlich-liberale durchgesetzt, so der Ex-AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen.28.04.2024 | 9:21 min
Während sich die anderen Parteien in den Europawahlkampf stürzen, ist die AfD mit sich selbst beschäftigt. Ihre Spitzenkandidaten stehen im Verdacht, Geld aus Russland bzw. aus China angenommen zu haben. Der Ex-Co-Chef der Partei, Jörg Meuthen, gibt seinem Nachfolger Tino Chrupalla die Mitschuld am chaotischen Zustand der AfD. Deren "Wagenburg-Mentalität" habe "etwas sektenartiges", man halte zusammen "auf Gedeih und Verderb".
Jörg Meuthen ist Mitglied des Europäischen Parlaments. Im Januar 2022 trat er als Bundessprecher der AfD zurück und verließ die Partei.
Sehen Sie oben das ganze Gespräch im Video und lesen Sie hier das Gespräch in Auszügen:
Das sagt Jörg Meuthen zu...
... der Nähe der AfD zu Russland und China
"Ich habe keine Fakten dazu", sagt Meuthen, "aber ich halte das für nicht unmöglich". Das sei Sache der, die mit der Aufklärung befasst seien. Er selbst sei "nicht sonderlich überrascht namentlich von der Causa Krah".
Er - Meuthen - habe einige Jahre mit Krah zusammenarbeiten müssen. "Da gewinnt man schon Eindrücke, die befremden."
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... Krahs Nominierung als AfD-Spitzenkandidat trotz Warnungen
"Das müssen Sie die aktuelle Parteiführung fragen", so Meuthen. Es sei ihm "ein Rätsel angesichts der Vorgeschichte, die Krah im EU-Parlament hatte, in seinem Abstimmungsverhalten, in der zweimaligen Suspendierung aus der Fraktion, seinen Grußbotschaften zum 70. Jahrestag der Besetzung Tibets an die KP-Chinas".
Da könne man schon die Frage aufwerfen: Wie kann man auf die Idee kommen, diesen Mann mit diesen Verdachtsmomenten, die immer im Raum standen, zum Spitzenkandidaten zu machen? Die Parteiführung sei jetzt "in einer schaurigen Lage". Das Ganze sei ja "von Alice Weidel und Tino Chrupalla mit befördert worden und nun stehen sie da und kriegen den nicht mehr von der Liste runter und sehen wohl, was für ein Eigentor man sich da geschossen hat".
Ein Spitzenkandidat, den man verstecken müsse, sei nun das Gegenteil dessen, was man für eine Wahl eigentlich gebrauchen könne. "Man muss ja mit dem Spitzenkandidaten gerade in die Öffentlichkeit gehen", betont Meuthen. Die AfD müsse ihren nun aus eigenem Verschulden verstecken. Das sei bemerkenswert.
Die AfD-Spitzenkandidaten für Europa, Maximilian Krah und Petr Bystron, stehen im Verdacht, Gelder aus China und Russland erhalten zu haben. Doch die Partei hält an ihnen fest.28.04.2024 | 4:13 min
... der Frage, ob Krah ein "Mann Höckes" sei und die Parteiführung deshalb zugestimmt habe
Das sei nicht alleine Sache des Thüringer Landeschefs, Björn Höcke, so Jörg Meuthen, aber "der spielt da mit eine Rolle, der solidarisiert sich ja jetzt auch ganz eifrig mit ihm, das wundert mich nicht". Er, Meuthen, glaube, dass das "zurückgeht insbesondere auf diese Wagenburg-Mentalität, die in der AfD insbesondere nach meiner Zeit entstanden ist". Das habe ja fast etwas von einem "sektenartigen Zusammenschluss".
Und man schaut dann nicht auf die Faktenlage, erklärt Meuthen weiter. "Wenn man sich die Faktenlage angeschaut hätte, dann hätte man eigentlich Bedenken haben müssen. Aber der [Krah] ist nun protegiert worden von der gesamten Parteispitze, auch von Höcke natürlich, gar keine Frage."
... einem Manifest, das der Kreml entwickelt haben soll, um die AfD zu pushen
"Also das finde ich auch eine ziemlich starke Geschichte", sagt der Ex-Politiker. Er habe das gelesen, könne das aber nicht einschätzen, er wisse nicht, "ob es das gibt, aber vorgeblich soll ja Herr Höcke fast wortgleich in der Rede in Gera die Worte verwendet haben, die in diesem Manifest stehen".
Wenn das so stimmen sollte, was er, Meuthen, letztlich nicht einschätzen könne, dann "ist das wirklich ein starkes Stück".
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... der Sympathie der AfD für Dikaturen
Die Nähe zu autokratischen Staaten sei ihm "ein Rätsel", sagt Meuthen. Die AfD brauche "strikte Freiheitlichkeit". Eine solche gebe es jedoch "weiß Gott nicht mehr". Die völkisch-nationalistische Linie habe sich "absolut und uneingeschränkt" gegen die marktwirtschaftlich-liberale Linie durchgesetzt. Das sei "nicht übersehbar", betont Meuthen.
Und daher stehe die Partei da, wo sie stehe. "Und Sie können das auch in Europa sehen", sagt er. "Warum ist die AfD unter den rechtskonservativen Parteien in Europa restlos isoliert?" Da wende sich ja nicht nur Frau Le Pen ab. "Die tut das sogar öffentlich." Während die anderen Parteien, ob man den Rassemblement National (RN) nehme oder die Fratelli d'Italia oder die Lega Nord - "da ist die AfD mittlerweile in dieser Szene sozusagen der Geisterfahrer". Niemand lade sie ein. "Die stehen isoliert da und das erzählt eine ganz eigene Geschichte, wo diese Partei heute steht."
Das Interview führte ZDF heute-journal-Moderatorin Marietta Slomka. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteurin Elisabeth Jändl.